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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
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Beamten zum städtischen Krankenhaus gebracht und dort einem medizinisch einwandfreien Alkoholtest unterzogen. Der Test ergab einen Wert von 1,2 Promille, und Oskar Zauner atmete auf, denn von Trunkenheit am Steuer konnte keine Rede sein.
    Dachte er...
    Seine Sorge, er werde die Nacht in Polizeigewahrsam verbringen müssen, war unbegründet. Der Wachtmeister ließ ihn heimgehen. »Ich würde mich an Ihrer Stelle ein wenig um den Radler kümmern, Herr Zauner«, sagte er, bevor er in sein Fahrzeug stieg. »Der Mann heißt übrigens Knell — Robert Knell. Meine Kollegen haben ihn in der chirurgischen Abteilung abgeliefert. Ein paar Blümchen machen immer einen guten Eindruck. Auch später, bei der Verhandlung...«
    Es war neun Uhr abends, als er endlich die Wohnungstür aufsperrte. Die Kinder schliefen schon. Seine Frau machte sich, wenn er mit dem Auto unterwegs war, immer Sorgen um ihn. Mein Gott, es passierte so viel auf den Straßen...
    »Endlich!« rief sie ihm entgegen, »die Bratkartoffeln sind natürlich eiskalt geworden.«
    Minutenlang spielte er mit dem Gedanken, Hertha überhaupt nichts zu erzählen, aber natürlich sah sie ihm an der Nasenspitze an, daß etwas schiefgegangen war. Am meisten empörte sie, daß die Polizei ihm den Führerschein abgenommen hatte. Sie kannte ihn lange genug, um beurteilen zu können, ob der genossene Alkohol bei ihm Wirkung zeigte. Ihrer Ansicht nach war er strohnüchtern.
    »Aber sag die Wahrheit, Ossi, sag es mir ganz offen und ehrlich: Hast du den Radler angefahren oder nicht?«
    »Ich schwöre dir, daß ich ihn nicht angetippt habe!«
    »Dann brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen.«
    »Und was ist mit dem Führerschein?«
    »Den wirst du zurückbekommen, Ossi. Du darfst nur nicht den Mut verlieren!« Sie wandte rasch das Gesicht ab, um ihn nicht merken zu lassen, daß ihr die Tränen über die Wangen liefen. Der Führerschein! Erst in diesem Augenblick begriff sie wirklich, was dieses Stückchen Papier für die Familie bedeutete. »Und wir haben ja auch noch den Lieferwagen. Wenn alle Stricke reißen, nimmst du dir eben jemand, der dich zur Kundschaft fährt. Das ist schließlich nur eine Kostenfrage.« Und sie hatte immer die Meinung vertreten, daß Probleme, die sich mit Geld lösen ließen, keine echten Probleme waren.
    Er winkte ab. Das hatte Zeit. Ihn beschäftigte der Rat, den der freundliche Wachtmeister ihm gegeben hatte.
    »Der Mann, den ich angefahren haben soll, heißt Knell. Er liegt in der chirurgischen Abteilung vom städtischen Krankenhaus.«
    »Da lag auch unser Rudi, als sie ihm den Blinddarm entfernten. Der Oberarzt heißt Dr. Süßenguth , falls es noch der gleiche ist. Ein netter Herr...«
    »Der Wachtmeister meinte, ich sollte dem Knell ein paar Blumen schicken. Aber ich finde, wenn es fünf Nelken sind, sieht es popelig aus, und wenn es mehr sind, denkt er womöglich, daß man um gutes Wetter bittet. Ob ich ihm nicht doch lieber eine Flasche Rotwein schicke?«
    »Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, murmelte sie und zog die Nase kraus, »sieht das nicht aus, als ob du dich schuldig fühlst?«
    »Auf jeden Fall habe ich ihn durch das Hupen erschreckt.«
    »Auf dem Rad soll man auch nicht schlafen.«
    »Du meinst also, ich soll es lieber bleiben lassen?«
    »Das mußt schon du entscheiden.«
    Über Nelken oder Rotwein, und über Schicken oder Nicht-Schicken, über Krankenbesuch oder Daheimbleiben redeten sie die halbe Nacht.
    Am nächsten Vormittag ging Oskar Zauner in das Blumengeschäft um die Ecke, erstand sieben rosa Nelken und ließ sie Herrn Knell ins Krankenhaus schicken. Mittags läutete es, und das Lehrmädchen aus der Blumenhandlung stand vor der Tür, hielt die Nelken in der Hand und sagte, die Blumen seien ihr nicht abgenommen worden. Sie machte dabei ein so merkwürdiges Gesicht, daß Hertha Zauner sie fragte, was denn geschehen sei. Die Kleine stotterte ein Weilchen herum, und dann kam es heraus, daß Frau Knell die Blumen mit der empörten Bemerkung zurückgewiesen habe, von Autogangstern und Verbrechern nähme ihr Mann keine Geschenke an.
    Frau Zauner zitterte vor Wut. Das hatte ihr Mann nun von seiner Gutmütigkeit! Sie nahm die Kleine in die Wohnung, fütterte sie mit Pralinen und setzte ein Protokoll über den Vorfall auf, das sie von dem Mädel unterschreiben ließ.
    »Und damit gehst du zu Rechtsanwalt Schlüter!« rief sie, als ihr Oskar niedergeschlagen und mutlos von den vergeblichen Gängen zur Polizei und zum Amtsgericht
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