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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde
Autoren: Gwen Bristow
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da war und sich um das liebe Mädchen kümmern konnte. Mit andern Worten: Nichts lag ihnen ferner, als sich mit Evas Range zu befassen.
    Eva kam nach Baltimore, anmutig und schön gekleidet wie immer. »Ich werde Alex sofort schreiben«, erklärte sie, »und den Brief werde ich einem der Kuriere mitgeben, die Armeedepeschen befördern. Ich bin entzückt, daß ich meine charmante Tochter jetzt bei mir habe.«
    Wie die Tanten und Onkel, meinte sie nicht, was sie sagte. Eva fand ihre Tochter mitnichten charmant. Andere Leute mochten ihretwegen Kendras blaue Augen und dunkles Haar bewundern; Eva dachte nichts dergleichen. Kendra sah genauso aus wie Baird Logan, und jeder Blick auf Kendra gemahnte Eva an den Kummer, den sie sich selber zugefügt, als sie mit ihm davongelaufen war.
    Kendra saß in der Kabine der Cynthia. Es fiel ihr wieder ein, was Eva in der ihr eigenen taktvollen Weise vorgeschlagen hatte: Sie möge doch ihren Familiennamen Logan ablegen und sich statt dessen Taine nennen. »Solange du mit deiner Großmutter zusammengelebt hast, die Logan hieß, war es selbstverständlich, daß auch du dich Logan nanntest. Aber ich bin Mrs. Taine. Wenn du deinen Namen als Logan angibst – nun, das wird die Leute verwirren. Du verstehst mich doch?«
    Allerdings, Kendra verstand. Sie wußte, ihre Mutter betrachtete ihre erste Ehe als eine kindische Narretei, von der sie möglichst nichts mehr hören wollte. Kendra nahm ihr das übel. Und Kendra fehlte nicht nur das Äußere ihrer Mutter, auch im Wesen hatte sie wenig gemein mit ihr. Eva besaß Takt und Würde, Kendra hingegen war so geradeheraus wie ein Sturmwind. Sie sagte immer unverblümt, was sie dachte. Also hatte sie bockig geantwortet:
    »Ich werde niemandem sagen, daß ich Taine heiße. Vielleicht schämst du dich wegen Baird Logan. Ich schäme mich nicht. Er war mein Vater, und mein Name ist Logan, und so werde ich mich auch nennen, bis ich einmal heirate.«
    Eva wußte stets, wenn sie die Unterlegene war. Mit einem freundlichen Lächeln entgegnete sie: »Gut, Kendra.«
    Und damit war die Angelegenheit erledigt. Dieses freundliche Lächeln Evas gehörte zu der Heuchelei, die es ihnen erlaubte, miteinander auszukommen. Kendra haßte jedoch das Heucheln.
    »Nun«, fragte Loren plötzlich neben ihr, »warum so düster?«
    Kendra fuhr zusammen. Loren blickte lächelnd auf sie herab. Er sah so liebenswürdig aus, fast wie ein Bruder, daß sie den Wunsch verspürte, mit ihm zu plaudern. Aber es fiel ihr natürlich nicht im Ernst ein, ihm von diesen Dingen zu erzählen. Sie verabscheute Menschen, die jammerten, und Loren würde sie sowieso nicht verstanden haben. Er war in einer Kleinstadt New Englands aufgewachsen. In seinem Elternhaus war es unbekümmert zugegangen; vor großen Kaminen und auf bequemen alten Möbeln hatte eine Menge Kinder gespielt, die von ihren Eltern innig geliebt wurden. Er würde die Einsamkeit ihres Lebens gar nicht begreifen können.
    »Loren, ich habe gerade überlegt: Wie weit ist es von New York bis San Francisco?«
    In solchen Fragen kannte Loren sich aus. Er antwortete:
    »Auf dem Weg um Kap Horn siebzehntausend Meilen.«
    Kendra legte den Kopf auf die Seite. »Ein weiter Weg. Er ist so weit, daß ich fast Angst kriege. Ich habe das Gefühl, als wäre ich ein reines Nichts – so völlig unwichtig.«
    »Aber Sie sind wichtig!« entgegnete Loren impulsiv. »Hier auf der Cynthia sind Sie wichtiger, als Sie überhaupt wissen.« Er verstummte und sprach erst nach einer Weile weiter. »Aber es wird jetzt spät. Ich sollte mich besser erkundigen, ob der Captain Befehle für mich hat.«
    Er ging hinaus. Kendra starrte ihm mit gerunzelter Stirn nach. Jetzt hatte er schon zum zweitenmal etwas sagen wollen und es doch nicht getan. Sie wunderte sich. Was meinte er damit: Sie sei auf der Cynthia wichtiger, als sie überhaupt wisse …

2
    Jetzt begann der Kampf um Kap Horn, Tag um Tag ächzte und taumelte die Cynthia gegen den Sturm an, um die Einfahrt in den Pazifik zu finden. Die Matrosen zerrten an den dicken Tauen. Das Meer warf eisige Wogen über die Planken, es blendete und erstickte die Männer beinahe, das Salzwasser schnitt in ihre aufgerissenen Hände. Unter Deck krallten sich die vier Passagiere an ihre Stühle, sonst wären sie wie Murmelsteine durch den Raum gerollt. Es war nicht geheizt, und nachts brannte kein Licht, denn es wäre zu gefährlich gewesen, bei diesem rasenden Seegang die Öllampen anzuzünden. Tagsüber saßen sie
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