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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben
Autoren: Voosen Jana
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nicke zur Antwort. Thomas und ich arbeiten nämlich in derselben Abteilung der »Soulflow GmbH«. Nur dass er dort in der Verwaltung beschäftigt und für die Vergabe und Archivierung der Aufträge verantwortlich ist, während ich selbst als Helfer arbeite. Einen langweiligen Schreibtischjob hatte ich schließlich unten schon und da hat er mir auch nicht gefallen. Allerdings war mir das nicht so wichtig. Schließlich hatte ich ja Michael.
    »Was ist denn los mit dir?«, ruft Thomas herüber und ich blicke auf.
    »Nichts, wieso?«

    »Deine Aura ist plötzlich ganz dunkel geworden.«
    »Ist schon gut«, wehre ich ab und versuche, den Gedanken an meinen ehemaligen Verlobten und die damit unweigerlich aufkommende Traurigkeit zu verdrängen. Schon spüre ich, wie es um mich herum wieder heller wird, während ich ins Bad gehe und in meine Duschwolke steige. Eine ganze Weile bleibe ich hier, lasse mich von dem feinen Wassernebel beleben, genieße das Britzeln und die angenehme Kühle. Mit geschlossenen Augen denke ich an meinen Auftrag von gestern und frage mich, wie es Wilhelm wohl in seiner ersten Nacht im Himmel ergangen ist. Meine Gedanken schweifen zurück zu meiner eigenen Ankunft vor sechs Jahren, ziemlich genau drei Monate nach dem Autounfall, der mich ins Koma fallen ließ …

Kapitel 2

IM HIMMEL
    »So, hier sind wir. Ein besonders schönes Haus«, sagt mein Helfer und sieht mich Beifall heischend an. Ich fühle mich noch immer wie betäubt und würdige das strahlend weiße Gebäude kaum eines Blickes. Theo, der mich hergebracht hat, öffnet die Türe und macht eine einladende Geste. Ich trotte lustlos vor ihm her in meine neue Wohnung und bin einen kurzen Moment überrascht. Von innen wirkt sie nämlich viel größer, als ich das von außen angenommen hätte. Ich stehe mitten in einem leeren Raum mit sehr hohen Decken, dessen weiße Wände warm schimmern. Fragend sehe ich Theo an und bemerke erst jetzt, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten kann. Nur mühsam hält er die Augen offen, die tief in ihren Höhlen liegen. Plötzlich wird mir bewusst, dass mein Tod auch für ihn nicht leicht war. Deshalb nicke ich ihm zu und bringe mühsam hervor: »Danke. Es ist sehr schön. Dann auf Wiedersehen.«
    »Soll ich dir nicht noch erklären …?«
    »Nein danke«, unterbreche ich ihn mitten im Satz und schüttele den Kopf. »Ich wäre jetzt gerne ein bisschen allein.«

    »Wenn du meinst.« Ein wenig unschlüssig steht er da. Anscheinend mag er mich in meinem Zustand nicht alleine lassen.
    »Ich komme klar, wirklich«, sage ich nachdrücklich. »Auf Wiedersehen.« Zögernd tritt er den Rückzug durch die Tür an.
    »Wenn du irgendetwas brauchst …«
    »Jaja, danke«, sage ich gepresst. Wenn er doch endlich gehen würde, damit ich weinen kann. Stattdessen kommt er noch einmal auf mich zu, greift in die Tasche seiner weißen Hose und zieht ein Kärtchen hervor, das er mir entgegenstreckt.
    »Meine Karte, falls du mich erreichen willst«, meint er mit dem Versuch eines Lächelns. Ausdruckslos sehe ich ihn an. »Na schön, also, ich lasse sie dir hier«, schlägt er vor und in derselben Sekunde erscheint neben der Eingangstür ein kleiner, runder Tisch, auf den er seine Visitenkarte legt. Eine Sekunde lang erwache ich aus meiner lethargischen Stimmung und starre fassungslos auf das Möbelstück.
    »Cool, nicht?«, fragt Theo, »ich könnte dir zeigen, wie …«
    »Kannst du jetzt bitte gehen?«, presse ich mit letzter Kraft hervor und endlich versteht er.
    »Ja, natürlich, tut mir leid. Also, wie gesagt, wenn du etwas brauchst, jederzeit, ich, und, also, gute Eingewöhnung«, stammelt er zusammenhanglos, während er rückwärts durch die Tür tritt. Ich will ihn nicht mehr sehen, ich will ihn einfach nicht mehr sehen. Im selben Moment schlägt die Tür wie von Zauberhand geführt zu und ich bin allein. Mein Blick wandert durch den riesigen, kargen Raum. Das soll mein neues Zuhause sein?
Wie schrecklich! Wie trostlos! Vor meinem inneren Auge erscheint das Bild der wundervollen Altbauwohnung im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel, in der ich zusammen mit Michael gewohnt habe. Die stuckverzierten Decken, die Holzdielen auf dem Fußboden, die gemütliche Wohnküche mit dem uralten Küchenschrank seiner Großmutter. Der Schmerz durchfährt mich so heftig, dass mir schwindelig wird. Ich lasse mich auf den Boden sinken, lege mein Gesicht auf den schwer zu definierenden Untergrund und warte auf die Tränen.
    Doch ich kann nicht
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