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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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zurückkam, fasste er den Mut, zu einer psychologischen Beratungsstelle zu gehen. Dort half man ihm, zu seinen Gefühlen zu stehen. Nachdem Steve seine Ausführungen beendet hat, sehen wir uns lange schweigend an. Mit ein wenig Make-up könnte Steve eine sehr hübsche Frau sein, finde ich.
    »Wirst du dich operieren lassen ?« , will ich wissen.
    »Schätze schon. Erst mal mache ich den Alltagstest. Du weißt schon: mit Hotpants und Blondhaarperücke in Venice Beach shoppen gehen .«
    »Willst du dir mein Hard-Rock-Cafe-T-Shirt leihen ?« , biete ich an, aber Steve lehnt ab. Er hat sich geschworen, niemals so ein Teil anzuziehen. Es sei denn, es käme aus Kuala Lumpur.
    Kurz darauf bringt Steve mich zurück zum Hotel.
    »Warum sind alle Männer, in die ich mich verliebe, Frauen ?« , schluchze ich, als Steve mich vor meinem Zimmer in den Arm nimmt.
    Lange stehen wir regungslos und eng umschlungen im grün flackernden Licht des Exit-Schildes im Hotelflur. Sein Atem streichelt meinen Hals. Ich merke, dass ich noch immer in Steve verliebt bin.
    »Vielleicht ist es ja nur eine Phase ?« , frage ich vorsichtig nach.
    In mir keimt ein Fünkchen Hoffnung auf. Steve schüttelt den Kopf.
    »Nein. Leider nicht. Du wärst der einzige Grund auf der Welt, mich anders zu entscheiden. Aber ich bin mir sicher, dass es so das Richtige ist .«
    Ich starte einen letzten Versuch. Mit beiden Händen schnappe ich mir Steves Kopf, ziehe ihn zu mir herunter und gebe ihm einen Kuss auf die Lippen. Einundzwanzig, zweiundzwanzig,  dreiundzwanzig ... komisch. Das Kribbeln in meinem Bauch bleibt aus. Es ist ein bisschen, als hielte ich Ruth oder Nina im Arm. Steve schaut mich lächelnd an. »Wenn aus uns nochmal was werden soll, dann müsstest du schon lesbisch werden !«
    »Vergiss es !« , gebe ich zurück. »Brüste zum Dranrumspielen habe ich selber. Da musst du mir schon was anderes bieten !«
    Ups. Das war ja auch relativ schlagfertig. Wir lösen uns voneinander. Steve will noch etwas sagen, doch diesmal lege ich meine Finger auf seine Lippen.
    »Pssst! Es ist gut, so wie es ist .«
    Dann verschwinde ich in meinem Zimmer.
    Es ist der Nachmittag des folgenden Tages, als ich mich, noch immer gerädert, aus den Kissen pelle. Nina, Ruth und ich haben die ganze Nacht diskutiert und nach einer Möglichkeit gesucht, Steve für mich zurückzugewinnen. Außer Voodoo sind wir auf keine geeignete Lösung gekommen. Ich muss an Monica denken, meine Bekannte aus Beverly Hills. Alles ist ein großes Puzzle. Auch wenn ich im Moment nicht begreife, warum das Schicksal mir diese Affäre mit Steve untergejubelt hat, wird es vielleicht eines Tages doch für mich einen Sinn ergeben. Und sei es auch nur, dass das Schicksal uns nach Los Angeles bringen wollte, damit wir hier noch eine echt geile Woche Strandurlaub verleben. Mit Steve, Rita und Raymond zusammen machen wir ein paar Tagesausflüge nach Monterrey und Big Sur. Ruth holt sich in Cabrillo Beach den Sonnenbrand ihres Lebens, da sie sich aus ökologischen Gründen nicht eincremen will. Aber der stört sie überhaupt nicht. Was ist schon ein etwas erhöhtes Hautkrebsrisiko gegen die Lebenserfahrungen, die sie in den vergangenen drei Wochen gemacht hat. Sie hätte um ein Haar geheiratet und wäre um ein Haar massakriert worden. Davon kann man noch eine ganze Weile zehren. Auch Nina hat Konsequenzen aus den Erlebnissen des Urlaubs gezogen. Sie fühle sich viel selbstbewusster und werde sich von Markus nicht mehr so viel gefallen lassen.
    Die Ehe sei zu retten. Allerdings nur, wenn auch Markus an sich arbeite. Nina beschließt, nachdem sie ungefähr 1000 Fotos von schweißglänzenden Bodybuildern am Muscle Beach gemacht hat, ihren Gatten Markus zu Hause vor die Wahl zu stellen: Entweder eisenhartes Trainingsprogramm und 20 Kilo abspecken oder die Scheidung.
    Ich nehme mir vor, in Zukunft die Finger von Männern zu lassen, die romantisch oder einfühlsam sind. Ich werde nur noch Ausschau nach Goldkettchenträgern halten, die nichts Besseres zu tun haben, als im offenen Cabrio mit lauter Musik hundertmal am selben Eiscafe vorbeizufahren. Die haben zwar nichts in der Birne, aber auch keine weibliche Seite, die sie auf einmal entdecken könnten.
    Steve und ich verbringen noch einen letzten Abend zusammen. Candlelight-Dinner auf dem Ozeandampfer Queen Mary, die als schwimmendes Hotel und Restaurant im Süden von Los Angeles ihre letzte Ruhe gefunden hat. Der Stehgeiger, der unsere Vorgeschichte nicht kennt,
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