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Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Vorkosigan 12 Viren des Vergessens

Titel: Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Kapitel 1
    Als Miles wieder zu sich kam, hatte er die Augen noch geschlossen. Sein Gehirn schien von den wirren Gluten eines feurigen Traums zu schwelen, die formlos verglommen. Ihn durchbebte die furchtbare Gewißheit, er sei erneut getötet worden, doch dann begannen Erinnerung und Vernunft die Fetzen des Erlebten zu ordnen.
    Seine Sinne versuchten Inventur zu machen. Er befand sich in Schwerelosigkeit, sein kleiner Körper lag flach ausgestreckt, war an eine Oberfläche gegurtet und in etwas eingewickelt, das sich wie dünne Folie, eine medizinische Schutzhülle aus Militärbeständen, anfühlte. Bin ich verwundet? Alle Gliedmaßen schienen noch komplett vorhanden zu sein. Er trug immer noch den weichen Bodysuit, das Innenfutter seiner Raumrüstung, die man ihm schon abgenommen hatte. Die Gurte waren nicht straff gezogen.
    Der komplexe Geruch vielmals gefilterter Luft kitzelte ihn kühl und trocken in den Nasenlöchern. Verstohlen zog er einen Arm heraus, wobei er achtgab, daß die Folie nicht knisterte, und berührte sein nacktes Gesicht. Keine Kontrolleitungen, keine Sensoren – kein Blut –, wo sind meine Rüstung, meine Waffen, mein Kommandohelm?
    Die Befreiungsaktion war so glatt wie nur möglich gegangen.
    Er und Kapitänin Quinn und ihre Patrouille waren in das Schiff der Entführer eingedrungen und hatten das Schiffsgefängnis ausfindig gemacht. Waren nach einer Sprengung zu dem gefangenen Kurieroffizier des KBS, des Kaiserlich Barrayaranischen Sicherheitsdienstes, durchgedrungen, Leutnant Vorberg war noch am Leben gewesen, wenn auch verwirrt von den Sedativa, mit denen man ihn vollgepumpt hatte. Der Medtech hatte erklärt, er sei frei von versteckten mechanischen oder chemischen Sprengladungen, und sie hatten erleichtert den Rückweg durch die dunklen Korridore zum wartenden Kampfshuttle der Dendarii angetreten.
    Die Entführer, die anderswo völlig beschäftigt waren, hatten keinen Versuch unternommen über sie herzufallen. Was ist schiefgegangen?
    Um ihn herum waren nur ruhige Geräusche: das Piepen der Geräte, das Zischen des Luftrecyclings in Normalfunktion, das Gemurmel von Stimmen. Ein leises, animalisches Stöhnen. Miles leckte sich die Lippen, um sicherzugehen, daß dieses Geräusch nicht von ihm stammte. Vielleicht war er selbst nicht verwundet, doch irgend jemand in seiner Nähe war in keiner guten Verfassung. Ein scharfer, antiseptischer Geruch ließ sich nicht wegfiltern. Er öffnete die Augen zu Schlitzen, gefaßt darauf, sich wieder ohnmächtig zu stellen und schnell zu denken, falls er sich in den Händen der Feinde befand.
    Doch er war an Bord des Kampfshuttles seiner Dendarii-Flotte – in Sicherheit, hoffte er –, festgegurtet an eines der vier umklappbaren Feldbetten im rückwärtigen Teil des Rumpfes. Die Sanitätsnotfallstation war ein vertrauter Anblick, allerdings sah er sie normalerweise nicht aus dieser Perspektive. Der Medtech des Blauen Kommandos war mit dem Rücken zu Miles an einem Bett jenseits des Ganges beschäftigt, wo eine weitere Gestalt festgeschnallt war. Miles konnte keine Leichensäcke entdecken. Also nur noch ein weiterer Verwundeter. Er hätte gern Gut! hinzugefügt, aber eigentlich hätte es überhaupt keine Verwundeten geben dürfen.
    Nur ein Verwundeter, korrigierte Miles seinen Gedanken. Ein heftiger Kopfschmerz pochte an seiner Hirnbasis. Doch er hatte keine Verbrennungen von Plasmabögen abbekommen, war nicht von einem Nervendisruptor gelähmt worden. Keine intravenösen Schläuche oder Hypospray-Injektoren infundierten Blutersatz oder Synergin gegen Schock in seinen Körper. Er schwebte nicht im narkotischen Nebel von Schmerzmitteln, keine Druckverbände behinderten seine leichten Bewegungen. Keine Sinnesblocker.
    Der Kopfschmerz fühlte sich an wie Migräne nach Betäuberfeuer.
    Wie, zum Teufel, hat man mich durch die Kampfrüstung hindurch betäuben können?
    Der Dendarii-Medtech, der immer noch seine Kampfrüstung trug, Helm und Handschuhe jedoch abgenommen hatte, wandte sich um und sah Miles’ offene Augen. »Sie sind schon wach, Sir?
    Ich melde es Kapitänin Quinn.« Er beugte sich kurz über Miles’ Gesicht und leuchtete ihm mit einer Lampe in die Augen. Zweifellos überprüfte er die Pupillen auf abnorme Reaktionen.
    »Wie lange… war ich weg? Was ist passiert?« »Sie hatten eine Art Anfall oder Krampf. Ohne ersichtlichen Grund. Der Toxintest aus dem Sanitätskasten hat nichts ergeben, aber der ist ja ziemlich elementar. Sobald wir wieder
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