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Alaska

Titel: Alaska
Autoren: James Albert Michener
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Wahrscheinlichkeit, dass es so kommen würde, war groß, aber noch ehe er sich zu dem äußern konnte, was in seinen Augen eine Tragödie war, fügte Poley eine Bemerkung hinzu, die endgültig seinen skrupellosen Charakter offenbarte: »Warum, meinen Sie, habe ich wohl die ganze Zeit so hart für die Genossenschaften gearbeitet? Nicht wegen des Geldes - jedenfalls nicht, nachdem ich einen satten Notgroschen zusammenhatte. Ich wollte rauskriegen, wie jede einzelne dastand, welche die einträglichsten Landgebiete besaß und wie die Chancen für einen Zusammenbruch standen. Ich habe nämlich gleich am ersten Tag erkannt, dass dieses wahnsinnige System, das der Kongress mit seiner Gesetzgebung hier eingeführt hat, dieses Jahrhundert nicht überleben würde. Und das bedeutete, dass der Landbesitz eines Tages in unsere Hände fallen würde, Leuten wie Sie und ich.«
    »In meine Hände nicht«, entgegnete Jeb fest. »Ich werde die Ureinwohner dabei unterstützen, den Kongress dazu zu bringen, die Gültigkeit des Landverteilungsgesetzes über das Jahr 1991 hinaus zu verlängern. Wir werden nicht zulassen, dass den Eskimos und den Indianern ihr Land weggenommen wird.«
    Poley wich zurück und musterte den jungen Mann, mit dem er auf vielerlei Weise freundschaftlich verbunden war, den er in den erlauchten Kreis der Kenner der Verhältnisse in Alaska eingeführt hatte, und er mochte einfach nicht glauben, was Jeb da von sich gegeben hatte: »Mein Junge, wenn Sie diesen Weg einschlagen, dann kreuzen sich unsere Klingen.«
    »Ich habe es vorausgesehen, Poley. Ich will, dass das Einzigartige an Alaska nicht verlorengeht, dass es ein modernes Märchenland bleibt. Sie wollen daraus nur ein zweites Südkalifornien machen.«
    »Sehen wir doch den Tatsachen ins Auge, mein Junge.« Und mit dieser Anrede, die er vor Jahren immer benutzt hatte, als er Jeb in Nordkanada kennenlernte, machte er den Abstand deutlich, der wieder zwischen ihnen entstanden war. »Was ist Anchorage denn anderes als San Diego North?«
    »Anchorage, darauf kann ich verzichten«, lenkte Jeb ein, »aber der Rest muss vor solchen Leuten wie Ihnen geschützt werden, alter Freund.«
    Poley lachte: »Unmöglich. Bei der nächsten Zählung wird sich zeigen, dass in Anchorage die Hälfte der Gesamtbevölkerung lebt. Dann werden die Repräsentanten in Juneau einfallen und anfangen, Gesetze zu erlassen, die das Land endlich in die Neuzeit überführen, werden wahrscheinlich sogar die Hauptstadt nach Anchorage verlegen, wo sie eigentlich schon seit langem hingehört.«
    »Je länger Sie reden, Poley, desto deutlicher wird mir, dass ich fast alles, was Sie Vorhaben, bekämpfen werde.«
    Wenn die beiden Streithähne ihr Radio eingeschaltet gehabt hätten, hätten sie jetzt eine dringende Durchsage von Giovanni Spada vernommen, die an alle Staaten entlang des Pazifik weitergegeben worden war: »Dies ist eine Tsunami-Warnung. Ich wiederhole, eine Tsunami-Warnung. Vor der Insel Lapak in den Aleuten ist es zu einem massiven Unterwasserbeben von der Stärke 8,4 auf der Richter-Skala gekommen. Alle Küstengebiete werden gewarnt, dass eine Flutwelle ...«
    Statt das Radio einzuschalten und die Durchsage zu hören, die sie mit Sicherheit vor weiteren Unternehmungen in dem gefährdeten Küstengebiet bewahrt hätte, waren die beiden ganz und gar eingenommen von den Bergziegen, die sich jetzt genau so verhielten, wie Poley es vorhergesagt hatte, aber bevor sie sich auf den letzten Abschnitt ihrer Jagd begaben, wollte Poley die politischen Differenzen, die auf einmal zwischen ihnen ausgebrochen waren, vergessen machen und wechselte urplötzlich das Thema: »Wissen Sie, was, Jeb, Ihre Bergziege ist im Grunde gar keine Bergziege, sondern eine Antilope mit falschem Namen.«
    Überrascht drehte sich Jeb um und blickte seinen zukünftigen Widersacher an: »Das hat mir keiner gesagt.« Er dachte einen Augenblick über diese seltsame Neuigkeit nach: »Wenn man die Ziege statt dessen Schneeantilope oder arktische Antilope genannt hätte, wäre sie für jeden Jäger wahrscheinlich noch mal so attraktiv gewesen.« Aber Poley brummte: »Für mich nicht. Ich hab’s lieber klar und deutlich.« Dann übernahm er wieder wie gewohnt die Führung, eine Rolle, zu der ihn seine Rücksichtslosigkeit prädestinierte. »Jeb, Sie müssen zielen, sobald sie hinter dem oberen Talrand auftauchen. Wenn sie erst mal über uns sind, haben wir unsere Chance verpasst .«
    Jeb, dem ein halbes Dutzend Ziegen entkommen
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