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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz
Autoren: H Venn
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alles passieren kann.«
    Natürlich hatte er das Gerät dabei. Aber bei der Suche musste er auch in dem Spielzeugkorb nachsehen, um seinem Kontroll-Trieb gerecht zu werden.
    »Was hast du denn alles eingepackt, mein Liebling?«, ließ der scheinheilige Fünfziger verlauten, ehe er im Korb wühlte.
    Ganz klar, er fand mich!
    Ihr könnt euch nicht vorstellen, was nun für ein Geschrei begann. Eduard redete von »keine Tiere mitbringen«, von »Verboten«, von »Wenn das nun alle Kinder täten« und »Da hätten wir ja ganz schön Ärger gekriegt, wenn ich das nicht rechtzeitig entdeckt hätte«.
    Ja, ja, du großer Held, was wäre die Welt ohne Eduard.
    Auch Hildegard, sicher keine Überraschung, musste in die Diskussion eingreifen. Im Grunde wiederholte sie aber nur, was Eduard gesagt hatte. Bei ihr klang es nur zischender, gemeiner. Und dann musste sich auch noch Helmut, diese kleine Ferkelfigur, einmischen. Aber seine Bemerkungen waren so dumm, dass ich sie überhaupt nicht wiedergeben möchte.
    Das Mädchen weinte.
    Das Ende vom Lied: Eduard verkündete, dass ich wieder mit nach Hause fahren müsse und beschimpfte so kurz vor dem Abschied sogar das Mädchen: »Fräuleinchen, das machst du mir nicht noch einmal«.
    Kurzfristig hatte die Sache eine gute Seite. Ich durfte vorne im fahrenden Zimmer mit den vielen Fenstern einsteigen, direkt neben dem Mädchen. Dieses hielt mich ganz fest im Arm und es wäre eine schöne Fahrt geworden, wenn mich nicht der dicke Helmut, diese gelungene Mischung aus der Gemeinheit seiner Mutter und der Dummheit seines Vaters, mehrmals böse gezwickt hätte. Als ich beim dritten Angriff nach ihm schlug, musste das Hamstergesicht natürlich rumkrähen: »Die Katze schlägt mich, einfach so!«
    Das verleitete Hildegard wiederum zu einer Gemeinheit: »Mit dem Vieh hat man nur seinen Ärger!«
    Mit Kraulen und Beschimpfungen von dem Idioten-Trio erreichten wir schließlich das Heim. Das Haus sah aus wie das Gebäude in der strahlenden Kiste, in dem ihr Menschen von Weißschuhträgern gequält werdet.
    Eduard stieg aus, griff sich an die Hose und zog diese nach oben. Das sah schon sehr beknackt aus. Dann verkündete er: »So, da sind wir. ›St. Brigitte in den Weiden‹, das Erholungsheim von Schleich. Wie gut man doch die Mosel ahnen kann.«
    Nicht sehen, aber ahnen, jaja – diesen Schwachsinn muss ich wohl nicht näher kommentieren.
    Für mich war die Stunde des Abschieds gekommen.
    Das Mädchen drückte mich noch einmal ganz fest, die Heimleiterin, die übrigens nicht wie die Frau von der ›Katzenhilfe‹ aussah, streichelte mich: »Bringt das liebe Kätzchen dich in die Erholung?«.
    Eine Bemerkung, die von der Familie mit Schweigen aufgenommen wurde. Mich sperrte sie in das Auto. Das Mädchen und ich waren getrennt, wir schauten uns noch einmal tief in die Augen. Ja, ich weiß, dass das sehr sentimental klingt, aber das Leben besteht eben manchmal auch aus Kitsch.
    Nach langer Zeit kam die Familie zurück. Das Mädchen stand an einem Fenster und winkte.
    Mir! Nur mir! Das will ich hier einfach einmal so behaupten.
    Oh, alle Katzen im Katzenhimmel! Ich dachte mit Schrecken daran, dass mein Platz nun neben Helmut sein würde.
    Doch soweit kam es gar nicht!
    Wir waren noch nicht lange gefahren, da musste Hildegard loslegen. Sie brabbelte dauernd von der »Sache mit der Katze«. Der dicke Helmut musste an jeden Satz »Un, un mich hat se gekratzt« anhängen.
    Und dann entwarf Hildegard einen hündischen Plan – dackelgemein: »Wenn das Kind in sechs Wochen aus der Erholung kommt, hat sie das Vieh doch vergessen.«
    »Und wenn nicht?«, warf Eduard ein.
    »Das können wir uns dann noch überlegen. Wir sagen, dass die Katze gestorben oder weggelaufen ist oder von einem Lastwagen überfahren wurde. Und du sagst zu dem Thema kein Wort, hast du das verstanden, Helmut!«
    Helmut grunzte zustimmend.
    Hildegard schwafelte dann noch etwas über meine Nachteile, wobei »dreckige Pfoten«, »Haare auf dem Sofa« und »dauernd hinterher putzen« schließlich den Ausschlag für ihr Urteil gaben: »Die Katze kommt mir nicht mehr ins Haus! Basta!«
    Eduard war natürlich wieder einmal »Ganz meiner Meinung, mein Schatz« und so beschlossen diese Unmenschen, mich an einer waldigen Stelle aus dem Wagen zu werfen.
    Ich war wie vom Donner gerührt. Sollte ich das Mädchen nie wiedersehen? Wo war ich hier überhaupt? Machten sie nur Spaß? Wollten sie mich nur einschüchtern?
    Der Wagen hielt.
    Eduard –
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