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Alle lieben Merry

Alle lieben Merry

Titel: Alle lieben Merry
Autoren: Jennifer Greene
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blond. Hoffentlich hatte sie nicht die Hakennase ihres Vaters, aber mit ein bisschen Glück hatte sie diese wunderbar warmen, blauen Augen, die so strahlen konnten, wenn er lachte.
    Natürlich war es schwierig für Merry gewesen, Weihnachtsgeschenke auszusuchen, ohne Charlene zu kennen – aber nicht unmöglich. Elf war elf. Ob Merry wollte oder nicht, sie erinnerte sich an jede Einzelheit dieses Alters. Es war die Phase, in der man eine beste Freundin haben musste. In der man erstmals begann, Jungs wahrzunehmen, obwohl man noch ein bisschen Angst hatte, dass sie vielleicht Läuse hatten. Es war das Alter, in dem man sich zum ersten Mal schwer für Make-up und Mode interessierte und ein Ohr für Musik entwickelte, die gerade in war, und in dem man pausenlos an der Strippe hing, um Schminktipps auszutauschen.
    Und, ja, es war ein Alter, in dem der Tod eines Elternteils das Schrecklichste war, was auf der Welt passieren konnte – besonders wenn der andere Teil einen schon verlassen hatte.
    Es hatte Merry das Herz zerrissen, als sie davon erfuhr. Sie spürte es immer noch. Und sie würde es vermutlich so lange spüren, bis sie das kleine Mädchen in die Arme schließen konnte. Was dann kommen würde, war eine Herausforderung – dessen war sie sich bewusst. Wie auch sollte etwas Derartiges leicht sein, sowohl für sie selbst als auch für Charlene? Aber im Grunde bezweifelte Merry nicht, dass sie mit der Kleinen gut auskommen würde. Wohin das Ganze auch führen würde – Liebe, Geborgenheit und Zuwendung mussten dem kleinen Schatz einfach helfen, und Merry war nur allzu bereit, ihr Herz für das Kind zu öffnen.
    Endlich gab ihr die Sekretärin das ersehnte Zeichen, und Merry stürmte mit erwartungsvollem Lächeln und ausgestreckter Hand in Oxfords Büro. Das dunkelhaarige Männlein hinter dem glänzenden Schreibtisch aus Onyx erhob sich, um ihr die Hand zu schütteln, aber ihre optimistische Stimmung sackte jäh ab.
    Im Gegensatz zu allen anderen Leuten hatte sie Anwälte eigentlich immer gemocht. Einige ihrer besten Freunde waren Anwälte. Aber die meisten von ihnen zählten zu der seriösen, ehrlichen Gattung, die frisch von der Uni begierig darauf aus waren, die Welt zu verbessern. Hoffnungslos bekennende Liberale wie … nun, wie sie selbst. Lee Oxford schien um die Fünfzig zu sein, hatte einen ungeheuer großen funkelnden Diamanten an der Krawatte, braunes und – sogar für einen Stadtmenschen – sehr elegant gestyltes Haar und Schuhe aus Krokodilleder. Er musterte sie von Kopf bis Fuß und begann so zu strahlen, als wäre sie weibliches Frischfleisch, wovon er anscheinend lange, lange nichts zu Gesicht bekommen hatte.
    Es war nicht so, dass noch nie ein Mann so auf sie reagiert hatte, aber sie wollte diesen Kerl wirklich sympathisch finden. Sie bemühte sich, daran zu denken, dass Charlie Ross sich nie einen Idioten als Anwalt genommen hätte, und aus diesem Grund würde sie versuchen, seine erste Reaktion zu übergehen und ihm noch eine Chance zu geben.
    Aber statt eines Händedrucks hielt Oxford ihre Hand länger als notwendig und eher zärtlich in der seinen, bevor er sich langsam wieder in seinen Sessel sinken ließ. “Ich habe mich gefragt, wie Sie wohl aussehen”, begann er. “Es ist eine höchst außergewöhnliche Situation.”
    “Glauben Sie mir, das ist es auch für mich.” Sie setzte sich in den Designerstuhl gegenüber seines glatten, schwarzen Schreibtischs. “Schneller konnte ich nicht hier sein. Ich habe nicht damit gerechnet, Charlene noch heute Abend zu treffen, aber gehofft, den Schlüssel für das Haus zu bekommen. Ich möchte einige Vorbereitungen treffen, etwas zu essen besorgen und mich mit allem ein wenig vertraut machen. Einfach versuchen, ein paar Dinge für Charlene vorzubereiten.”
    “Gute Idee. Aber es gibt vieles, was wir vorher noch klären müssen.”
    Merry beugte sich vor. Es gab jede Menge, was auch sie gerne klären würde. Aber gerade weil kleine Männer sie oft beunruhigten – sie schienen immer eine gemeine Ader zu haben und mussten ihre Macht und dergleichen beweisen – versuchte sie, ihn nicht allzu sehr vorzuverurteilen. Der Kerl hatte sie also ein bisschen zu genau angesehen. Welcher Mann tat das nicht?
    “Wie ich schon am Telefon zu erklären versucht habe … wenn die Mutter des Kindes auftauchen sollte oder andere Blutsverwandte sich melden, die in der Lage sind, Charlene aufzunehmen, können sie einen gesetzlichen Anspruch anmelden. Aber im Moment gibt
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