Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allawa

Allawa

Titel: Allawa
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
nie, wenn man ihn behandschuht anfaßt ; vermutlich deshalb, weil man selbst weiß, daß man geschützt ist, und er nun diese Sicherheit wahrnimmt. Kaum, weil er Leder unangenehm fände. Warum gehorchten die Hunde auf meine nie gehörten Befehle; offenbar, weil sie meinen Willen auffingen.
    Ich hätte gerne sieben Lebensjahre für den Einblick gegeben, wie Hunde eigentlich hören. Aber so billig kommt man nicht dort hinauf; der Mönch im Bechsteinmärchen , der einem Vogel nachging, kehrte erst nach dreihundert Jahren von seinem Ausflug zurück. Sich begnügen, kleine Puzzlestücke herumschieben. Fingal konnte seinen Namen nie von » Ilda « — so hieß eine Hündin — unterscheiden. Also nur Vokale. Andererseits kam jeder Hund schneller, wenn ich »kommst du« statt nur »komm« rief, noch besser bei »kommst du jetzt«, mit starken Konsonanten. Alle Zischlaute wirkten magisch, » sst « als Verbot, das leiseste »Herrschaft« als Tadel, Betonung auf sch. Oder war das wieder nur eine Stütze für meinen eigenen Willen?
    Jedenfalls stellte ich fest, daß ein Hund auch ohne Worte zu dirigieren wäre: bremsendes Brummen für »Fuß«, lockendes Maunzen für »komm«, scharfes Blaffen für »laß das«, helles Anfeuern für »lauf« oder »hopp«. Aber es würde vor den andern Menschen zu blödsinnig klingen, und es wäre für uns selbst zu anstrengend, den Willen ohne Worte zu produzieren; man hält sich an den hilfreichen Bedeutungen wie Münchhausen an seinem Zopf.

    Für jeden Zweithund brauchte ich einen vervielfachten Zeitaufwand, weil keiner auf pünktliche Erledigung seiner Geschäfte trainiert war. Weitere Hunde verschlimmerten den Mißstand nicht mehr, so oder so irrten wir halbstundenlang unverrichteter Dinge umher. Welpen, die ich mit »Geh sei brav« erzogen und entsprechend stubenrein abgeliefert hatte, wurden bei ihren Besitzern wieder stubenunrein, verbanden dann ihre Besorgungen mit Bösem und gewöhnten sich an einmal täglich. Mich aber verfolgte die fixe Idee, daß ein Hund »ausbesorgt« sein müsse, bevor ich arbeiten könnte, und wenn ich schließlich doch begann, war meine Aufmerksamkeit dreiviertels bei dem noch unbesorgten Gast.
    Ich glaubte nicht, daß sich Hunde vernünftig einteilen können, als überblickten sie, wann unsere Tagesund Nachtpläne die nächste Gelegenheit bieten; ich fand es qualvoll für sie und mich, abzuwarten, ob dringende Notwendigkeit entstünde; ich war überzeugt, daß sie dadurch krank würden, und die Ekzeme und chronischen Verdauungsstörungen, womit sie kamen, schienen mir recht zu geben.
    Durch Trennkost, Rohkost, Bewegung und drei, vier, fünf Besorgungen täglich wurden diese Patienten geheilt — bis zur Rückkehr in ihr Zuhause, dort fing es wieder von vorn an. Die Mühe war eine ganz nützliche Übung in der Weisheit, nur zu tun, was man für richtig hält, ohne zu fragen, ob es auch andere tun.
    Mit Allawa blieb diese Sache am Rande, wo sie hingehörte; keine Mühe, unsererseits Lob, seinerseits Freude, erledigt. Tatsächlich war nur die Besorgungsseite eine Schattenseite der Gäste.
    Aber sobald sie fort waren, hatten sie nichts als Sonnenseiten. Wir liebten sie alle: den Retriever , der bei seinen Leuten zu kurz kam und »das Märtier« hieß; den schwarzen Bastard, der seine ausgekämmte Wolle zu fressen pflegte, obwohl schon alle Vögelchen von Black Look, dem neuesten Nest-Hit, zwitscherten; Mel, den armen, der sich jedesmal an meine Fersen klebte und nach den Ferien nicht zu Hause bleiben wollte. Meis unglückliche Treue blieb die einzige Tragödie in all dem Herz-Erwärmenden.
    Es war leicht, über den Pelzverkleideten die großen Fittiche zu sehen, leichter als bei uns sprechenden, vorhabenden, scheinbar sogar denkenden Menschen. Leicht wie bei kleinen Kindern. Immer dasselbe, Essen, Verdauen, Schlafen, Bewegen, und der ganze irdische Kreislauf überirdisch erfüllt und umhüllt. Bei bester Konzentration zeigte sich etwas vom Eigentlichen auch in Erwachsenen; für diese Kleinen genügte der Alltagsblick. Leicht, sie zu lieben.

Rajko

    Seine Mutter saß freundlich und behäbig im Lärm einer englischen Ausstellung. In ihrer Reihe, bei den Bullmastiffs, bellte niemand, und was die andern Rassen taten, ging sie nichts an. Eine sandfarbene Matrone mit braunschwarzen Schlappohren und braunen, schwarzumrandeten Augen. Dunkle Augen waren jetzt Vorschrift, Allawas ausdrucksvoller Bernsteinblick hätte als Fehler gegolten; man muß sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher