Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
daheim erschien. Der Wagen war beschlagnahmt, man hatte ihm nur gestattet, die Ladung daraus zu entfernen.
    Dr. Schlüter war der Anwalt, der ihn in seinen kleinen Rechtshändeln mit zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Kunden seit einigen Jahren vertrat.
    »Ach, Hertha«, meinte er kopfschüttelnd, » laß es gut sein. Was das dumme Frauenzimmer gesagt hat, will ich ihrer Erregung ankreiden.«
    »Gangster!« rief sie zornig. »Verbrecher! Willst du dir diese Gemeinheiten gefallen lassen?«
    Er streichelte ihre Schulter: »Na, Hertha, nun sei mal ehrlich, was hättest du an ihrer Stelle getan, wenn ich mit gebrochenen Knochen im Krankenhaus läge? Wie ich dich kenne, wärst du auch nicht besonders vornehm gewesen — oder?«
    Sie schluchzte: »Es war ein Blödsinn, wir hätten uns diese verdammten Blumen sparen sollen!« Und sie fegte die Nelken vom Tisch herunter.
    Aber Schatz, die Blumen können doch nichts dafür...«
    »Ich kann sie nicht mehr sehen!« sagte sie wild. Aber sie hob sie dann nach einer kleinen Weile doch auf und tat sie in eine Vase. Es waren wunderschöne, langstielige Nelken. Die Karte, die Oskar Zauner beigefügt hatte, steckte zwischen den Blüten: »Mit den besten Wünschen für baldige Genesung!« Er zerriß sie. Nein, er hatte nicht die Absicht, gegen Frau Knell eine Beleidigungsklage anzustrengen. Er verlor kein weiteres Wort über diese Geschichte, aber er wußte, daß mit der schroffen Ablehnung der Blumen der erste Schritt auf einem Weg zurückgelegt war, der zu nichts Gutem führte. Nachmittags ging er zu seinem Anwalt.
    »Na, Väterchen Zauner«, sagte der joviale Dr. Schlüter gemütlich und schob seinem alten Klienten Zigaretten hinüber, »wem sollen wir heute auf die Birne hauen? Einem von unseren alten Stotterbrüdern? Oder geht’s um was anderes? Sie machen ja so ein miesepetriges Gesicht...«
    Aber er bekam selber einen verkniffenen Zug um den Mund, als Oskar Zauner ihm seine Geschichte erzählte. Es war sonst nicht seine Art, sorgenvoll dreinzuschauen, wenn seine Klienten ihm ihre Anliegen vorbrachten, nicht einmal dann, wenn sie faul rochen.
    » Zaunerchen , Mann Gottes«, sagte er schließlich, »das ist eine üble Schweinerei, in die Sie da hineingeschlittert sind. Und ich fürchte, Führerscheinentzug und Beschlagnahme des Wagens sind erst ein kleiner Vorgeschmack von dem, was Sie eventuell noch zu erwarten haben. Wer ist der Mann, und vor allem, was ist der Mann, der Ihnen vor den Wagen gefallen ist?«
    »Er heißt Robert Knell, und das ist auch alles, was ich von ihm weiß.«
    Dr. Schlüter läutete die Zentralverwaltung des Krankenhauses an. Er machte sich während des Gesprächs einige Notizen und wußte nach drei Minuten, was er zu wissen wünschte. Herr Knell war fünf und vierzig Jahre alt und von Beruf Graveur in einer Druckanstalt. Neben einer Fraktur des rechten Unterarms hatte er bei dem Unfall auch eine Gehirnerschütterung erlitten, die höchstwahrscheinlich auf einen leichten Schädelbruch zurückzuführen war. Das Röntgenbild zeigte einen kleinen Bluterguß innerhalb der Schädelkapsel, während die eigentliche Frakturstelle nur undeutlich zu erkennen war und neue Aufnahmen erforderte. Als Dr. Schlüter den Hörer auflegte, sah er noch düsterer aus als vorher.
    »Und was hat die Blutprobe ergeben, Herr Zauner?«
    »1,2 Promille«, antwortete Oskar Zauner bedrückt. Er hatte nur Teile des Telefongesprächs mitbekommen, aber was er gehört hatte, genügte, um ihm den Schweiß auf die Stirn zu treiben.
    »In welchem Güterstand leben Sie mit Ihrer Frau?«
    »Im gesetzlichen — noch immer«, stammelte Oskar Zauner.
    »Mann!« trompetete Dr. Schlüter, »habe ich Ihnen nicht mit Engelszungen gepredigt, daß Sie das ändern sollen? Jetzt haben wir den Salat. Jetzt sitzen wir in der Tinte. Aber gründlich!« Daß er >wir< sagte, bedeutete durchaus nicht, daß auch er in der Tinte saß.
    »Fragt sich nur noch, was Sie besitzen. Ihre Vermögenswerte, Herr Zauner, schön der Reihe nach...«
    »Ein Bauplatz...«
    »Über den Daumen gepeilt wieviel wert?«
    »So um die dreißig Mille... Und ein Bausparvertrag über sechzig Mille. Zwanzig davon sind eingezahlt. . .«
    »Auch eine Lebensversicherung?«
    »Natürlich, in meinem Beruf... Zwei Policen, eine über fünfzig und eine über dreißig Mille. Die fünfzig werden fällig, wenn ich sechzig bin, und die dreißig bei fünfundsechzig...«
    »Sonst noch was?« fragte der Anwalt und blies eine gewaltige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher