Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben
Autoren: Voosen Jana
Vom Netzwerk:
sehr wohl bemerkt. Er wirkt angespannt. Anscheinend ist es später, als er erwartet hat. Und ich kann die Gedanken in seinem Kopf förmlich rattern hören: Wie komme ich so schnell wie möglich aus diesem Bett heraus, ohne unhöflich zu wirken? Er legt seinen Kopf auf meine Brust und flüstert: »Ich liebe dich.« Ja, sicher. Einige Augenblicke liegen wir still da, dann erbarme ich mich.
    »Wenn du gehen musst, dann geh ruhig. Ist schon okay.« Überrascht hebt er den Kopf und sieht mich an. Und jetzt setzt er auch noch seinen Unschuldsblick auf. »Tu doch nicht so. Ich weiß, dass du unter Zeitdruck stehst. Wahrscheinlich kommt ihr Flieger gleich an, und du hast versprochen, sie abzuholen. Richtig?« Gregor sieht jetzt aus, als hätte er eine Erscheinung.
    »Woher weißt du das«, fragt er verblüfft. Männer! Nur weil sie eins und eins nicht zusammenzählen können, und eine Schwingung im Raum selbst dann nicht wahrnehmen, wenn
die Fliegen schon tot von den Wänden fallen, denken sie, wir Frauen wären genauso unsensibel.
    »Ich weiß es eben«, sage ich geheimnisvoll und lächele wissend. Soll er ruhig glauben, ich hätte irgendwelche seherischen Fähigkeiten. So was ist immer respekteinflößend. Und so sieht er mich jetzt auch an: ehrfürchtig. Für eine Sekunde habe ich Oberwasser. »Nun geh schon«, fordere ich ihn auf, und er springt so schnell aus dem Bett, dass mein Triumphgefühl im Bruchteil von Sekunden in sich zusammenfällt. Ich klammere mich schon wieder an meiner Decke fest, während ich durch die geöffnete Schlafzimmertür beobachte, wie Gregor im Flur seine verstreuten Klamotten zusammenklaubt. Jetzt ärgere ich mich über mich selbst, dass ich es ihm so leicht gemacht habe. »Nun geh schon.« Ja, bin ich denn noch zu retten? Jetzt erscheint Gregor im Türrahmen und schlüpft hastig in seine hellblauen Boxershorts.
    »Kleiner Tipp«, sage ich süffisant, »auch wenn du es noch so eilig hast, du solltest vorher vielleicht duschen. Ich glaube, sie wird dir schon verzeihen, wenn du eine Viertelstunde zu spät kommst. Wenn du pünktlich bist, aber nach Sex riechst, habe ich da so meine Zweifel.« Gregor zieht erschrocken die Luft ein.
    »Oh mein Gott, du hast Recht.« Mit diesen Worten dreht er sich um und läuft meinen kleinen Flur hinunter. Ich höre die Badezimmertür klappern und kurz darauf die Dusche rauschen. Normalerweise duschen wir immer gemeinsam. Danach. Aber ich bin im Moment viel zu sehr damit beschäftigt, mich für das größte Schaf der Welt zu halten. Was ist denn heute bloß los mit mir? Mein Freund belügt mich vier geschlagene Wochen lang. Dann erzählt er mir die Wahrheit, und statt ihm sofort die Tür zu weisen, lasse ich mich erstmal
gepflegt von ihm durchvögeln. Danach darf er sofort zu seiner Frau eilen und zu guter Letzt gebe ich ihm auch noch Tipps, damit sie ihn nicht erwischt.
    Wenige Minuten später steht Gregor fix und fertig angezogen vor meinem Bett, während ich noch immer wie paralysiert vor mich hin glotze.
    »Tja, dann, also … Ich ruf dich an.« Damit beugt er sich zu mir herunter und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Es ist ein bisschen wie bei Schneewittchen. Als sein Mund meinen berührt, erwache ich endlich aus meiner Starre. Gregor ist schon fast aus dem Zimmer raus, als ich ihn zurückrufe:
    »Moment mal. Bleib stehen!« Überrascht über meinen Befehlston dreht er sich zu mir um.
    »Was ist denn?« Mit einem Satz bin ich aus dem Bett. Jetzt ist es mir egal, dass ich splitterfasernackt vor ihm stehe. Wütend funkele ich ihn an.
    »Was los ist? Du hast sie wohl nicht mehr alle! Glaubst du wirklich, du kannst jetzt einfach so gehen?«
    »Na ja, ich …«, meint er achselzuckend, aber ich schneide ihm das Wort ab.
    »Das war eine rhetorische Frage. Ich will darauf keine Antwort haben.«
    »Ich weiß, was rhetorisch bedeutet«, sagt er grinsend, und ich schnappe empört nach Luft.
    »Sehr witzig! Deine blöden Scherze kannst du dir sonst wohin stecken. Ich will wissen, warum du mich angelogen hast. Warum du die Sache mit mir überhaupt angefangen hast. Warum sagst du, dass du mich liebst? Warum …?« Ich breche ab, weil mich irgendetwas am Reden hindert. Verwundert registriere ich, dass mir Tränen das Gesicht herunterlaufen
und ich heftig schluchze. »Warum, warum«, stammele ich, und Gregor sieht richtig erschrocken aus. Er nimmt mich in die Arme und drückt mich an sich, ich weine herzzerreißend an seiner Brust.
    »Es wird alles gut, ich verspreche
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher