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Alles paletti

Titel: Alles paletti
Autoren: Assaf Gavron
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mich mitten in der Nacht aufzuwecken? Lisa, ich bitte dich. Erzähl mir den Traum in der Früh. Nicht jetzt.«

    »Aber du hast nicht gesagt, ob du denkst, dass wir sie jemals zurückbekommen.«
    »Lisa!« Er hebt die Stimme. »Jeannie und Andy haben gesagt, sie kümmern sich darum. Warum träumst du jede Nacht von ihnen? Sie sind doch gar nichts wert. Gute Nacht.«
    Lisa gelingt es nicht einzuschlafen. Sie starrt noch eine ganze Weile in die Dunkelheit. Sie sieht die verlorenen Bilder, die Papa ihr vor so vielen Jahren gegeben hat, als sie Deutschland verließen. Er wollte nicht weg.
     
    Auch Michel Argamani konnte nicht schlafen in dieser Nacht. Joachim Basendwarf hatte versprochen, er würde morgen früh eigens aus Texas anrücken, um ihm einen Besuch abzustatten. Er hatte gesagt: »Ich weiß, wo Sie wohnen, Argamani, und ich weiß, wie Sie aussehen. Wie ein verbranntes Streichholz, hat man mir gesagt. Ich hatte keine Zeit während der Woche, aber morgen ist Samstag, und morgen werde ich Sie sehen, so wahr mir Gott helfe. Und morgen werde ich Ihnen ein neues Loch in den Arsch reißen. Ich schätze, Sie sind noch nie an Texaner geraten.«
    »Doch, bin ich«, erwiderte Argamani, aber der Texaner hatte das Gespräch bereits beendet.
     
    Jane Aki? Sie schlief ziemlich gut. Sie hatte einen Anruf von Jake erhalten, der ihr erzählte, dass Wendy endgültig verschieden sei, Gott möge ihre Seele zu sich nehmen, und dass er, Jake, nun ein Flugzeug in Vegas besteige auf dem Weg ins Reservat. Er wolle sich aussöhnen, es tue ihm leid, was er alles gemacht habe.
    Jane lachte zwei geschlagene Minuten lang aus vollem Hals, und er, am anderen Ende, wartete stumm. Und als sie ausgelacht
hatte, ergänzte sie: »Falls du es nicht verstanden haben solltest, du kommst in gar kein Reservat. Ich will dein Arschgesicht nie mehr sehen und auch deine Stimme am Telefon nie mehr hören. Alles klar? Wag es nur, dich zu nähern, und ich schneid dir die Eier ab. Das schwör ich bei Gott.«
     
    Gott, Gott und nochmals Gott. Gott kommt hier ziemlich häufig ins Spiel, falls ihr es noch nicht bemerkt haben solltet.
     
    Mimi Cohen, Montys Mutter, weint in ihr Kissen. Auch sie flüstert das Wort, das man so gern und schnell in solchen Situationen wie der ihren flüstert: »O Gott.« Ihr dritter Ehemann, Al, ist schon längst neben ihr eingeschlafen, sein Engelsgesicht ist friedlich. Was habe ich getan, o Gott, was habe ich nur getan, dass mein Sohn mich so behandelt? Nicht zum Seder zu kommen. Und das, nachdem er nicht mal zu Neujahr da war! Und ohne irgendwas zu sagen! Was für ein Sohn ist das bitte? Was habe ich da großgezogen? Warum hat er nicht schon seit Jahren eine normale Freundin? Sie wälzt sich von einer Seite auf die andere und flüstert den Namen des Allmächtigen vor sich hin. Am Ende steht sie auf und hinterlässt eine weinerliche Nachricht auf Montys Anrufbeantworter in seiner Wohnung in New York.
     
    Und Ohed und Jotam. Schon seit einigen Tagen saßen sie in der Wohnung an der 39. Straße in Manhattan, rauchten Gras, spielten Bridge im Internet. Ihre Eltern hatten angerufen, um ihnen ein frohes Fest zu wünschen. Irgendwann im Laufe des Abends sagte Jotam zu Ohed: »Gibt’s bei diesem einen Mover von Moishe’s keinen Pessachseder? Mit Bier und Humus und Pita, was er jedes Jahr macht? Wo Jonsy immer hingeht, nu?«

    »Ah«, antwortete Ohed, »das klingt irgendwie bekannt. Doch, Jonsy und Chaim sind da immer hin. Und Schlomi auch, bevor er sich die Gehirnwäsche reingezogen hat. Alon. Alon heißt er.«
    »Gehen wir hin?«
    »Was denn, spinnst du? Wer hat denn die Energie, jetzt nach New Jersey zu latschen?«
    Sie blieben sitzen. Aber um halb drei in der Nacht bekamen sie Hunger, also gingen sie auf einen Hamburger hinunter. Zehn Minuten standen Ohed und Jotam vorm Haus unten und lagen sich in den Haaren, ob sie nach links, zum Mc-Donald’s an der 40. und siebten gehen sollten, oder lieber nach rechts, zum Burger King neben der Port Authority auf der 42. Straße.
    »McDonald’s hat einen neuen Hamburger, oder nicht? Den MBX«, meinte Ohed.
    »Ich hab gehört, der ist megascheiße. Aber Burger King hat neue Pommes, oder?«
    »Und was ist mit der Aktion von McDonald’s?«
    »Wallah!«, fiel Jotam ein. »Mir fehlt eine Karte zu zweihunderttausend Dollar. Komm mit zu McDonald’s. Sind auch weniger Penner dort.«
    Sie begannen sich in Bewegung zu setzen.
    »Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass meine Chancen riesig sind«,
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