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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter
Autoren: Hans G. Bentz
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Menschenauge nie erblickt. — Jetzt rührt sich drüben Cocki. Seine Augen, in die das Mondlicht fällt, leuchten rotgolden auf. Er mustert mit strengem Blick seine beiden Kameraden, ob sie sich auch nicht seiner Schatzkammer nähern. Dann erlischt der rotgoldene Schein. Er schläft weiter.
    Peter wendet die Augen von ihm, stellt die Ohren auf und schüttelt dann die Decke von sich. Cocki nimmt das Ohr vom Auge und schaltet von Tief- auf Halbschlaf um. Was will er ,denn, sein Sklave? Etwa doch einen Knochen? Peter hat zwar gestern auch zwei vom Bummel mitgebracht und unter der Kommode geparkt, aber trotzdem gehören sie jetzt ihm, Cocki, seinem Herrn. Sollte er es vergessen haben, muß man ihm ein Ding verpassen.
    Aber Peter hat andere Sorgen. Er macht eine Kniebeuge, wobei er gähnend den Rachen aufreißt, dann streckt er hinten erst das eine, dann das andere seiner dünnen kohlschwarzen Fliegenbeine weg und schleicht schließlich die Treppe hinauf. Von oben hat er dauernd Herrchens und Frauchens Stimmen gehört, und das erfüllt ihn mit einer dunklen Angst. Wie ein Schatten schwebt er über die Stufen. Einen Moment horcht er mit schiefem Kopf vor dem Zimmer der Mama. Aber die schnarcht. So geht er zu den Zimmern der beiden anderen Götter. In beiden ist noch Licht, aber Frauchens Zimmer ist leer, das riecht er. So bleibt er vor Herrchens Zimmer stehen und horcht auf die beiden Stimmen. Sie sind traurig, besonders die von Herrchen. Peter fühlt das ganz genau, denn die Schwingung des Leides ist ihm vertraut von Jugend an. Niemand weiß warum. Stets liegt dieser tragische Schatten über seinem Wesen, als habe er irgend etwas zu befürchten oder abzubüßen — vielleicht aus einem anderen Leben.
    Drinnen sagt Frauchen, die im Lehnstuhl an Herrchens Couch sitzt, gerade: »Du mußt immer damit rechnen, daß mal was schief geht. Keiner bleibt davon verschont!«
    Herrchen — auf der Couch liegend — hat die Hände hinter dem Kopf gekreuzt und starrt gegen die Decke: »Aber gleich beides schiefgegangen«, antwortet er mit bitterer Stimme, »das Theaterstück und der Roman! Selbst wenn mein neues Buch etwas wird — ich glaube schon fast nicht mehr daran —, werden wir ein Jahr lang ohne größere Einnahmen sein. Ist dir das klar?«
    »Sicher. Aber...«
    »Gar kein Aber. Es bedeutet, daß wir das Haus aufgeben und uns auf das Notwendigste einschränken müssen. Wir werden trotzdem unsere paar Spargroschen angreifen müssen.«
    »Du mußt nicht immer alles so schwarz sehen.«
    Herrchen dreht sich zu ihr herum und stützt sich auf den Ellbogen: »Du klammerst dich an das Haus.«
    »Ich klammere mich an gar nichts.«
    »Sei nicht kindisch, das ist doch kein Vorwurf! Glaubst du; mir fällt es leicht, das alles hier aufzugeben? Nicht nur meinet- und deinetwegen. Mir tut besonders die Mama leid, dieser alte Mensch, der nach so vielem Umherziehen endlich glaubte, daß er ein Heim gefunden hätte. Und was machen wir mit den Hunden?«
    »Vielleicht brauchen wir das alles gar nicht.«
    »Nicht? Möchtest du mir mal erklären, wie...«
    »Ich habe mich umgetan in den letzten Tagen. Ich könnte eine Stellung als Modeberaterin bekommen im Salon Windschuh.«
    Herrchen starrt seine Gefährtin eine Weile an, dann läßt er sich wieder zurückfallen und sagt gegen die Decke: »Der Mann ist der Ernährer der Familie — der richtige, meine ich.«
    Frauchen schüttelt lächelnd den Kopf: »In welchem Jahrhundert lebst du eigentlich? Ich denke da an gewisse Artikel, die du über die moderne Frau geschrieben hast!«
    »Das ist ganz was anderes.«
    »Etwas ganz anderes? Weil es mich betrifft und dich? Ich will nichts mehr von diesem Unsinn hören. Morgen früh fahre ich zu Windschuh. Was kratzt denn da?«
    »Es wird einer vom Verein sein«, sagt Herrchen und sieht auf die Uhr: »Mein Gott, schon Viertel nach zwölf!«
    Frauchen steht auf und öffnet die Tür: »Peter!«
    Er kommt hereingestakst, leckt ihr die Hand, sieht ihr prüfend in die Augen, trabt dann zur Couch, hupft herauf und kringelt sich auf Herrchens Füßen zusammen. Herrchen krault ihm die eisgraue Stirnlocke: »Er hat’s gemerkt! Er merkt immer alles zuerst. Ja, du liebe Zeit, was ist denn los?«
    Die nur angelehnte Tür fliegt mit einem Ruck auf, und Cocki, mehr denn je einem kleinen Löwen ähnlich, watschelt herein. Er wirft mit gefurchter Stirn den Blick in die Runde, schaukelt dann zu Herrchens Couch und riecht Peter in die Schnauze: »Hat’s hier etwa was zu fressen
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