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Alicia

Alicia

Titel: Alicia
Autoren: Jude Deveraux
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Wächter standen im Zimmer.
    »Was fällt euch ein! « rief Alicia und rutschte noch tiefer ins Wasser.
    Sogleich erhob sich Rab von seinem Platz vor dem Zuber, bereit, sich auf die Wachen zu stürzen.
    Die Männer konnten höchstens einen Blick auf Alicia werfen, ehe sie von einer hundertzwanzig Pfund schweren, mit Reißzähnen bewehrten Hundemasse von den Beinen gerissen wurden.
    Morag griff nach einem dünnen Leinenhemd und warf es ihrer Herrin zu. Sie stand im Zuber und streifte es hastig über. Und als sie aus dem Wasser stieg, kam noch der Tartan hinzu, der ihre Gestalt mit einer Decke verhüllte.
    »Still, Rab! « befahl Alicia. Der Hund ließ sofort von den Männern ab und kam an ihre Seite.
    Die Wächter rappelten sich vom Boden auf und befühlten Schultern und Handgelenke, die mit den Hundezähnen Bekanntschaft gemacht hatten. Sie wußten nicht, daß der Hund nur tötete, wenn seine Herrin ihn dazu ermächtigte. Solange er seine Herrin nur verteidigte, fügte er keinen bleibenden Schaden zu. Die Männer hatten gesehen, wie der Zuber in Alicias Zimmer getragen wurde, und auch das Planschen gehört. Sie mißbrauchten Sir Thomas’ Befehl, um sich an ihrer Nacktheit zu weiden. Nun war sie von Kopf bis Zehen in einen karierten Schottenstoff gehüllt. Nur ihr Gesicht war noch zu sehen, das sich zu einem spöttischen Lachen verzog.
    »Was wollt ihr? « fragte sie.
    »Ihr sollt zu Sir Thomas kommen. Er erwartet Euch in seinem Arbeitszimmer«, sagte einer der Wächter mürrisch. »Und wenn Ihr noch einmal den Hund auf uns hetzt… «
    Sie schnitt ihm das Wort ab: »Wenn ihr noch einmal mein Zimmer betretet, ohne vorher anzuklopfen, gebe ich Rab Befehl, euch an die Gurgel zu springen. Und nun führt mich zu Sir Thomas. «
    Sie sahen von Alicia zu dem Wolfshund und drehten ihm dann vorsichtig den Rücken zu. Alicia folgte den Wachen hocherhobenen Hauptes die Treppe hinunter. Sie hütete sich, den Männern zu zeigen, wie wütend sie auf Stephen Montgomery war, der vier Tage zu seiner Hochzeit zu spät kam, um sie dann wie eine Leibeigene; vor sein Angesicht schleifen zu lassen.
    Als Alicia in die Bibliothek kam, wanderte ihr Blick von Sir Thomas zu dem Mann, der vor dem Kamin stand. Er war groß, doch zugleich unbeschreiblich schmutzig. Die eine Hälfte seines Gesichts schien geschwollen zu sein, und sie fragte sich, ob das ein bleibendes Gebrechen war. Sonst vermochte sie nicht viel von seinem Gesicht zu erkennen.
    Mit einem mal sah einer der Wächter eine Gelegenheit, sich an Alicia für den rüden Hundespaß zu rächen. Er trat auf den Saum des Schottenplaids und stieß sie nach vorn. Sie taumelte, und das Plaid entglitt ihren Schultern.
    »Du! « rief Sir Thomas mit donnernder Stimme, »wie kannst du dir diese Unverschämtheit gegenüber einer Lady erlauben! Wenn du morgen früh noch im Umkreis von fünfzig Meilen angetroffen werden solltest, wirst du baumeln! «
    Beide Wächter machten kehrt und verließen rasch den Raum. Sir Thomas bückte sich, um das Plaid aufzuheben.
    Alicia, die auf die Knie gefallen war, kam rasch wieder zur Besinnung. Sie stand auf, und da das nasse Hemd ihr am Leib klebte und nichts verbarg, versuchte sie mit den Händen das Wichtigste zu bedecken, bis sie auf Stephen aufmerksam wurde. Er lehnte nicht mehr unbeteiligt an der Kaminwand, sondern starrte sie selbstvergessen mit offenem Mund an. Seine Augen zeigten weiße Ränder und drohten ihm jeden Moment aus dem Gesicht zu fallen. Sie kräuselte verächtlich die Lippen, doch er schien es nicht zu bemerken. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich anzusehen, was sich unterhalb ihres Halses befand. Da preßte sie ihre Arme seitlich gegen den Körper und funkelte ihn an.
    Sir Thomas schien mit seinen gichtigen Händen Mühe zu haben, den Tartan aufzuheben und ihr über die Schultern zu breiten. Jedenfalls zog sich die Sache hin, bis sie endlich ihren Leib wieder in dicke Wolle hüllen konnte.
    »Nun, Stephen, willst du nicht deine Braut begrüßen? «
    Stephen blinzelte ein paarmal, bis er aus seiner Erstarrung erwachte. Er ging langsam auf sie zu. Sie mußte den Kopf etwas höher heben, um ihm in die Augen sehen zu können, obwohl sie wahrhaftig keine kleine Frau war. Im flackernden Licht der Kerzen wirkte sein Gesicht mit dem gestockten Blut und den Lehmfladen auf den Wangen geradezu gespenstisch.
    Er hob eine Haarlocke von ihrer Brust und befühlte sie mit den Fingerspitzen. »Habt Ihr Euch auch nicht täuschen lassen, Sir Thomas? «
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