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Adams Pech, die Welt zu retten

Adams Pech, die Welt zu retten

Titel: Adams Pech, die Welt zu retten
Autoren: Arto Paasilinna
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Land herrscht eine Rezession.«
    »Die Rezession erfasst auch den schulischen Bereich, du brauchst dich gar nicht so aufzuspielen. Wir müssen am Lehrmaterial sparen und den Stundenrahmen erwei-tern. Verkauf diese Halle, dann bist du die Probleme los.«
    »Wenn du sie kaufst, meinetwegen.«
    Loittoperä ließ eine künstliche Lache hören. Er sei Lehrer, kein Akkuputzer, er habe seinerzeit eine anstän-dige Bildung erworben, die ihn zur Wahrnehmung ganz anderer Aufgaben befähige. »Versteh mich nicht falsch, aber bei Laura und mir liegen langsam die Nerven blank. Du bist einfach zu unzuverlässig mit deinen Zahlungen. Offen gesagt, gibt es auch ganz andere Methoden, Rückstände einzutreiben.«
    Der Sportlehrer machte mit der Hand eine Bewegung, die keinen Zweifel offen ließ, denn sie symbolisierte das Aufschlitzen der Kehle. Mit dem Daumen der anderen Hand zeigte er nach Osten. Mit anderen Worten, er versuchte anzudeuten, dass die russische Inkassomafia einen neuen Kunden bekäme, falls die Zahlungen aus-blieben.
    »Nichts für ungut, aber trotzdem«, sagte er und fixier-te Aatami, wobei er versuchte, seinem Blick einen mör-derischen Glanz zu verleihen.
    Aatami ballte die rechte Hand zur Faust und donnerte sie dem Sportlehrer ins Gesicht. Der Volksbildner prallte gegen die Wand und sank dann langsam auf den Boden des kleinen Raumes. Aatami hob ihn auf, umschlang ihn und trug ihn zum Auto. Den Zündschlüssel steckte er dem Mann in den Rachen, dann knallte er die Tür zu. Darauf kehrte er in sein Zimmer zurück und rauchte erst mal eine Zigarette. Die Knöchel seiner rechten Hand waren aufgescheuert und rochen nach Lehrer. Aatami wusch die Hand. Er hörte, wie draußen das Auto gestar-tet wurde, dann entfernte es sich. Gut so.
    Das war eine spontane und primitive Reaktion gewesen, sagte sich Aatami, als er über sein Verhalten nach-dachte. Die Stromkurve des Gehirns hatte eine bestimmte Toleranzgrenze überschritten. In der organischen Elektrochemie lassen sich plötzliche Strömungen nur äußerst schwer eindämmen, konstatierte er. Das Gehirn funktioniert ganz ähnlich wie ein Akku. Es hatte sich zu stark aufgeladen, und das hatte zwangsläufig zu einer Entladung, zum Faustschlag gegen den Widersa-cher, geführt. Wenn man für diese Erscheinung die chemische Formel fände, könnte man sich vielleicht besser beherrschen, aber war das überhaupt in jeder Situation notwendig?
    Es dauerte eine Weile, bis sich Aatami beruhigt hatte.
     

Fünf
     
    Aatami saß in seinem Büroverschlag und kritzelte komplizierte elektrochemische Formeln. Er versuchte, in der Theorie, auf dem Papier, den Zusammenhang zwischen organischer Chemie und Elektrolyse herzustellen. Was Gerichtsvollzieher Juutilainen da über den Einsatz von Leberauflauf oder irgendeiner anderen zufälligen organischen Pampe bei der Polarisation bemerkt hatte, ging natürlich an sich überhaupt nicht, Aatami kannte einfach die chemische Formel des Materials nicht. Trotzdem hatte dieser amateurhafte Gedanke einen ungeheu-ren Reiz. Was Aatami bei Lignin, Wasserstoff und alkali-schem Fett errechnete, brachte, angewandt auf die vom elektrischen Strom verursachte Elektrolyse, verblüffende Ergebnisse. Aatami beschloss, seine chemischen Berechnungen in der Praxis auszuprobieren.
    Zwei Wochen lang schuftete Aatami fast Tag und Nacht in seinem Labor. Er war wie ein Dichter mit heiß-gelaufenem Gehirn, wie in Ekstase, kam fast ohne Essen und Trinken aus. Seine Erfahrungen aus den letzten Jahren waren ihm jetzt bei den neuen Experimenten von großem Nutzen. Er hatte ernsthaft das Gefühl, endlich den Durchbruch zu schaffen. Wissenschaftlich gesehen schien die organische Chemie ein Unding zu sein, doch in der Praxis funktionierte sie trotzdem. Das Erstaun-lichste war, dass man den Strom in dem organischen Akku, anders als bei den herkömmlichen Zinkakkus, blitzschnell speichern und ihn ebenso schnell wieder daraus entnehmen konnte.
    Je mehr sich Aatami der schwindelerregenden Lösung näherte, desto eifriger arbeitete er, gab sich ganz und gar seinen wild galoppierenden Gedanken hin. Er spürte den mächtigen Strom der Genialität aus seinem Gehirn aufs Papier fließen, wo er einen weiten See bildete und schließlich ein uferloses Meer der Schöpferkraft, dessen göttliche Wogen mit nimmermüder Kraft an die Uferfelsen der Realität schlugen. Der Geist erhob sich in himmlische Höhen, flog hinauf ins All, hinter die Sterne, und dann wieder bohrte sich die Phantasie mit
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