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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben
Autoren: Voosen Jana
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bisschen unschlüssig drein, woraufhin Katrin die Augen verdreht. »Schatz, niemand wird dir übelnehmen, wenn du den Kuchen in die Stoffserviette spuckst. Aber ich werde es dir verdammt übelnehmen, wenn du jetzt vor meinen Augen stirbst.« Er gehorcht.
    »Ach du Scheiße«, sagt er dann und sieht plötzlich ziemlich blass um die Nase aus. Er greift sich an den Hals.
    »Geht es schon los?«, fragt Katrin besorgt und er nickt. »Mist, ich hab mein Notfallset …«
    »… zu Hause vergessen.« Sie kramt aus ihrer Handtasche die kleine Dose mit Antihistaminikum, Kortisontabletten und Allergiespritze hervor. »Aber spül erst deinen Mund aus.« Eilig hält sie ihm ihr volles Wasserglas hin, das er wiederum zweifelnd betrachtet.

    »Und dann spucke ich es zurück ins Glas, oder wie?«, fragt er grinsend, »Süße, beim besten Willen nicht, das hier ist ein vornehmes Restaurant.«
    »Findest du nicht, dass deine guten Manieren ein klitzekleines bisschen zu weit gehen«, fragt sie kopfschüttelnd, greift nach den Medikamenten und erhebt sich. »Na schön, dann gehen wir eben auf die Toilette.«
    »Wir? Ach lass mal, Mami, das kann ich schon alleine«, zieht er sie auf. Sie packt ihn am Arm, bringt ihr Gesicht ganz dicht vor seines.
    »Ein paar Sekunden später, und du würdest jetzt bewusstlos am Boden liegen und mir wahrscheinlich unter den Händen wegsterben, weil ich keine Ahnung hätte, wie ich die Tabletten an deiner zugeschwollenen Luftröhre vorbeikriege«, flüstert sie und ihre hellgrünen Augen füllen sich mit Tränen. »Wenn du glaubst, dass ich dich jetzt alleine lasse, dann hast du dich getäuscht.« Er hebt seine Hand, streichelt ihr kurz über die Wange und nickt. Eng umschlungen gehen sie in Richtung Toiletten davon.
     
    Fassungslos sehen Liesel und ich den beiden hinterher. Minutenlang stehen wir einfach nur da und bringen kein Wort heraus.
    »Was war denn das?«, frage ich mühsam, nachdem ich meine Sprache wiedergefunden habe.
    »Knapp war das«, gibt Liesel zurück und ich nicke. Allerdings. Ich würde sogar sagen, haarscharf.
    »Warst du das?«
    »Ich?«, fragt sie und lacht nervös auf. »Nein, ganz sicher nicht. Bin heute wohl nicht so richtig in Form.«
    »Ja, aber wer …?« Suchend sehe ich mich im Raum
um. In diesem Moment kommen Katrin und Michael zurück.
    »Bist du auch ganz sicher, dass du nichts geschluckt hast?«, fragt sie ihn und hält seine Hand dabei so fest umklammert, dass die Knöchel weiß hervortreten. Von ihrer kühlen Besonnenheit, mit der sie eben die Katastrophe verhindert hat, ist nichts mehr zu spüren. Ihr Gesicht ist jetzt leichenblass und sie kann nur mühsam ein Zittern unterdrücken.
    »Ohne dich noch mehr beunruhigen zu wollen, wenn dem so wäre, wäre ich mittlerweile tot«, gibt er zurück und drückt sie an sich.
    »Und du bist sicher, dass es dir gut geht?«
    »Ganz sicher. Ich bin doch vollgepumpt mit Medikamenten. Außerdem hab ich sowieso kaum was abgekriegt.«
    »Du sollst doch dein Notfallset immer bei dir haben. Auf dem Nachttisch zu Hause nützt es reichlich wenig«, sagt sie vorwurfsvoll. Ihre Lippen beben und sie sieht aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.
    »Wie gut, dass ich dich habe, mein Engel«, sagt er zärtlich und zieht sie an sich. Kaum zwanzig Zentimeter von den beiden entfernt stehe ich und beobachte ihren langen, intensiven Kuss. Und obwohl es mir das Herz bricht, empfinde ich im Moment nichts als reine Dankbarkeit. Ich spüre, wie Liesel von hinten an mich herantritt. Sie kann meine Hand nicht halten, aber dennoch bin ich froh, dass sie da ist.
    »Er braucht uns nicht«, sagt sie leise, »er hat seinen eigenen Schutzengel.«
    »Ja«, flüstere ich und reiße meinen Blick von den beiden los. »Sie wird gut auf ihn aufpassen, nicht wahr?«

    »Ganz bestimmt! Komm, Lena«, sagt sie sanft, »wir gehen.«
    »Warte nur einen Moment.« Noch einmal wende ich mich den beiden zu, die jetzt ihren Kuss beendet haben und sich wieder hinsetzen.
    »Auf den Schreck brauchen wir noch eine Flasche Wein, oder?«, fragt Michael und Katrin nickt.
    »Und ein anderes Dessert!« Sie bedenkt den köstlichen Kuchen mit einem Blick, als sei er das reinste Teufelswerk und schiebt den Teller von sich. Wahrscheinlich wird sie aus lauter Solidarität nie wieder in ihrem Leben warme Schokoladentörtchen essen, und das ist ein echtes Opfer. Mit einem leichten Kopfnicken verabschiede ich mich von ihr und trete dann zu Michael heran. Ich beuge mich zu ihm herunter
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