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Alarm auf Burg Schreckenstein

Alarm auf Burg Schreckenstein

Titel: Alarm auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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nur mit einem Blick zu streifen.
    „Zur Not geht es“, antwortete Sonja. „Bis auf das Halleluja.“ Die dünne Nase wurde noch dünner, der Mund darunter öffnete sich lippenlos, wie eine Spalte: „Gerade das Halleluja hat sich Bärbel gewünscht.“
    Sonja schaute die Kollegin gequält an: „Das könnte man ja über Band Zuspielen. Nur das.“
    Strehlau bekam eine steile Stirnfalte und schaute mißbilligend auf. Die Horn sah es und sagte, ohne auf den Vorschlag einzugehen: „Lassen Sie sich nicht stören, Fräulein Waldmann, machen Sie weiter. Ich hör mir’s von unten an.“
    Der Mund klappte zum Strich zusammen, und grußlos stieg sie die Treppe hinunter, schritt, während der Chor wieder von vorne anfing, langsam vor zum Altar, wo sie durch einen Bogen, im rechten Seitenschiff verschwand.
    „Lachen müßte ich, wenn die jetzt kämen“, flüsterte Klaus, der Witzbold, mitten in dem Choral „So nimm denn meine Hände“.
    Die dunklen Stimmen wackelten leicht, und Sonja mußte energische Armbewegungen machen, um sie wieder zu stabilisieren. Doch niemand lachte mehr, als die Treppe abermals zu knarzen anfing, und nicht mehr aufhörte zu knarzen. Oben tauchten die Vermißten auf, eine nach der andern, und sangen schon mit Unschuldsmienen mit, während sie sich auf ihre Plätze stellten. Niemand ließ sich ablenken oder flüsterte. Alle sahen zu Sonja auf, die den Finger von den Lippen nahm und die Stimmen mit schwungvollen, rhythmischen Bewegungen anfeuerte. Auch Strehlau, an der Orgel, konnte endlich zulegen und seine Stirnfalte glättete sich; der Gesang als Gemeinschaftserlebnis ergriff alle, riß sie mit und beim letzten Halleluja war selbst die Horn vergessen. Sonja malte den Abschlußkringel in die Luft, Strehlau zog die Hände vom Manual zurück, wie ein alter Kantor, der strahlende Schlußakkord verhallte und in die Stille sprach von unten die Grabesstimme: „Na endlich.“
    Die Mädchen ruckten, wie von einem Erdbeben geschüttelt; Beatrix drehte sich um und sah Stephan an, als sei der dafür verantwortlich, ein Augenblitz von Sophie traf Ottokar.
    Allein Mücke grinste allen ins Gesicht und sagte: „Willkommen in Wampoldsreute!“
    Wieder knarzten die Stufen, eine windschlüpfige Nase erschien, stieg höher und höher, Sopran und Alt wichen zurück, als wollten sie sich bei Tenor und Baß anlehnen, es gab kein Entrinnen.
    „So möchte ich das bei der Hochzeit hören“, sagte Fräulein Doktor Horn eisig. „Über die andere Sache sprechen wir uns noch.“
    Und in die Stille nach dieser Verkündigung tönte eine helle, junge Stimme: „Da gibt es nichts mehr zu besprechen.“ Mädchen wie Ritter hielten den Atem an. Beatrix sah die Horn an, als habe sie gar nichts gesagt und fuhr fort: „Es sei denn, Sie nehmen ihre Unterstellung zurück.“
    Jetzt machte sich die allgemeine Spannung in Gemurmel Luft.
    „Schneid hat sie!“ brummte Mücke.
    Doch was nützte das. Die Horn erwies sich als hart im Nehmen, sie ging überhaupt nicht darauf ein, sagte nur in einem Ton als spreche sie vom Wetter: „Um halb zehn Uhr seid ihr im Bett.“ Damit drehte sie sich um und stieg unter den verblüfften Blicken von Mädchen und Rittern die Treppe hinunter.
    Dann aber waren die Ameisen los, alle flüsterten, zischten, schimpften durcheinander, Renate, Irene und vor allem Konstanze, die mit Sonja im Wagen gekommen waren, drängten zur Heimfahrt. Sie wollten mit der Sache nichts zu tun haben. Ritter und Ausreißerinnen stritten immer heftiger über die Frage, woher die Horn wissen konnte, daß sie die Mädchen hier treffen würde.
    „Beni hat es ihr gesagt!“ schnatterte Esther.
    „Das ist schlecht möglich“, antwortete Andi. „Der stellt gerade einen Teil von sich der Wissenschaft zur Verfügung. Seinen Blinddarm.“
    Es bedurfte noch harter Worte, bis die Mädchen wenigstens halbwegs glaubten, daß entweder Mauersäge die Horn informiert haben könnte, oder daß sie aus freien Stücken gekommen sei, denn die Chorprobe war ja keine geheime Angelegenheit. Neugierig waren aber auch die Ritter.
    „Wo habt ihr eigentlich übernachtet?“ wollte Eugen wissen.
    „Na hier.“ Eva öffnete eine Tür in der Holzverkleidung neben der Orgel. In dem alten Notenkasten lagen zusammengerollt und gestapelt die Schlafsäcke der Mädchen.

    In der allerdümmsten Lage aber befand sich Sonja.
    „Tut mir einen Gefallen und kommt heute abend zurück“, wandte sie sich an Beatrix und Sophie. „Heute mittag habe ich noch
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