Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
Lächeln verriet, daß er es wieder schaffen würde, doch jedesmal war der Kampf hart, und der Sieg tat wohl. Schweigend schaute er sie alle an, als wolle er ihnen versichern, er freue sich, sie an Bord zu wissen. Als sein Blick auf Kendra fiel, zögerte er. Dieses Zögern war nur kurz, aber ihr schien, dieser Blick durchdringe sie. Dann drehte sich Pollock um und ging in seine Kajüte. Die Arbeit war getan. Der Captain konnte sich nun ausruhen.
    Wieder fiel Kendra die Galionsfigur ein, die Göttin mit dem Halbmond. Zum erstenmal wurde ihr bewußt, daß der Name des Schiffes, Cynthia, ja eine alte griechische Bezeichnung für die Mondgöttin war, die ewig jung und ewig jungfräulich blieb.
    Komisch, dachte Kendra.
    Aber irgendwie stimmte das alles sie unbehaglich.
    Das Schiff segelte an der Westküste Südamerikas hinauf. Mit jedem Tag, den sie Valparaiso näher kamen, wurde die Sonne wärmer. Zwei Wochen nach der Umsegelung von Kap Horn erreichten sie die Hafenstadt, wo sie anlegten, um Nahrungsmittel und Wasser an Bord zu nehmen.
    Zunächst sah man von Valparaiso einen Berg, der so steil war, daß die Straße, die zu seinem Gipfel führte, die Form eines Z hatte. An dieser Straße waren zwei Häuser sichtbar, eines auf dem unteren Balken des Z, das andere auf dem oberen. Diese weißen Häuser mit roten Ziegeldächern fingen das Sonnenlicht auf und glänzten hell.
    In beiden Behausungen warteten Mädchen auf Matrosen, die Landurlaub bekamen, und keine anständige Frau hatte jemals Notiz von ihnen genommen. Bess Anderson warnte Eva, und Eva – taktvoll wie immer – warnte ihrerseits Kendra. Kendra erwiderte pflichtschuldig: »Ja, Mutter.« Am liebsten hätte sie allerdings »Quatsch!« gesagt. In der Schule hatten manche Mädchen von derartigen Lasterhöhlen gefaselt, aber sie hätte nie damit gerechnet, einmal solche Häuser zu sehen. Da jedoch gleich zwei dieser Etablissements direkt vor ihrer Nase standen, fand sie es albern, so zu tun, als sähe man sie nicht. Sie kam sich wie eine Närrin vor.
    Am Hafen drängte sich die eingeborene Bevölkerung in bunten Kleidern und behängt mit Armreifen. Am Kai wartete eine Gruppe nordamerikanischer Kaufleute mit ihren Frauen, von denen viele mit den Andersons gut bekannt waren. Diese Kaufleute lebten ständig hier und eilten jedesmal herbei, wenn irgendein Schiff anlegte, das die amerikanische Flagge trug. Ein Ehepaar bat die Andersons, sich als ihre Gäste zu betrachten, während ein anderes Eva und Kendra einlud. Eva dankte mit gewohnter Anmut.
    Der kurze Aufenthalt war hübsch. Sie pflückten Pfirsiche und Weintrauben, fuhren in Kutschen durch die fremdartigen Straßen und trafen andere Amerikaner. Doch nicht ein einziges Mal erwähnte jemand die beiden weißen Häuser auf dem Berg.
    Sie blieben vier Tage im Hafen. Als das Schiff wieder auslief, stand Kendra an der Reling und musterte zum letztenmal die geheimnisvollen beiden Häuser. Sie fragte sich, was für eine Sorte Mädchen dort wohl leben mochten. Waren sie von ihren Müttern angelernt worden, die demselben Gewerbe nachgingen? Oder waren sie – wenigstens einige von ihnen – auf ordentliche Weise erzogen worden?
    Schöne Mädchen gerieten manchmal in Schwierigkeiten. Mehr als einmal hatten Kendras Schulfreundinnen skandalöse Geschichten aus ihren Ferien erzählt: »… und sie stammt aus einer so guten Familie, meine Liebe!«
    Kendra hatte Romane über solche ›Unglückliche‹ gelesen. Darin pflegte das Mädchen meist zu sterben: Sie verschmachtete vor Gram, wie es hieß; zuweilen freilich sprang auch eine dieser Bedauernswerten von einer Brücke in die Tiefe. Kendra jedoch glaubte nicht, daß sie im wirklichen Leben so einfach in passenden Momenten von der Bildfläche verschwanden. Sie hätte gern gewußt, was tatsächlich aus ihnen wurde.
    Jetzt nahm die Cynthia direkten Kurs auf San Francisco. Da die Stürme sie häufig abtrieben, fuhren Schiffe, die nach San Francisco bestimmt waren, zunächst nach Honolulu, was die Cynthia indessen nicht tat, da sie den Truppen in Kalifornien Proviant zu bringen hatte. Sie würde erst später Honolulu anlaufen und danach in chinesischen Häfen Handel treiben.
    Der Neujahrstag 1848 war schön. Seit geraumer Zeit segelten sie in tropischen Gewässern, und jetzt glitten sie unter einer Sonne dahin, die so heftig stach, daß die Planken nicht selten zu heiß waren, als daß man sie hätte berühren können. Anfang Februar verkündete Loren: »Wir werden nun bald die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher