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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry
Autoren: Jennifer Greene
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es, soviel wir wissen, niemanden.”
    Merry nickte. “Ich würde ihr wünschen, dass sie noch Verwandte hat.”
    “Unabhängig davon muss Ihnen klar sein, dass Sie keine rechtliche Verpflichtung haben, sie zu sich zu nehmen.”
    “Das ist mir klar. Sie haben es mir bei unserem Telefonat erklärt.”
    “Das Schriftstück, das Sie vor Jahren unterschrieben haben, ist nicht bindend.”
    Wieder nickte sie. Sie hatte jene Nacht viele Male in Gedanken Revue passieren lassen. Einem Außenstehenden war es schwer zu erklären, was für eine kostbare und außergewöhnliche Freundschaft zwischen Charlie und ihr bestanden hatte. Sie war einfach mit keiner anderen Freundschaft zu vergleichen.
    Er war frisch geschieden gewesen und hatte nicht in Virginia, sondern in Minnesota gelebt, als sie ihn kennengelernt hatte. Zwischen ihnen hatte es nie romantische Gefühle gegeben. Sie waren einander auf einer grauenhaften Party begegnet, auf die Freunde sie geschleppt hatten. Sie hatten begonnen sich zu unterhalten und dann nie mehr damit aufgehört. Er war einfach ein absolut großartiger Mensch, der einen Freund gebraucht hatte, und sie hatte es sehr geschätzt, ihm einer sein zu können. Im Laufe der Tage und Wochen, in denen sie sich immer wieder trafen und miteinander redeten, hatte sie ihm mehr von ihrer Kindheit erzählt als jemals irgendjemandem zuvor. Und auch er hatte ihr seine Lebenssituation erzählt. Vom Gericht war ihm das alleinige Sorgerecht für seine kleine Tochter zugesprochen worden, aber er war krank vor Sorge, was mit Charlene passieren würde, wenn er stürbe oder einen Unfall hätte. Seine Frau hatte sich – schon bevor sie von der Bildfläche verschwunden war – sehr zu allem hingezogen gefühlt, was man rauchen oder wovon man eine Nase nehmen konnte.
    Merry und er hatten in einem Restaurant auf einer Serviette eine Vereinbarung festgehalten. Nichts Besonderes, nur, dass Merry sich im Fall der Fälle um seine Tochter und er sich um Merrys Kinder kümmern würde, falls sie jemals welche haben sollte und sie Hilfe bräuchten. Auch wenn es nur eine Vereinbarung unter Freunden gewesen war, hatte sie ihr Versprechen ernst gemeint. Genauso wie Charlie auch. Tja, und dann hatten sie einander aus den Augen verloren, als er einen Job in Virginia annahm. Er musste sich auch beträchtlich verändert haben, da er offenbar zu einem Vorstadtmenschen geworden war. Aber sie hatte ihn nie vergessen. Als der Anwalt das erste Mal angerufen und ihr Charlies Tod mitgeteilt hatte, hatte sie vor Entsetzen einen verzweifelten Schrei ausgestoßen.
    Dann war es Schlag auf Schlag gegangen. Oxford hatte erklärt, dass sie die Einzige war, die als möglicher Vormund für Charlene genannt war. Ebenso schnell hatte er sie darüber informiert, dass an einem derartigen Schriftstück legal nichts bindend war – es also nichts gab, das sie davon abhalten könnte abzulehnen.
    Und nun wiederholte er das Gleiche wieder.
    Sie antwortete ihm so, wie sie es damals getan hatte. “Vielleicht ist nichts gesetzlich Bindendes an dieser Situation. Aber moralisch und ethisch sieht es ganz anders aus. Ich habe keine Ahnung, ob ich ein guter Vormund für Charlene sein kann. Aber bei Pflegeeltern wäre sie zweifellos nicht besser dran, und fest steht, dass sie aus der Situation, in der sie jetzt ist, heraus muss. Und ich bin ungebunden. Ich kann zumindest dafür sorgen, dass sie zurück in ihr eigenes Zuhause, an ihre Schule und wieder zu ihren Freunden kann, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen werden muss.”
    “Es ist eine ungeheuer große Verantwortung, die Sie damit auf sich nehmen.” Oxford nahm einen Stift und begann, damit auf der Schreibtischplatte zu trommeln. “Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, aber ich finde es merkwürdig, um nicht zu sagen, ein klein wenig verdächtig, dass Sie sich eines Kindes annehmen wollen, das Sie gar nicht kennen.”
    Merry bemühte sich, seine Worte nicht als Beleidigung aufzufassen. Er kannte sie ja nicht. Sie versuchte, ihm so überlegt und ehrlich zu antworten, wie sie es jedem anderen Menschen gegenüber auch getan hätte. “Wenn Sie glauben, es wäre mir leichtgefallen zuzusagen, kann ich Ihnen versichern, dass das nicht der Fall war. Aber als Sie mir die Situation geschildert haben, in der sie war … Ich konnte das einfach nicht mehr vergessen. Ein kleines Mädchen, dem ausgerechnet zu Weihnachten alles genommen wurde, was ihm lieb und vertraut war …”
    Er unterbrach sie so rasch, als
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