Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde
Autoren: Gwen Bristow
Vom Netzwerk:
so wußte niemand etwas darüber. Die Hälfte der Kongreßmitglieder hatte bereits erklärt, es lohne sich nicht, dieses Land zu erwerben, und die Entsendung einer Armee bedeute nur, daß das Geld der Steuerzahler zum Fenster hinausgeworfen werde.
    Kendra lauschte dem Klatschen des Wassers und dem Knirschen der Taue, und sie dachte an die Galionsfigur des Schiffes, an die Göttin mit dem Halbmond. Von hier aus vermochte Kendra sie nicht zu sehen; sicher war ihr gleißendes Weiß jetzt so grau wie die Wolken. Nahe Kap Horn war es stürmisch und düster. Des Nachts schwankten geisterhafte Lichter durch die Finsternis. Loren Shields, der fröhliche junge Frachtaufseher der Cynthia, hatte ihr erzählt, die Seeleute glaubten, diese Lichter seien wandernde Seelen. Nein, Loren selber wußte nicht, woher sie kamen; er glaubte nicht, daß jemand ihren Ursprung kannte, aber er war überzeugt, daß es sich nicht um Gespenster handelte.
    Eine Luke wurde zugeschlagen, und Kendra sah Loren Shields auf Deck erscheinen. Er war in seinen dicken Mantel eingemummelt, seine Wangen waren gerötet, und sein helles Haar wehte im Wind. Er winkte Kendra und kam auf sie zu. Wenngleich er immerhin bereits sechsundzwanzig Jahre zählte, war er doch der Typ, den Kendra als ›netten Jungen‹ bezeichnete. Er war kein aufregender junger Mann, aber sie konnte ihn gut leiden. Es war freilich fast unmöglich, ihn nicht gern zu haben, weil er einfach so nett war, so höflich, so freundlich, so gefällig. Er lieh ihr Bücher und weihte sie in die Meereskunde ein; auch hatte er oft Zeit für ein Spielchen. Es hatte Kendra überrascht, daß er dazu Muße fand, aber Loren hatte ihr erklärt, ›ein Frachtaufseher‹ bedeutet genau, was das Wort sage: Er hatte sich um die Fracht zu kümmern, deshalb habe er in den Häfen viel, auf See dagegen häufig nichts zu tun.
    Als er die Reling erreichte, schlingerte das Schiff, und beide wurden von einem Brecher übergossen. Loren hielt sich mit einer Hand an der Reling, während er mit der andern Kendras Arm umfaßte. Sobald sie wieder fest auf den Beinen stand, lockerte er seinen Griff und deutete aufs Meer. In der Ferne, halb vom Nebel verhüllt, war ein riesiger gezackter Felsen zu erkennen, der sich aus dem Wasser hob.
    Loren brachte seinen Mund nahe an das blaue Halstuch, das sich Kendra um den Kopf gewickelt hatte, und schrie im Toben des Sturms: »Das ist Kap Horn!«
    Kendra war kein furchtsames Mädchen, doch jetzt erschauerte sie. Kap Horn ragte etwa vierhundertfünfzig Meter hoch aus dem Meer. Sie wußte, dieser südliche Zipfel von Südamerika trennte den Atlantischen vom Pazifischen Ozean. Unentwegt wüteten hier die Stürme. Fast immer fegten sie von West nach Ost den Schiffen entgegen, die sich die Passage erzwingen mußten. Und dies stand nun der Cynthia bevor. Als jedoch Loren das Zittern Kendras bemerkte, lächelte er sie beruhigend an.
    »Kein Grund zur Angst!«
    Kendra erinnerte sich, daß Loren Kap Horn schon einmal umfahren hatte.
    Jetzt sprach er weiter:
    »Es ist kalt hier oben. Gehen wir hinunter ins Warme.«
    Einmal, als die Cynthia schlingerte und Kendra beinahe hingestürzt wäre, packte Loren sie beim Ellbogen, ließ sie jedoch – wie schon auf Deck – gleich wieder los. Loren behandelte eine Frau mit Respekt; er hatte nichts Dreistes an sich wie dieser Seemann, der sie aus der Takelage angefeixt hatte. Aber sie meinte immer noch, es müsse ganz lustig sein, mit dem Mann zu plaudern.
    Als sie den Sturm hinter sich hatten und wieder ruhig sprechen konnten, sagte Loren, um sie zu ermutigen:
    »Wir werden nicht in Schwierigkeiten geraten, Kendra. Ein besseres Schiff als die Cynthia gibt es gar nicht, und Captain Pollock ist der beste Nautiker, der je gelebt hat.«
    Was für ein netter Junge, dachte Kendra zum hundertstenmal. Loren fuhr fort:
    »Außerdem ist da noch ein anderer Grund … ich meine … na ja, es wird schon klappen.«
    Großer Gott, er wurde ja rot, stellte Kendra fest, oder kam diese Verfärbung von dem Sturm? Doch statt auszusprechen, was er hatte sagen wollen, drängte er sie in die Kabine. Dort fanden sie Kendras Mutter, Eva Taine, und die beiden anderen Passagiere, Bess und Bunker Anderson. Die Andersons waren in mittleren Jahren und lebten in Honolulu, wo er die Filiale einer New Yorker Handelsgesellschaft leitete. Die drei hatten Karten gespielt, doch damit aufgehört, als die See immer rauher geworden war. Eva nähte; sie begrüßte Kendra mit einem hellen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher