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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde
Autoren: Gwen Bristow
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herumlungerten.
    Weiter entfernt sah sie ein langes plumpes Gebäude aus braunen Backsteinen, an dessen Dach ein Schild mit der Aufschrift ›City Hotel‹ hing. Daneben gab es zwei weiße Fachwerkhäuser – keine sehr weißen –, an denen geschrieben stand: ›Betten‹. (Sofort mußte Kendra an Bettwanzen denken.) Einige Reiter trabten vorbei.
    Dann fielen ihr ein paar kleine Holzhäuser auf, die den Eindruck machten, als ließen sie wohl keinen Regen ein. Doch außer ihnen waren alle andern ›Gebäude‹ Baracken und Hütten aus rohen Brettern, breitgeschlagenen Konservenbüchsen, Kisten und allen möglichen sonstigen Gegenständen, die sich aneinandernageln ließen. Nebelfetzen flogen wie nasse Lappen durch die Luft.
    Schließlich fuhr Kendra mit den Andersons an Land. Die Matrosen ruderten sie zur Nordseite der halbmondförmigen Bucht, wo ein Mann, dem ein Warenhaus gehörte, Steine ins Wasser geworfen hatte, um eine Art Landesteg zu schaffen. Auch hier wurden die Andersons wie in Valparaiso von freundlichen Kaufleuten begrüßt, und Bunker machte die am nächsten Stehenden mit Kendra bekannt: Es waren ein Mr. Chase und ein Mr. Fenway. Kendra erkundigte sich höflich: »Wie geht's?« Während die Andersons mit ihren Bekannten schwätzten, gab sie sich alle Mühe, ihr Entsetzen zu verbergen.
    Vor den Läden und Lagerhäusern erblickte sie eine schlammige Spur, wo Pferde ihre Hufeindrücke und ihre ›Äpfel‹ hinterlassen hatten. Es handelte sich demnach um so etwas wie eine Straße. Diese ›Straße‹ war mit Abfall übersät. Kendra sah Büchsen und Lumpen, Papierschnipsel, ein Geschirrteil und einen alten Schuh. Sie hörte die Fliegen über den Stapeln leerer Flaschen vor den Saloons summen. Sie rümpfte die Nase über den Gestank der Abtritte und toten Fische.
    Und hier waren auch die Strolche, die sie von fern erspäht hatte: ungewaschene, ungekämmte, nach Schnaps riechende Kerle. Sie hatten die Fässer und Kisten, auf denen sie gehockt, verlassen und kamen so nahe, wie sie es wagten. Mit gierigen Augen starrten sie Kendra an. Plötzlich spürte sie eine Berührung am Ellbogen und zuckte zusammen. Zu ihrer Erleichterung erkannte sie jedoch einen der Geschäftsleute, und zwar Mr. Chase. Es war ein kleiner dicker Mann mit angenehmem Lächeln.
    Mr. Chase nahm sie auf die Seite. »Ich kann mir denken, wie es jetzt in Ihnen aussehen muß, Miß«, meinte er mitfühlend. »Meine Frau war fürchterlich aufgeregt, als sie hier eintraf. Aber ganz so schlimm, wie Sie glauben, ist es wiederum doch nicht.« Mit einem verlegenen Blick auf die Tagediebe räusperte er sich. »Nun, diese Kerle da … lassen Sie es mich Ihnen erklären. Erst kürzlich hat eine Zählung ergeben, daß etwa neunhundert Menschen in San Francisco leben. Auf drei Männer kommt eine Frau. Und man hat nur jene Leute gezählt, die ihren Wohnsitz hier haben, nicht aber die Soldaten der Garnison, auch nicht die Ranchers, die in Geschäften zur Stadt kamen, ebensowenig die Matrosen auf Landurlaub. Sie werden das also verstehen, nicht wahr? Die Männer fühlten sich schrecklich einsam.«
    Ein stolzes Lächeln wich seiner ernsten Miene, als Mr. Chase hinter Kendras Rücken jemanden erblickte. Kendra drehte sich um und sah zwei Leutnants der US-Armee auf sie zukommen. Sie waren jung, sauber rasiert und so adrett, als hätten sie erst gestern West Point verlassen. Als sie vor ihr standen und sich verbeugten, ähnelten sie einander so sehr, daß Kendra sie im ersten Moment nur durch die Augenfarbe unterscheiden konnte.
    Der Braunäugige sprach zuerst. »Miß Logan? Ich bin Leutnant Morse. Zu Ihren Diensten.«
    Der Blauäugige sagte: »Leutnant Vernon. Der Oberst hat uns die Ehre gegeben, Sie in Ihre Wohnung zu begleiten, Miß Logan.«
    Kendra begann zu verstehen, was Mr. Chase gemeint hatte. Morse und Vernon waren so aufgeregt, daß sie kaum noch fähig waren, sich so würdig zu benehmen, wie es sich für Gentlemen und Offiziere schickt. Galant führten die beiden sie zu den Pferden, und ebenso galant halfen sie ihr in den Sattel.
    Sie ritten die sumpfige Hafenstraße entlang. Morse und Vernon machten Konversation auf Teufel komm 'raus. Diese Straße, so erklärten sie, werde Montgomery Street genannt, und zwar zu Ehren des Seehelden, der als erster die amerikanische Flagge in San Francisco gehißt habe. Sie deuteten auf ein wackliges Gebäude, das sich arrogant ›New York Store‹ benamste, und auf einen andern Laden mit der Bezeichnung ›Bee
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