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Adams Pech, die Welt zu retten

Adams Pech, die Welt zu retten

Titel: Adams Pech, die Welt zu retten
Autoren: Arto Paasilinna
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großartiges Gefühl gewesen, endlich eine richtige Reise anzutreten, weg von der Welt und in den Kosmos zu gelangen, ganz auf sich allein gestellt zu sein.
    Als Aatami in der Kapsel lag und die französischen Startkommandos hörte, sagte er sich, dass er darauf sein Leben lang gewartet hatte, auf diesen göttlichen Moment, da er sich von den Fesseln der Erde befreit und in Höhen saust, in denen es kein sonstiges Leben gibt. Als sich die Rakete von der Startrampe löste und mit zunehmender Geschwindigkeit in die Höhe raste, als sich der ganze Körper gegen die Lederriemen des Sitzes presste und sich das Gehirn zusammenzuziehen schien, da fühlte sich Aatami als glücklicher Mann. Er verspürte keine Angst, dafür war die Geschwindigkeit der Trägerrakete zu groß, auch eine Gewehrkugel fürchtet sich ja nicht. Aatami wusste, dass sich nie jemand würde vorstellen können, wie sich dieses abrupte Lösen von der Menschheit, der Erde, der ganzen Welt, wirklich anfühl-te.
    Es war geplant, dass Aatami nach zwei Wochen auf die Erde zurückkehren und eine Austauschmannschaft die Kapsel übernehmen sollte. In der Kapsel befand sich Nahrung und die entsprechende Menge Flüssigkeit, beides notfalls für ein ganzes Jahr, in dieser Hinsicht bestand keine Not, aber die Austauschmannschaft war nicht gekommen, um den Akkufabrikanten abzuholen. Es waren ernste technische Probleme aufgetreten, die Kapsel war auf die falsche Umlaufbahn geraten, ihr Andockgerät streikte. Es war zu befürchten, dass Aatami Rymättylä nie mehr in seine eigene Welt zurückkehren könnte.
    Er saß allein in der Weltraumkapsel und blickte durch das runde Pressglasfenster auf die Erde hinab. Das Fahrzeug, in dem er sich befand, war eng, nur für zwei, drei Männer gedacht. Aatami starrte wohl schon zum tausendsten Mal auf die Erdkugel, immer wieder hatte sich das gnadenreiche Muttergesicht Finnlands ihm zugewandt. In Abständen von mehreren Stunden hatte sich die Dunkelheit wie ein Vorhang über Land und Meer gelegt, wieder und wieder, und jetzt war Weihnachten.
    Aatami betrachtete die nördliche Halbkugel, die gera-de in die blaue Dämmerung des Heiligabends eintauch-te. Dort lag das große Finnland in seinem Mantel aus Schnee, und die Kerzen, die in den plumpen Händen Hunderttausender Schneemänner steckten, flammten auf und beleuchteten das Land von Nord nach Süd. Es war bis in den Weltraum hinauf zu sehen: Die Schneemänner, von den Arbeitslosen gebaut, schickten ihren Gruß zu Aatami hinauf, der in seiner lautlosen Kapsel als Gefangener des Kosmos durch die unendliche Dunkelheit des Sternenhimmels sauste.
    Der Satellit flog an den kleinen Inseln Japans vorbei, in Tokios Bankgewölben lagerten Aatamis Milliarden aus den Lizenzen, aber er selbst flog hier herum, ins All geschleudert, der vielleicht reichste Mann der Welt, dessen Geld für ihn selbst keine Bedeutung mehr hatte.
    Andererseits: lieber steinreich im Weltraum als bettelarm in Tattarisuo.
    In einer kleinen Tokioter Hochhauswohnung schaute die ehemalige Milchkönigin Tellervo Javanainen-Heteka wehmütig zum Himmel, schwanger auch sie, auf Sibirisch. Ihr Mann wunderte sich, warum seine finnische Frau nicht hereinkam, immerhin feierte man Weihnachten, das größte Fest der Bewohner des Westens.
    Und es geschah, dass sich der sizilianische Profikiller Luigi Rapaleore mit seiner Familie zum Besuch der Weihnachtsmesse anschickte. Seine Frau, die bereits ein wenig mollig gewordene Maria, schob durch die Gassen des kleinen Dorfes einen Rollstuhl, in dem Luigi mit ausdrucksloser Miene saß. Er hielt die Hand der kleinen Maria, die erst fünf Jahre alt war, und als die drei in die Kapelle kamen, schob die Mutter den Rollstuhl ihres Mannes nach katholischem Brauch an den geschmück-ten Altar. Dort war eine Darstellung der heiligen Familie aufgebaut, das kleine Jesuskind lag in den Armen seiner Mutter, daneben standen der ernst blickende Joseph und ein paar Esel, im Hintergrund die drei Weisen aus dem Morgenland. Luigi entzündete eine Kerze und steckte sie in den Halter. Dann reichte er seiner kleinen Tochter einen Metallgegenstand, der in prächtiges Bon-bonpapier eingewickelt war und den sie in die Krippe zwischen das Stroh stecken sollte. Es handelte sich um ein feinmechanisches Gerät, das an der Seite den Auf-druck »Made in France« trug und das ein wichtiges Teil des Steuermechanismus von Aatami Rymättyläs Rakete war. Mit unbewegter Miene nahm die Jungfrau Maria das Geschenk ihres Sohnes
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