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Alice@Hollywood

Alice@Hollywood

Titel: Alice@Hollywood
Autoren: Ralf Bunzel , Andreas Gaw
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vielleicht, aber sonst...
    Eine Stunde später bin ich wieder in Beverly Hills unterwegs. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich wahrscheinlich niemals den Wahrheitsgehalt der Schilderungen meiner flüchtigen Bekanntschaft ergründen werde. Stattdessen widme ich mich wieder mit Feuereifer den Villen der Promis. Wäre schon geil, wenn man hier so eine Hütte hätte.
    »Guten Morgen, Arnie! Fährst du zum Bäcker? Kannst du mir ein paar Brötchen mitbringen ?«
    »Kein Problem«, würde Schwarzenegger dann erwidern und in seinen Monsterjeep steigen, »hasta la vista, Alice. Bis später!«
    Ich träume vor mich hin. Wenn ich Schauspielerin, nicht Online-Redakteurin geworden wäre, könnte ich jetzt auch auf die Poolparty von Jennifer Lopez gehen.
    »Where the fuck have you been? Hurry up, time is money !« , brüllt mich jemand an und reißt mich aus meinen Träumen und vom Gehweg herunter in einen Vorgarten. Ein schwarzer Mann mit Kopfhörern und Mikro zerrt an meinem Arm. Ehe ich irgendetwas fragen kann, drückt er mich auf einen Stuhl vor einem improvisierten Schminktisch. Eine hibbelige Zwanzigjährige fängt sofort an, mir Puder ins Gesicht zu stauben. Ich kriege keine Luft, muss husten. Die Maskenbildnerin unterbricht ihre Arbeit. Ich schüttle mit dem Kopf und will ihr erklären, dass hier offenbar eine Verwechslung vorliegt, doch der Puderstaub auf meiner Zunge lässt kein verständliches Wort an die Öffentlichkeit dringen. Die Kleine grinst  und schminkt mich weiter. Ich bin einer Ohnmacht nahe, jappse nach Luft und schaue mich um. Ein Filmteam ist hier bei der Arbeit. Scheinwerfer leuchten die Fassade einer Luxusvilla aus. Zig Leute, die sich alle wichtig vorkommen, wuseln in der Gegend herum. Zwei weitere junge Frauen jagen mir Unmengen von Haarspray in die Frisur. Ich höre den farbigen Kopfhörerträger mit einem anderen Mann mit Baseballmütze reden. Anscheinend der Regisseur. Im selben Moment steht der Meister auch schon vor mir. Er drückt mir eine Dose Birnenlimonade in die Hand, nickt mir aufmunternd zu. Offenbar hat er kapiert, dass ich zu viel Puder geschluckt habe und etwas sagen will. Dankbar reiße ich die Dose auf und nehme einen Schluck.
    »What the fuck are you doing?«, keift mich der Regisseur an.
    Sofort rupft er mir die Dose aus der Hand und schnipst mit den Fingern. Der Kopfhörertyp zaubert ein weiteres Getränk aus einer Kühltasche hervor. Der Chef erklärt mir, dass ich die Dose mit dem Schriftzug nach vorne in die Kamera halten soll, während ich aus dem Pool steige und dazu »this is the real taste - the pear explosion« säusele.
    »Dis ist eh riel tehst ... ahm yeah exploschen !« , würge ich hervor.
    Der Regisseur sieht mich an, als hätte ich eben verkündet, dass er schwul ist. Dann springt er auf und tobt wie ein Springteufel durch den Vorgarten. Welche Agentur ihm eine Deutsche geschickt hätte, will er wissen. Das sei ja wohl das Allerletzte. Ich fühle mich genötigt die Ehre aller Deutschen im Ausland zu verteidigen, und greife mir die Dose Birnensaft, mache ein paar Schritte nach vorn und fange an, ein Werbemodell für Limonade zu mimen.
    »Siss iss ehhh rieeeel teeehst ... oh yeah ... exploschen !« , intoniere ich in meinem allerbesten Amerikanisch und füge Monroemäßig noch ein »Puh puh Piduuuh« hinzu. Totenstille am Set. Ich rechne damit, dass der Regisseur jetzt eine Pistole zückt und mich über den Haufen ballert. Aber nichts dergleichen passiert. Endlich, nach jahrelangen Sekunden, fängt er an zu lachen. Ich sei die schlechteste Schauspielerin, die er je gesehen hat.
    Die Stimmung ist etwas entspannter. Endlich komme ich dazu, das Missverständnis aufzuklären. Ich fühlte mich zwar geschmeichelt, mit einer Hollywood-Schauspielerin verwechselt worden zu sein, erkläre ich dem Chef, aber ich sei nur Alice, ein deutsches Mädel auf der Suche nach der Liebe ihres Lebens. Der Regisseur lacht und wird zusehends freundlicher. Er entschuldigt sich für seinen übereifrigen Regieassistenten und stellt sich vor: Jeff David. Ich werde verrückt. Jeff David, der Werbefilmer, von dem Monica erzählt hat. Das gibt der Glaubwürdigkeit ihrer Geschichte einen erneuten Schub.
    Dann stellt sich heraus, dass das ursprünglich eingeplante Model tatsächlich nicht kommen wird, da sie einen Autounfall hatte. Für das Team heißt es also: abbrechen. Ein ganzer megateurer Drehtag fällt ins Wasser.
    »Ganz Los Angeles ist voller arbeitsloser Schauspieler, aber wenn man mal
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