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Allawa

Allawa

Titel: Allawa
Autoren: Unknown
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umgewöhnen.
    Diese Hündin, sagten ihre Besitzer, pflege im Schaukelstuhl fernzusehen. Sie sei sehr zärtlich, und in sechzig Tagen werde sie Junge haben. Wenn ich einen Sohn von ihr kaufte, würde er wohl auf meinem Schoß sitzen wollen; der Vater wiege siebzig Kilogramm. Unterdessen betrachtete sie mich tiefsinnig, anscheinend bereit, mir einen Sprößling anzuvertrauen. Ich legte die Hand auf ihren runden Schädel und nickte. »Gut, ich melde mich für einen Sohn an .« Wir machten ab, daß ich ihn holen würde, wenn er acht Wochen alt wäre, Ende August.
    Wir hatten auch andere Rassen in Erwägung ziehen wollen, neun Jahre nach Allawas Tod. Vielleicht einen Hund, den man mehr nebenbei halten könnte. Nicht zu klein, damit man sich nicht immer bücken muß; nicht langhaarig, damit er auch ohne viel Pflege und bei Regenwetter adrett aussieht; kein anspruchsvoller Läufer, der einen täglichen Zwang ausübt, und so fort. Zu guter Letzt kamen wir zu dem Schluß, daß einerseits jede Rasse irgendeinen Nachteil hat; der von vornherein ideale Hund ist noch nicht erfunden. Daß es andererseits keine Rasse gibt, von der wir nicht schon einen idealen Vertreter gesehen hätten. Daß man dritterseits überhaupt keinen Hund nebenbei halten kann — was für eine dumme Idee; entweder man bietet ihm die besten Möglichkeiten in jeder Hinsicht, oder man verzichtet. Und da sechzig Prozent aller Rassehunde physisch oder psychisch angeschlagen sind, ist jeder Kauf Glückssache, das beste wäre ein kluger, langlebiger Bastard.
    Also besuchten wir eine Ausstellung von Rassehunden und strandeten gleich bei den Bullmastiffs. Sie waren noch immer die durchsichtigsten für mich. Sollten wir mit unserem bestellten Kleinen Pech haben, so würde ich doch in seinem Gesicht lesen können, was in ihm vorging, und hoffentlich die richtigen Weichenstellungen für die mir vertrauten Geleise finden.
    Vorläufig sah es nicht nach Pech aus. Die Mutter lebte im Haus bei ihren Menschen, und der bevorstehende erste Wurf beschäftigte die Besitzer wie eigener Familienzuwachs. Der Vater gehörte zwar einem Berufszüchter, aber dieser Mann war mir warm empfohlen worden und wirkte vertrauenerweckend. Der Rüde selbst war ein Koloß , zweifellos gutmütig, vielleicht etwas dumm-redlich. Das genügte mir durchaus; lieber solche Redlichkeit als Genie oder Wahnsinn.

    Alles verlief nach Wunsch. Die Schaukelstuhlhündin warf pünktlich im Juni vier Junge, von den zwei Rüden wurde der » best boy « für uns bestimmt. Der andere hatte ein pechschwarzes Gesicht bis über die Stirn und einen angestrickten Schwanz, der unsrige war fehlerlos, kräftig, sehr schön goldrot. Wir gaben ihm den serbischen Namen »Rajko«: der aus dem Paradies Stammende.
    Als er acht Wochen alt war, holte ich ihn in einer Tragtasche. Während ich ihn schleppte, wobei sein krabbelndes Gewicht die Tasche nach vorn und hinten kippte, wiederholte ich mir keuchend, daß kein Opfer zu groß ist, um einem Welpen das Urvertrauen zu bewahren. Dafür nistete sich Rajko im Flugzeug behaglich ein, schlief durch und watschelte in Zürich-Kloten ohne Leine hinter mir über den Parkplatz. Im Wagen schlief er weiter, als wäre es die hundertste Fahrt mit uns.
    Er hatte den warmen August in England vorwiegend im Garten verbracht; bei uns spielte er noch gut zwei Monate in der Sonne. Als es zum erstenmal regnete, war er schon ein älterer, widerstandsfähiger Welpe. Alles denkbar günstig, und dazu seine ohnedies gesunde Konstitution. Immer wird doppelt genäht; mit der Erfahrung, die ich jetzt besaß, hätte ich wohl auch einen schwächlichen Winterwelpen wie Fingal besser kräftigen können, trotz schlechten Wetters, vielleicht sogar trotz minderwertigen Futters. Jedenfalls war es falsch gewesen, Fingal gekochten Haferbrei zu geben, zumal er vermutlich allergisch darauf reagierte; ein einziger Bauchwehanflug bei Rajko, im Zahnwechsel, wurde sofort mit Baumrinde, Honig und Fasten kuriert. Dann wieder die tägliche Trennkost, rohes Fleisch, Eier, rohe Flocken, reichlich Vitamine, Öl, Hundekuchen aus Seetang und Vollmehl. Aber zu Fingals Zeiten war das alles nicht zu haben, und von den rationierten Haferflocken dachten wir, daß sie gekocht ergiebiger wären. Armer Fingal .

    Während Rajko rundum gedieh, schmerzte es mich oft, daß seine Vorgänger bezahlt hatten, was ihm jetzt zugute kam. Lauter Gräber von Fehlern unter dem Rosengarten, in dem er unbefangen mit uns wandelte. Aber vielleicht war das
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