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Agrarwende jetzt

Titel: Agrarwende jetzt
Autoren: Franz Alt , Brigitte Alt
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Landwirtschaft. Der Zustand, dass an der Landwirtschaft mehr Geld verdient wurde als in der Landwirtschaft, kann dadurch überwunden werden, dass die Erzeuger und die Verbraucher biologischer Produkte enger zusammenrücken. Das Motto dieser neuen Kooperation muss sein:
    Aus der Region - für die Region.
    Mit Essen aus der Region können wir - ähnlich wie Weingenießer - Landschaften wieder schmecken lernen.
    Die Direktvermarktung als Vertriebsweg ist freilich immer nur für einen Teil der ökologischen Landwirtschaft die Lösung, wie der Erfolg des Ökolandbaus in Österreich und in der Schweiz zeigt. Dort spielen die Supermärkte beim Verkauf bereits die Hauptrolle. Das müsste in Zukunft auch in Deutschland so sein. Die Biobauern müssen lernen, zu ihren Kunden zu gehen und nicht darauf warten, dass immer mehr Kunden zu ihnen auf den Hof kommen. Auch bei Kooperationen zwischen Bauern, Verarbeitern, Händlern und Verbrauchern müssen neue Partnerschaftsmodelle entstehen.

9. »Therapie« bedeutet Ausrottung
    Die vergessene Landwirtschaft wird jetzt auf Grund von Seuchen und Krankheiten erneut zum zentralen Thema der Gesellschaft. Wir beginnen wieder, uns um die Fundamente unserer Ernährung zu kümmern - und um unsere Geschwister, die Tiere.
    Seit 1992 gilt in der Europäischen Union ein neuer Begriff von Tiergesundheit: Gesund ist nicht mehr das Tier, das ein eigenes Immunsystem gegen die Maul- und Klauenseuche (MKS) entwickeln kann, sondern nur das Tier, das frei von den Viren der Seuche ist. Heilversuche und Impfen sind jetzt verboten.
    Die neue »Therapie« heißt »Eradication« - Ausrottung! Erkrankte oder verdächtige Tiere müssen getötet und »unschädlich beseitigt« werden. Der Paragraph 14 der MKS-Verordnung schreibt Massentötung, Verbrennen und Desinfizieren vor, eine Strategie, der eine Kosten-Nutzen-Analyse zu Grunde liegt. Geimpfte Tiere dürfen nicht mehr exportiert werden. Sie sind zwar immun geworden, können aber Viren ausscheiden. Dieses rein ökonomische Interesse setzte sich gegen das Urteil vieler Tierärzte durch. Export und Profit waren wichtiger als die Tiere.
    Es war der Grundfehler der europäischen Agrarpolitik, einerseits die Landwirtschaft zu globalisieren und andererseits die Illusion von »Seuchenfreiheit« oder »Ausrottung« des Virus zu hegen. Die fortschreitende Globalisierung führt zwangsläufig zu Massentötungen, zur Ausrottung, wenn Impfen verboten bleibt.
    Diese Rechnung geht nicht einmal ökonomisch auf. Die britische Europaabgeordnete Caroline Lucas hat in der »Financial Times« vorgerechnet, dass Großbritannien jährlich eine Milliarde Euro durch den Export von Fleisch- und Milchprodukten verdient, aber in nur wenigen Wochen etwa 14 Milliarden Euro durch Verluste in Landwirtschaft und Tourismus eingebüßt hat. Der Schaden der Seuchen steht in keinem Verhältnis mehr zu den Exportgewinnen. Das Impfen eines Tieres hätte zehn Mark gekostet!
    Die Pleite der EU-Strategen wurde in Deutschland schon bei der Schweinepest deutlich. Tötung und Entsorgung der Tiere hatten zwischen 1993 und 1996 1,3 Milliarden Mark gekostet. Das Impfen wäre auf 50 Millionen Mark gekommen, um das 26fache preiswerter und tiergerechter.
    Die künftige Landwirtschaftspolitik der EU ist in der »Agenda 2000« beschrieben. Dort werden die Bauern dem Weltmarkt geopfert. Zur Globalisierung der Landwirtschaft heißt es schlicht, sie werde »von kaum jemand in Frage gestellt«. Auch der frühere Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke hatte seine Aufgabe so verstanden: »Agrarpolitik soll Landwirte für den Weltmarkt fit machen.«
    Ich habe Landwirte in einer Kreisbauernversammlung auf der Schwäbischen Alb einmal gefragt, was sie von dieser Politik halten. Die Reaktion war einhellig und eindeutig: »Der spinnt doch - wir wollen für unsere Region wirtschaften.« Oder: »Was soll ich als Bauer, der vierzig Hektar auf der Schwäbischen Alb bewirtschaftet, mit dem Weltmarkt anfangen?« Der aktuelle Wahnsinn hat natürlich seine Geschichte und seine Verantwortlichen.
    Bei einer Weltmarktorientierung der Landwirtschaft sind Entfernungsbeschränkungen bei Tiertransporten oder regionale Vermarktung oder tiergerechte Haltung lediglich Hemmnisse, die rasch beseitigt werden müssen. Hier ist der eigentliche Grund für den Widerstand gegen das Impfen zu suchen: Impfen schränkt Exportchancen ein. Techniken wie Fernsehen, Computer, Autos und Internet können zum Teil sinnvoll global entwickelt und produziert
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