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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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zusammen. Es scheint so, als hätte sie ihn zu seiner Tante in Beaufort West gebracht. Aber dann waren wir vor ein paar Tagen dort und fanden Sam auf der Straße herumirrend. Er sagt, seine Tante könne ihn nicht aufnehmen. Zuerst hat sie es Ihrer Tochter zuliebe getan, aber sobald Laura fort war, hat ihn seine Tante auf die Straße geworfen, in einer Stadt, wo er niemanden kennt. Wir haben ihn einfach auf der Straße gefunden.‹ Ich fragte sie, wo Laura jetzt war, und sie sagten, das könnten sie mir nicht sagen, weil sie es selbst nicht wüssten. Stimmt das mit deiner Erinnerung überein?«
    »Mehr oder weniger«, sage ich. »Aber Sie kennen nicht die ganze Geschichte. Die beiden haben das erfunden. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch gar nicht bei meiner Tante gewesen.«
    »Wir kommen darauf zurück. Im Moment ist wichtig, woran ich mich im Zusammenhang mit diesem Tag erinnere. Ich fragte die beiden, warum sie dich ausgerechnet zu mir gebracht haben. Wieder sprach Timothy. Er erklärte, weil du mit meiner Tochter zusammen gewesen seist, hätten sie gedacht, ich könne mit dir verwandt sein. ›Zuerst haben wir tatsächlich gedacht, Sam sei Lauras Sohn‹, sagte Timothy, ›doch sie hat uns gesagt, das sei nicht der Fall. Aber vielleicht ein Cousin, haben wir gedacht, ein Neffe oder Cousin. Und weil sie uns gebeten hat, diese Papiere zu Ihnen zu bringen, wenn es uns möglich sei, haben wir gedacht, Sie wüssten, was mit Sam geschehen soll.‹ Ich schaute dich an, streng, wie ich jetzt glaube, und ich wusste, du warst kein Verwandter. Du warst nicht der Sohn meines Sohnes, nicht das Kind meiner Cousinen oder ihrer Kinder. Du hast mich mit einem so leeren Blick angestarrt, Sam, mit diesen toten Augen, die ich sogar jetzt in Momenten sehe, wenn du an etwas anderes denkst und glaubst, keiner bemerke es. Auf deinen schlaksigen Armen waren blaue Flecken. Deine Haare waren lang und ungepflegt, und obwohl zu sehen war, dass du dich gerade gewaschen hattest, sahst du aus wie einer, der vorher lange schmutzig gewesen war, wie ein Landstreicher oder ein Herumtreiber. Staubig und aschgrau.«
    »Wissen Sie noch, was Sie dann gesagt haben?«
    »Ja. Und ich habe es seitdem bereut. Es ist nur ein Punkt in der langen Liste der Dinge, die ich bereue. Ich habe gesagt: ›Ich bedauere, den Jungen kenne ich nicht. Er ist nicht mit mir verwandt. Kennst du mich, mein Junge?‹ Du hast den Kopf geschüttelt und dich fest, so fest an Lionels Hand geklammert. Und Timothy hat gefragt, als könnte er meine Kaltherzigkeit nicht glauben: ›Er gehört nicht zu Ihrer Familie? Sie haben keine Verpflichtung?‹«
    »Und Sie haben gesagt: ›Nein, tut mir leid. Ich habe keine Verpflichtung. Er hat nichts mit mir zu tun. Ich kenne ihn nicht. Ich kann nicht erklären, wieso er zu meiner Tochter gekommen ist. Mein Junge, kannst du uns sagen, wie du zu meiner Tochter gekommen bist?‹ Das haben Sie gesagt.«
    »Ich habe die Worte nicht ganz so im Gedächtnis«, sagt Clare und berührt meinen Arm, »aber egal. Unsere Versionen sind nah beieinander. Und du, als ich dir diese harte Frage stellte, hast nur den Kopf geschüttelt. Du hattest nichts zu sagen. Erzähl es mir jetzt, wenn du kannst. Erzähl mir, was du weißt.«
    Diese Herausforderung kann ich nicht unbeantwortet lassen. Ich hatte etwas zu sagen und habe es immer noch. Ich erzähle Clare also die Wahrheit über das, was geschehen ist, über meine idealistischen Eltern, ihre Freundschaft mit Laura, über ihren Tod und den Trauergottesdienst, dass ich Clare und ihren Mann dort gesehen habe, das Versprechen, das er gemacht hat, das Versprechen, das Laura selbst gemacht hat, dass ich, wenn ich etwas brauche, nur darum bitten musste. Während ich Clare das alles erzähle, wird ihr Gesicht lang, gerät außer Fassung.
    »Es ist doch nicht möglich, dass du Peters und Ilses Sohn bist? Das ist doch nicht möglich. O Gott«, ruft sie, meine Hand nicht beachtend und sich von mir abwendend. Sie entdeckt eine Bank und lässt sich darauf fallen. »Das habe ich nicht gewusst. Ich habe geglaubt, du wärst bloß ein Junge, der meiner Tochter zugelaufen ist. Schon dabei habe ich mich schlecht genug gefühlt. Und nun. O Gott!«, ruft sie aus. Ein Mann auf der anderen Straßenseite dreht sich um, weil er wissen will, was los ist, doch Clare bekommt nichts mit. »Ich habe nicht begriffen, dass du wichtig warst. Aber wie sollte ich auch? In meiner Erinnerung gab es zwei Jungen – den schmutzigen Jungen an der Tür
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