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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz
Autoren: H Venn
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Nennt mich also nicht noch einmal »Angeber«.
    »Ich bin Bill!«
    Bill meinte dann noch, dass ich bestimmt eine streunende Katze (Ich: »Nana!«) sei und er mich mit nach Hause nehmen werde. Dabei schlug er mir mit seinen riesigen Händen sehr liebevoll auf den Kopf: »So a little cat habe ich mir immer gewünscht«.
    Bill sagte dann, dass ich unter seinem Spültisch versteckt bleiben solle und er mich erst tief in der Nacht »nach Bitburg« mitnehmen würde, da er viel arbeiten müsse.
    Dann erschien noch ein Mann. Er war nicht schwarz. Der Mensch trug ein Hemd, dass für meinen Geschmack eine Spur zu bunt und eine Spur zu eng war. Zu Bill sagte er immer nur »Heh Määhn« und schnippte dabei mit den Fingern.
    Er gefiel mir ganz und gar nicht.
    Das Bunthemd ging zu einer Maschine und drehte an einigen Knöpfen. Dann kam ein Geräusch, wie ich es später nur bei fliegenden Autos gehört habe. Es donnerte und zischte, es dröhnte und lärmte. Es war für meine Katzenohren einfach fürchterlich. Das Bunthemd bewegte sich zu dem Lärm recht unnatürlich hinter einem Spültisch, auf dem lauter silberne Scheiben lagen.
    Ja, ja, ihr braucht mich gar nicht zu belehren: Ich weiß natürlich, dass ihr Gesänge in Scheiben presst. Wir Katzen machen das übrigens nicht. Ich weiß auch, dass diese Scheiben CDs heißen. Ihr könnt euch also die Belehrungen sparen.
    »Leg doch mal die Modern-Talking-CD auf!«, rief Hildegard immer, ehe die Ruhe vorbei war.
    Eduard hörte CDs nur, wenn er alleine war. Er stieg auf einen Stuhl und wirbelte mit den Armen. Seine Musik klang bombastisch, während die Musik von Hildegard nicht mein Geschmack war. Ich habe mal den Umschlag gesehen, aus dem sie immer ihre Tön-Silberlinge holte. Da war ein Bild der Männer, die diese Musik wohl zu verantworten hatten. Ein Mann sah aus wie die Schwester des Indianers, den ich in der strahlenden Kiste gesehen hatte.
    Aber ich schweife wieder ab: Auf jeden Fall ließ das Bunthemd nun die CDs losdröhnen – eine nach der anderen.
    In der Halle trafen die ersten Menschen ein. Schnell wurden es mehr – mehr, als ich je gesehen habe. Und dann brach der Orkan los: Das Bunthemd redete Worte, die wahrscheinlich kein Mensch verstand und die ungefähr so klangen: »Yeah, wow, äh, boh, da Charts, yeah, äh, ja, oh, super, geil, äh, now, Puff Daddy.«
    Bitte legt mich nicht auf eine wörtliche Wiedergabe fest.
    Dazu dröhnte Musik, die mir in den Ohren schmerzte. Leiser hätte mir bestimmt das eine oder andere Stück gefallen – aber hier versuchte man wohl, mit einer Dampfwalze auf einer Blockflöte zu blasen. Die Leute zuckten, dazu wurde von unsichtbarer Hand irgendwo ein Lichtschalter zur Musik passend aus- und eingeschaltet.
    Es war einfach fürchterlich!!!
    Aber ich konnte nicht fliehen, die Hopser und Zucker hätten mich bestimmt totgetreten. Also musste ich auf das große, schwarze, nette Bill-Ungeheuer warten.
    Wie mögen wohl solche Biller – sagt man so? – leben? Haben sie ein Katzenklo und – sehr wichtig – Katzenschüsselchen mit genug drin? Im Augenblick sah ich nur Bills Beine: Er sauste hinter dem Spültisch hin und her, saugte verschiedenartige Milch aus Rohren in Gläser und musste sich sehr sputen. Nur einmal hatte er Zeit und bückte sich zu mir: »Hey, little cat, bin gleich wieder da, muss nur ein neues Fass holen.«
    Das war das Letzte, was ich von Bill gehört habe.
    Denn kaum war er weg, erschien ein Mann, der aussah wie Eduard im bunten Urlaubshemd. Der Mann sprach hackend: »Wie läufts?«, »Wo ist der Kassenschlüssel?«, »Abrechnungen!«, »Wo ist der Nigger?«, »Hinten, Glas leer, sofort ein Kellner hin!«
    Dann bückte sich der Hack-Sprecher und sah mich. Er schrie laut: »Wo kommt denn das Vieh her?«
    Damit meinte er offensichtlich mich. Dann brüllte er nach einem Gläserträger: »Raus damit! Ich will keinen Ärger mit dem Ordnungsamt.«
    Ehe ich richtig denken konnte, packte mich jemand, schleppte mich durch die zuckenden Menschen und schmiss mich im hohen Bogen auf den Platz, wo die Autos und die dicken Fahrräder mit den Stinkmaschinen stehen.
    Da stand ich nun! Wenn ich ehrlich bin: Für meine Verhältnisse ziemlich verdattert.
    Bill habe ich nie wiedergesehen. Aber vielleicht liest er dies. Daher möchte ich ihm was sagen: »Lieber Bill! Heute weiß ich, dass du kein Ungeheuer bist, sondern ein Mensch wie ich – pardon, hier irre ich wohl leicht. Farbige nennt man euch, manche sagen auch Neger. Du bist bestimmt
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