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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz
Autoren: H Venn
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noch berichten.
    Kurzum, das Mädchen quälte mich überhaupt nicht und ich verlebte herrliche Monate. Ein Glück, dass wir Katzen eure Sprache nicht reden. Mir wäre es nämlich sehr peinlich gewesen, wenn ich mich vor der Nennung ihres Vornamens gedrückt hätte. So schnurrte ich einfach etwas in meinen Bart …
    Manchmal streifte ich durch den Garten, der an das Haus grenzt. Das machte ich aber nur, wenn das Mädchen in dem Haus war, das die Familie »Grundschule Mützenich« nannte. Wenn sie nach Hause kam, blieb ich in ihrer Nähe.
    Wie gesagt: Ich verlebte herrliche Monate, könnte jetzt noch vom Dachboden und dem Garten erzählen. Aber belassen wir es bei einem weißen Springbrunnen mit »unserer wasserspeienden Venus« (O-Ton Hildegard), gezirkelten Blumenbeeten und in die Erde gesteckten Flaschen. Das dürfte als prägender Eindruck genügen.
    Sicher würde ich noch heute gemütlich mit dem Mädchen leben, mich über Hildegard und den fetten Jungen ärgern und über Eduard schlapplachen, wenn nicht eines Tages das Mädchen aus der Schule nach Hause gebracht worden wäre. Sie sagte nichts zu mir, ich glaube, sie erkannte mich überhaupt nicht und Hildegard legte sie sofort in das Bett. Vor dem Lehrer, der Wollsocken, Sandalen, ein Holzfäller-Hemd und eine geriffelte, braune Hose trug, spielte sie zwar noch ihre bekannte Show-Nummer. Doch als der Mensch auf seiner seltsamen Fußbekleidung davongetrottet war, sah ich erstmals Züge an Hildegard, die ich ihr nicht zugetraut hätte:
    Sie weinte.
    Das Mädchen sprach kein Wort.
    Eduard wurde durch diese lästige Bimmel-Maschine, in die Menschen dauernd quatschen, nach Hause gerufen. Auch er war sehr aufgeregt. Fast gleichzeitig mit ihm traf ein Mann ein, der weiße Schuhe trug, aber sonst kein schlechter Mensch war. Dieser Mann wühlte aus einer Tasche die schrecklichsten Folterinstrumente: Er stach das Mädchen, spritzte etwas unter die Haut und saugte gleichzeitig Blut ab, hantierte mit Kopfhörern wie Eduard an der Musik-Kiste und machte ein immer ernsteres Gesicht.
    Ich gebe zu, dass ich mir eure Spezialausdrücke schlecht merken kann, doch das Wort, das der Weiß-Schuhträger dann sagte, werde ich nie vergessen: »Gehirnhautentzündung!«
    Die Familie erschrak fürchterlich!
    Hildegard legte ihren Kopf auf Eduards Schulter, dabei achtete sie überhaupt nicht auf ihren Heuhaufen. Sogar der dicke Helmut konnte nur dümmlich aus seinem Fell schauen. Hildegard weinte, tat aber dann etwas, dass ich ihr bis zum heutigen Tage sehr übel nehme. Sie fragte den Weißschuh: »Das kriegt man doch von Katzen?«
    Ihr könnt mir glauben, mir blieb das Herz im Fell stecken. Ich, gerade ich sollte das Mädchen krank gemacht haben? Ich sollte eine Krankheit in das Haus geschleppt haben? Ich? Wie denn?
    Auch wenn ihr es mir nicht glaubt: Ich dachte in diesem Augenblick zuerst an das Mädchen, das ich ja liebe, wie ihr wisst. Wenig später kam mir allerdings schon der Gedanke, dass ich nun in einen Sack gesteckt und ins Wasser geworfen würde.
    Doch der Weißschuh rettete mich.
    Er erklärte dieser verdammten blöden Kuh, dass die Krankheit nicht von Katzen übertragen würde und nur Hamster als Krankheits-Einschlepper in Frage kämen. Hamster strich ich sofort von meinem Speiseplan – ich hatte allerdings auch noch keinen vor die Zähne bekommen.
    Mir fiel, da könnt ihr sicher mitfühlen, ein Stein vom Herzen. Wenigstens, was die Angriffe gegen mich betrugen.
    Wenig später wurde mir aber bewusst, dass das Mädchen immer noch keinen Ton von sich gab. Der mit den weißen Schuhen ging zu der Reinsprech-Maschine und rief nach einem roten Auto, das eine blaue Lampe auf dem Dach hatte. Auch darin waren Weißschuh-Träger. Sie brachten das Mädchen in dieses große Auto mit einem Zimmer hinten drin und fuhren weg.
    »Ins Simmerather Krankenhaus …«, sagte Eduard nur.
    Ich glaube, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie so traurig gewesen bin.
    Das Mädchen blieb lange weg. Jeden Tag fuhr die Familie nach Simmerath (toll, wie ich mir auch die schwersten Namen merke). Sogar der dicke Helmut musste mit. Er meuterte immer. Wenn die Familie nach Hause kam, schlich ich unauffällig um sie rum, da ich unbedingt Neues von dem Mädchen erfahren wollte.
    Mir sagte natürlich wieder keiner was.
    Mein Wissen musste ich also aus zweiter Hand beziehen. Zu meiner Freude ging es dem Mädchen von Tag zu Tag besser, und nach einigen Wochen, es waren übrigens die langweiligsten Wochen meines
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