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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz
Autoren: H Venn
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dann passierten Dinge, die ich mir damals nicht erklären konnte, die aber bis zum heutigen Tage ihre Nachwirkungen zeigen. Eduard holte ein totes Tier, dass rund war und weder Beine, Kopf, Fell noch Schwanz hatte. Mit einer Maschine tötete er das Tier und schlug es aus. Das Fleisch schmeckte köstlich.
    Heute weiß ich, dass das Tier kein Tier war, sondern ein Gefäß, das Dose genannt wird. Die Tötungsmaschine nennt ihr Dosenöffner.
    Menschen, ich sage euch: Das ist die beste Maschine, die ihr je erfunden habt. Wunderbar!
    Nun gut!
    Nach dem Frühstück brach die Familie auf. Allerdings nicht sofort! Hildegard sprang noch etwas vor einem Fenster rum, in dem sie bei jeder Bewegung ihr eigenes Bild sehen konnte, juckte an ihrem Heuhaufen rum, malte sich blaue Farbe um ihre stechenden Augen und tupfte mit Schwämmen rote Farbe auf ihre Backen – pardon: Wangen.
    Unter uns: Bei Hildegard würde ich doch lieber von Backen sprechen …
    Ehe Ruhe einkehrte, tönte Hildegard noch etwas durchs Haus: »Ist auch alles abgeschlossen?«, »Ist der Herd wirklich abgeschaltet?«, »Hat einer die Kaffeemaschine ausgemacht?«, »Wo ist Omamas Geschenk?«
    Trottel Eduard flitzte darauf durch das Haus und gab Entwarnung: »Alles in Ordnung, mein Schatz!«
    Dann waren sie weg: Ruhe, endlich Ruhe.
    Nun konnte ich mir mal alles ansehen. Das ganze Haus, das, wohl oder übel, mein Zuhause werden sollte.

MENSCHEN-KÖRBCHEN
    Die Küche war Hildegards Reich!
    Wichtig: Hier lagerte der Dosenöffner. Ich muss zugeben, dass mir der Raum sonst überhaupt nicht gefiel. Lediglich die kalte Maschine war sehr interessant. Darin versteckte Hildegard all’ die Dinge, die mir soviel bedeuten: Katzenfutter, Menschenfutter und diese kleinen Dosen, in denen die Milch steif ist und nach Nüssen schmeckt. Für diese Dosen braucht man übrigens keinen Dosenöffner, man muss nur an einem Deckel ziehen, auf dem draufsteht, was unter die steife Milch gerührt wurde. Wie gesagt – wiederhole ich mich eigentlich oft? – die steife Milch, die nach Nüssen schmeckt, hatte es mir besonders angetan, aber auch der Geschmack nach kleinen blauen Beeren aus dem Wald.
    Im Wohnzimmer stand die scheinende Kiste. Damit sind wir beim nächsten Zimmer, das ich mir anschaute. Es müssen übrigens zwei Zimmer in einem sein. Eduard nannte dieses Zimmer nämlich »Wohnzimmer«, während Hildegard ihr mit roter Farbe beschmiertes Mündchen zuspitzte und von »Living« redete. Sie sah, wenn sie »Living« sagte, besonders blöde aus.
    Eine ganze Wand wurde darin von einem riesigen Stück Holz ausgefüllt, das man auf- und zumachen konnte. Hildegard verwahrte darin ihre Menschenschüsselchen, meine Katzenschüsselchen waren dagegen in der Küche. In dem Holzstück hatten sie die durchsichtbaren Gefäße stehen, aus denen Eduard trank und albern wurde.
    Prunkstück der Holzkiste war eine mit Hirschen beschnitzte Tür, hinter der die strahlende Kiste stand. Eduard saß jeden Abend davor, ließ aber das Mädchen und den dicken Jungen nur selten mitsitzen: »Fernsehen ist nicht gut und schränkt die Kreativität ein!«
    Ich weiß nicht, ob Kreativität eine Krankheit ist. Aber Eduard muss sie haben, denn er sitzt immer vor dieser Kiste.
    Ich werde darauf bestimmt noch einmal zurückkommen.
    Dann war in diesem Zimmer noch der Nur-alle-Sieben-Tage-Tisch. Hier wird alle sieben Tage, ich habe das genau gezählt, das Menschenfutter eingenommen. Damit das Futter nicht auf die Hose fällt, legen sich die Menschen alle sieben Tage kleine Tischtücher auf ihre Kleider – an den anderen Tagen darf man offenbar auf die Hose kleckern.
    Hildegard, dieses herrschende Menschentier, holte am siebten Tag immer die Esswerkzeuge raus, die besonders blinken. Die musste Eduard nach dem Futtern immer mit einem besonderen Lappen abwischen. Hildegard prüfte nach: »Auf dem Löffel ist aber noch ein Fingerabdruck!«
    Die blumenbemalte Liege brauche ich nicht näher zu erklären, ihr könnt sie euch bestimmt vorstellen: denkt nur an das große Stück Holz mit der strahlenden Kiste. Das Holzstück, so weiß ich inzwischen, nennt man übrigens »Altdeutsche Schrankwand«.
    Die alten Deutschen müssen einen sehr, sehr schlechten Geschmack gehabt haben.
    Das Zimmer des Mädchens war mein Lieblingszimmer: überall weiche Spielfiguren und bunte Tierbilder. Bloß das Dackelbild störte.
    Das Zimmer des dicken Jungen habe ich nur ganz selten betreten. An einer Wand hing das Bild eines Mannes, der wie der Teufel
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