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Äon - Roman

Titel: Äon - Roman
Autoren: Heyne
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dauerte länger, der Schmerz war größer.
    Einige Sekunden lauschte sie und glaubte, in der Ferne ein vertrautes Raunen zu hören, wie die Stimme des Winds oder das Rauschen des Meeres. Sie lächelte erneut. Die anderen waren ebenfalls wiedergeboren.
    Sie sammelte ihre Sachen ein, zog sich an, öffnete die Tür und trat nach draußen, in eine schmutzige Gasse. Eine streunende Katze verharrte, sah sie an, fauchte und lief fort.
    Sie öffnete die Handtasche, suchte darin und fand einen Ausweis. Das Bild zeigte sie, und ein fremdes Wissen half ihr, den Namen zu lesen. Als Yvonne Jacek kehrte sie in die Welt zurück.

6
    Hamburg
    S ag mal, Sebastian, hast du einen an der Waffel, verdammt?« Wolfgang Kessler, Chefredakteur von Zack! , deutete zur Uhr an der Wand. »Um zehn habe ich dich hier erwartet. Jetzt ist es fast zwölf!«
    »Tut mir leid, Wolfgang, ich …«
    »Es tut dir leid ?« Kessler knallte ein Bündel Ausdrucke auf den Schreibtisch und nahm Platz. »Hast du schon mal was von Redaktionsschluss gehört? Und hast du eine Ahnung, wie mein Terminkalender aussieht, verdammt?«
    »Ich hab die halbe Nacht am Computer gesessen und den Artikel geschrieben …«
    »Und du hast wieder gesoffen. Ich rieche deine verdammte Fahne bis hier!«
    »Früher am Abend, ein paar Bier, bevor es rundging«, sagte Sebastian. Aber er hatte auch später getrunken, nach dem Schreiben des Artikels, Bier und den einen oder anderen Whisky. Aus rein medizinischen Gründen, wie er sich sagte. Um die Kopfschmerzen zu bekämpfen. Das war ihm gelungen, aber er hatte verschlafen.
    Eine junge Frau sah zur Tür herein. »Der Verleger erwartet uns in einer halben Stunde, Wolfgang. Hallo, Bastian.«

    »Hallo, Susi. Schon wieder die Haarfarbe gewechselt?«
    Wolfgangs Sekretärin trat in die Tür, ließ das lange Haar - jetzt pechschwarz - zur Seite baumeln und machte eine Voilà-Geste. Dann sah sie Sebastian genauer an. »Fühlst du dich nicht wohl? Bist ziemlich blass.«
    Er verzog das Gesicht. »Kopfschmerzen, weiter nichts.« Den Kater ließ er unerwähnt.
    »Möchtest du einen Kaffee?«
    »Kaffee wäre nicht schlecht, danke.«
    Susanne schloss die Tür wieder.
    »Was soll das hier?« Wolfgang hatte den Stick in einen USB-Port des PCs auf seinem Schreibtisch geschoben, sah sich die Bilder an und griff nach dem Ausdruck. »Wo ist die verdammte Russenmafia?«
    »Du bist heute nicht gut drauf, wie?« Sebastian setzte sich.
    » Ich bin heute nicht gut drauf?« Wolfgang beugte sich vor und legte dabei beide Hände flach auf den Schreibtisch. »Du bist chronisch unpünktlich und lieferst deine Sachen immer auf den letzten Drücker ab. Mir reicht’s, Kumpel. Kennst du die Geschichte vom letzten Tropfen und dem Fass?«
    Sebastian schwieg.
    Susanne kam herein, brachte den Kaffee und ging wieder.
    »Ein demoliertes Auto«, sagte Wolfgang und sah auf den Monitor. »Ein komischer Typ … liegt auf dem Boden, offenbar tot. Und jetzt …« Er verzog das Gesicht. »Mann, das ist echt ekelhaft!«
    »Bin durch Zufall darauf gestoßen«, sagte Sebastian und nippte an dem Kaffee. Schwarz und ohne Zucker. Susi wusste, wie er ihn am liebsten trank. »Der Typ war absolut irre. Bin ihm quer durch Hamburg gefolgt, und dann richtet er seine
Pistole auf mich, und ich denke schon: fini. Aber dann jagt er sich selbst eine Kugel in den Kopf. Vollkommen ausgerastet der Kerl. Und weißt du was? Seine Ex ist praktisch zur gleichen Zeit übergeschnappt. Brachte ihre beiden Kinder und anschließend sich selbst um.«
    Wolfgang starrte auf den Monitor. »Ekelhaft«, wiederholte er. »Diese Bilder sind schlimmer als die letzten von der ermordeten Hure.«
    »Genau das, was deine Leser wollen.«
    Wolfgang Amadeus Kessler, in der Schule wegen seiner beiden Vornamen »Mozart« genannt, richtete kurz den Blick auf ihn und schien nicht genau zu wissen, was er von diesen Worten halten sollte. Er war wie Sebastian siebenunddreißig und seit mehr als zehn Jahren im Mediengeschäft tätig. Das Magazin Zack! war vielleicht nicht sein Lieblingsjournal, brachte dem Verlag aber mehr ein als die anderen, anspruchsvolleren Projekte, die er zu lancieren versuchte. Er war hager und sportlich - er lief fast jeden Tag eine Stunde -, doch der Zahn der Zeit begann auch an ihm zu nagen: Über der Stirn wurde das blonde Haar lichter, und den ersten Falten im schmalen Gesicht hatten sich in letzter Zeit weitere hinzugesellt.
    » Unsere Leser erwarten in dieser Ausgabe etwas über die verdammte
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