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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry
Autoren: Jennifer Greene
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in gewissen Bereichen war sie zufälligerweise extrem bewandert. Nur weil eine Frau nicht versessen aufs Heiraten war, bedeutete das nicht, dass sie nicht einen Teil der Männerwelt ausprobiert hatte – vor allem auf dem Gebiet des Küssens.
    “Nein, ich habe mich nicht verfahren”, versicherte sie ihm. “Ich habe nur eine weite Strecke zurückgelegt, um hierher zu kommen. Sie haben Charlie Ross gekannt?”
    “Jupp. Seit Jahren Nachbarn.” Er deutete zum Haus. “Es ist zugesperrt.”
    Sie sah ihm dabei zu, wie er noch mehr Bretter auslud – alle aus prächtigem Holz. Zwar war sie nicht in der Lage, eine Birke von einer Buche zu unterscheiden, aber sie konnte sehen, dass er mit den Brettern so sorgsam umging, als wären sie eine kostbare Ladung. “Ich weiß”, sagte sie, “dass das Haus abgesperrt ist. Ich bin nämlich aus Minnesota hierher gefahren …”
    “Aha.” Er trug zwei Bretter gleichzeitig in seine Garage und kam zurück, um die anderen zu holen.
    Sie merkte, dass er kaum Interesse an einer weiteren Unterhaltung zu haben schien – und auch sie selbst hatte keine Zeit für einen Plausch. Aber ein direkter Nachbar war ein potenzieller Verbündeter – und mit Sicherheit jemand, der Charlie und seine Tochter kennen musste. Deshalb fuhr sie fort: “Ich war noch nie zuvor hier. Charlie hat nämlich noch in Minnesota gelebt, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Ich hatte keine Ahnung, dass er tot ist, bis sein Anwalt mit mir Kontakt aufgenommen hat. Ich bin wegen Charlene hier …”
    “Ach?”
    “Ich muss mir den Hausschlüssel vom Anwalt holen. Und ich nehme an, dass es abgesehen davon jede Menge komplizierter Dinge zu erledigen gibt. Aber mit ein bisschen Glück wird Charlene morgen hoffentlich wieder nach Hause kommen können.”
    Jetzt wirkte er jedenfalls eindeutig interessiert, denn er blieb wie versteinert stehen. “Was?
Sie
sind der Vormund?”
    Gut, vielleicht war sein Ton ein wenig beleidigend. So, als wäre die Tatsache, dass sie ein Vormund war, so wahrscheinlich, als würde der Himmel ihnen auf den Kopf fallen. Aber Merry beschloss, nachsichtig zu sein. Vermutlich war er schlecht gelaunt, weil er die vielen schweren Bretter schleppen musste. Und sie hatte eine mörderisch anstrengende Fahrt hinter sich, was bedeutete, dass sie kein Make-up trug und ihr Haar seit Stunden keine Bürste mehr gesehen hatte. Ganz abgesehen von ihren Schlappen, die mit ihrem Blumenmuster einen gewissen Schick vermissen ließen. Meine Güte, im Allgemeinen zog sie mehr männliche Aufmerksamkeit auf sich, als ihr lieb war, wenn sie sich fein machte – aber auf diesen Kerl wirkte sie offenbar wie ein junges Ding. Zumindest im Vergleich zu ihm selbst. Wenn er in dieser Gegend wohnte, war er zweifellos verheiratet und hatte Kinder.
    Nicht dass er alt und jenseits von Gut und Böse war. Merrys Erfahrungsschatz bezüglich Männern war groß genug, um einen echten Diamanten von einem falschen zu unterscheiden. Er war nicht nur gut aussehend. Er wirkte auf eine Art sexy, wie es nur Männer mit einer gewissen Erfahrung taten. Aus der Phase, in der sie verwöhnte Jungs waren, war er heraus, und auch das Stadium, in dem sie morgens fragten “Wie war ich?”, hatte er hinter sich. Er war in jenem Alter, in dem ein Mann wusste, was eine Frau glücklich machte. Knappe vierzig, ganz bestimmt.
    Trotzdem war er nicht innerhalb ihres weiblichen Radars. Nicht wegen seines Alters, sondern weil er zu den Verheirateten gehörte.
    Sie hoffte dennoch, dass er sie mögen würde. Ein Freund als Nachbar wäre eine große Hilfe. Schnell setzte sie daher ihr gewinnendstes, herzlichstes Lächeln auf – jenes legendäre Lächeln, das ihr die Gunst der Männer bescherte, seit – tja, seit sie dreieinhalb war.
    Für immerhin zwei Sekunden schien es auch auf ihn diese Wirkung zu haben. Zwischen all den schimmernden Schneeflocken in der hereinbrechenden Dämmerung konnte sie seinen Gesichtsausdruck auf die Entfernung nicht ganz genau erkennen …, aber er betrachtete sie in diesen wenigen Sekunden, die er zu ihr herüberschaute, eindeutig sehr intensiv.
    Und das war es auch schon, denn mehr Zeit hatte Merry nicht zu verschwenden. “Ich belästige Sie nun nicht weiter – Sie sind ganz offensichtlich sehr beschäftigt, und ich bin auch in Eile. Aber ich bin Merry. Merry Olson. Wenn Sie also später Licht im Haus sehen, wissen Sie, dass ich es bin.”
    “Ich bin Jack Mackinnon”, sagte er. Und dann fügte er schnell hinzu: “Merry
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