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Allein auf Wolke Sieben

Allein auf Wolke Sieben

Titel: Allein auf Wolke Sieben
Autoren: Voosen Jana
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steckt, mit einem Neun-Zentimeter-Absatz.
    »Ah, das erklärt einiges«, nickt Oli verstehend, während Julia unkt: »Spätestens nach dem Sektempfang kannst du in den Dingern nicht mehr stehen, wetten?«
    Ich ignoriere ihren blöden Kommentar heldenhaft und wende mich stattdessen an Oliver, der übrigens in seinem schwarzen Smoking mit dem rosafarbenen Hemd ebenfalls klasse aussieht.
    »Schick«, lobe ich ihn, »an dir ist ja ein James Bond verloren gegangen.«
    »Danke.« Er wird ganz rot und fährt sich durch das kurz geschnittene, blonde Haar.
    »So, wollen wir dann noch schnell einen Kaffee trinken?«, frage ich aufgeräumt und er sieht erst mich, dann seine Armbanduhr an.
    »Wir sollten besser los.«
    »Ach was, wir haben massig Zeit, die Kirche ist doch nur fünf Minuten entfernt.«
    »Schon, aber es ist doch schon Viertel vor und …«
    »Glaub nicht, dass meine kleine Schwester vorhat, auch nur eine Minute früher als um fünf nach drei zu ihrer eigenen Hochzeit zu erscheinen«, wirft Julia grinsend
dazwischen, was den armen Mann vollends in Verwirrung zu stürzen scheint.
    »Ja, aber die Trauung beginnt doch schon um drei«, meint er ratlos und sieht mich hilfesuchend an. Ich tätschele lässig seinen Arm und flöte: »Ohne mich beginnt sie sicher nicht.«
    »Da hat sie zweifelsohne Recht, nicht wahr?«
    »Ja, aber, wieso …?«, stammelt Oliver.
    »Das ist doch nicht so schwer«, sagt Julia in einem Tonfall, als spräche sie mit einem begriffsstutzigen Maultier, »sie möchte den Bräutigam ein bisschen zappeln lassen.« Über so viel weibliche Unverfrorenheit bleibt Oli der Mund offen stehen. Er sieht mich an, als sei ich der Teufel selbst, so dass ich beschwichtigend sage: »Es sind doch nur fünf Minuten.«
    »Was heißt hier nur fünf Minuten?«, regt er sich auf. »Kannst du dir vorstellen, wie lang diese fünf Minuten sind, wenn man auf die Frau seines Lebens wartet? In einer Kirche mit hundert Gästen, die einen anstarren? Ganz alleine vorne am Altar? Du liebe Güte, wenigstens ich als sein Trauzeuge sollte bei ihm sein.«
    »Du wolltest ja unbedingt fahren«, gebe ich spitz zurück.
    »Ja, damit ich sicher sein kann, dass du pünktlich bist.«
    »Ich will jetzt einen Kaffee«, sage ich von oben herab und wende mich Julia zu, die unserer Konversation mit einem breiten Grinsen lauscht.
    »Du magst gar keinen Kaffee, Süße«, sagt sie sanft und ich schüttele störrisch den Kopf.
    »Jetzt will ich einen. Oder wenigstens ein Glas Prosecco«, schwenke ich um, weil mir gerade noch rechtzeitig einfällt, dass ich von Kaffee tatsächlich immer
schreckliche Bauchschmerzen bekomme. »Das beruhigt die Nerven.«
    »Du hast doch Nerven wie Drahtseile«, ätzt Oli und ich funkele ihn wütend an.
    »Ich hole dir ein Glas«, erklärt meine Schwester ungewohnt friedfertig und verschwindet in Richtung Küche.
    »Können wir danach bitte fahren?«, schlägt Oli jetzt einen anderen Ton an, »ich möchte mich wirklich nicht mit der Braut streiten, aber versteh doch, Michael ist mein bester Freund.«
    »Weiß ich doch«, begrabe auch ich das Kriegsbeil. »Falls es dir bisher entgangen sein sollte, ich kann ihn auch recht gut leiden.« Damit zwinkere ich Oli spitzbübisch zu und stürze den Prosecco in einem Zug hinunter. Ups, mir wird ganz warm im Bauch, vielleicht hätte ich doch etwas frühstücken sollen. »Dann wollen wir mal.«
    Mit einiger Mühe verfrachten wir mich samt meinem üppigen Brautkleid auf dem Rücksitz des mit einer Rosengirlande geschmückten, schwarzen BMW. Kaum ist Julia auf der anderen Seite eingestiegen, drückt Oli aufs Gas.
    »Sei so nett und bring uns lebend ans Ziel«, ruft sie empört und klammert sich am Haltegriff fest.
    »Hauptsache pünktlich«, kommt es zurück. Ich halte mich ebenfalls gut fest und sehe aus dem Fenster in den klaren, tiefblauen Himmel hinauf. Was für ein traumhafter Tag! Die Maisonne schickt ihre wärmenden Strahlen wie einen vorzeitigen Hochzeitsgruß. Gerade durchfahren wir die frühlingsgrüne Allee in Richtung Kirche. Vögel zwitschern in den Baumkronen, ein lauer Wind streicht durch die Blätter. Es ist alles genau so, wie frau es sich für ihren Hochzeitstag erträumt.

    »Da oben meint es jemand wirklich gut mit euch«, sagt Julia und ich nicke. Dies verspricht ein absolut perfekter Tag zu werden. Und ein perfekter Start in ein perfektes Leben mit dem perfekten Mann. Ich spüre das Blut in meinen Adern rauschen, wenn ich daran denke, dass ich in weniger als
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