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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter
Autoren: Hans G. Bentz
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gegeben ohne mich?«
    Aber Peterchens Schnauze mit dem schmutzig-rötlichen Zickenbart unbekannter Herkunft riecht nicht nach frischem Fressen. So läßt sich denn Cocki mit einem dröhnenden Plumps fallen, gähnt und legt den Kopf neben die Tatzen: »Mal sehen, was sich hier tut.«
    Und jetzt erscheint auch Weffchen, wie üblich völlig unorientiert. Er ist putzmunter, verdreht schelmisch die nußbraunen Augen und riskiert ein helles, fragendes Weff. Er glaubt, daß es Morgen ist und der Spaziergang mit dem Schuhbänderspiel beginnt.
    »Hältst du die Bappen, du bist wohl nicht gescheit!« sagt Frauchen.
    »Du weckst doch die Oma auf!« flüstert Herrchen. »Marsch, wieder ‘runter, lunkerchen!« (Lunkerchen heißt in der Geheimsprache der Familie >schlafen<.)
    Worauf Weffchen wie ein Pfeil auf Herrchens Couch schießt, sich Kopf an Kopf mit ihm aufs Kissen legt, die dicken Fellbeine in die Luft steckt und selig seine Greta-Garbo-Augen mit den langen Wimpern schließt.
    Na, wenn das so ist, denkt Peter, steht auf und bohrt sich mit dem Kopf unter Herrchens Decke. Dabei stößt er von unten an Weffis Hinterteil. Der ist mit einem Ruck hoch und betrachtet mit schiefem Kopf die Untergrundbewegung. Sein rundgebogenes, kurzes Schwänzchen wackelt vor Vergnügen. Dann beißt er herzhaft durch die Decke in das, was sich da bewegt. Peter knurrt und versucht — ebenfalls durch die Decke — ihn in die Beine zu zwicken. Weffi springt mit allen vieren hoch und zwickt dann zurück — ein herrliches Vergnügen! Da hat ihn Herrchen am Kragen und packt ihn mit einem Ruck aufs Kissen zurück. Weffi verzieht die Schnauze und niest, daß Herrchens ganzes Gesicht feucht ist. Herrchen muß lachen. WährenderseineBrillemitdem Taschentuch wieder klarputzt, sagt er: »Ja, was denkt ihr euch eigentlich, was?«
    Als Antwort läßt Cocki einen gewaltigen Schnarcher los. Unter der Decke kommt ein Schnarcher von Peter als Entgegnung. Er hat endlich die richtige Stellung gefunden, in Herrchens Kniekehlen, und strahlt Hitze aus wie ein elektrischer Ofen.
    »Ach, laß sie, wer weiß, wie lange sie noch...«
    »Nein, wir müssen morgen alle frisch sein. Ich hole sie dir weg.«
    Sie geht nebenan in ihr Zimmer. Von dort hört man die Schranktür quietschen und gleich darauf das klirrende Geräusch der Keksbüchse. Daraufhin Generalalarm!
    Cocki hat in einer Viertelsekunde von Tiefschlaf auf Hellwach umgeschaltet und ist schon nebenan. Herrchens Decke fliegt hoch, als Peter wie ein Geschoß hinterhersaust. Weffchen reißt sich aus Herrchens Arm, stößt sich mit den Hinterbeinen von seinem Gesicht ab und spurtet hinterher. Herrchen wackelt an seiner Nase, ob sie blutet, und lehnt sich dann zur Seite, um ins Nebenzimmer zu sehen. Da sitzt Frauchen vor dem Frisiertisch, die Büchse in der Hand. Vor ihr, den Kopf schwärmerisch erhoben, die langen Ohren artig nach hinten gefaltet — der Löwe. Einen halben Schritt hinter ihm sein schwarzer Adjutant Peter. Er macht Männchen, um die größere Entfernung von der Büchse durch Charme auszugleichen. Weffi ist über beide hinweg direkt auf Frauchens Schoß gesprungen.
    »So«, sagt sie, »jeder eines, und dann gehen wir alle wieder ‘runter, lunkerchen.«
    Die Kekse werden von Cocki und Peter mit einem einzigen hastigen Ruck heruntergewürgt. Weffchen mimmelt wie üblich eine lange Weile daran herum. Cocki beobachtet ihn mit schiefgelegtem Kopf: Der Kerl ist selbst zum Fressen zu dämlich. Vielleicht läßt er was fallen.
    Und tatsächlich, da fällt Weffi ein Stück aus der Schnauze. Der Dicke ist sofort mit der Flappe darauf und atmet es ein wie ein Staubsauger.
    »So«, sagt Frauchen, »und nun marsch.« Sie nimmt Weffi auf den Arm und schleicht sich nach unten, gefolgt von den beiden anderen. Herrchen hört ihre leise, aber energische Ansprache, mit der sie sie zur Ruhe bringt. Zwischendurch ein patschender Laut: Einer hat was hinter die Ohren bekommen.
    Als sie nach oben kommt, bleibt sie einen Moment im Türrahmen stehen: »Na, lohnt es sich nicht, es dafür zu versuchen?«
    Herrchen seufzt: »Ich fahr’ dich morgen hin.«

2

    Als ich am nächsten Morgen erwachte, war mein erster Gedanke: Es ist etwas verändert. — In den letzten Wochen, nach meinem doppelten Mißerfolg, war das Erwachen qualvoll gewesen. Hoffnungslos hatte ich dem Tag entgegengesehen, unwillig, die bleiernen Bürden seiner Sorgen wiederaufzuladen. Ich sehnte mich nach dem Schlaf zurück und war fest überzeugt, daß meine
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