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Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig
Autoren: Robert Gordian
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leiden. Warum nur?“
    „Weil er der Gefährlichste ist, dieser Herzog von Franken. Man sieht es ihm nicht an. Er liebt die Geselligkeit bei Tische, den |11| Scherz unter Männern, sein Lachen ist ansteckend. Niemals werde ich so beliebt sein wie er, so unbefangen unter meinen Leuten umhergehen, diesem auf die Schulter klopfen, jenen umarmen … Mein Vater konnte das auch, nicht so gut wie er, doch er konnte es. Ich kann es nicht. Mich durchzuckt gleich ein Schauder, wenn mir nur jemand zu nahe kommt und mir seinen stinkenden Atem ins Gesicht bläst.“
    „Er ist nun mal nicht so empfindsam wie du“, sagte die Königin nachsichtig. „Aber deshalb ist er noch nicht gefährlich.“
    „Oh nein!“, sagte Otto höhnisch. „Er ist nur ein lieber, unterhaltsamer älterer Herr! Da ist er schon wieder umringt, erzählt eine seiner Geschichten und alles biegt sich vor Lachen. Auch die Pfaffen – und sogar meine Sachsen.“
    „Du beneidest ihn.“
    „Ich misstraue ihm. Er will König werden.“
    „Das ist doch Unsinn!“
    „Oh nein! Er will es noch immer. Er wollte es schon vor achtzehn Jahren, als sein Bruder starb, König Konrad. Doch diesem frömmelnden Schwächling gelang am Ende seiner kurzen Regierung noch eine gute, die rettende Tat – er verhinderte es. Und er gab ihm auf dem Sterbebett einen Befehl. Ich kann mir vorstellen, wie sich der eitle Eberhard sträubte. Aber was hatte er vorzuweisen? Nichts. Sein einziges Heldenstück war die blutige Niederlage an der Eresburg gegen das Aufgebot meines Vaters. Aus Regensburg, wo er kurze Zeit Präfekt von Bayern war, wurde er fortgejagt. Du bist nicht mächtig und nicht fähig genug, sagte Konrad, du bist wie ich, hast nicht das Königsheil, bist kein Sieger. Es würde dir schlimmer ergehen als mir, du würdest in kurzer Zeit alles verlieren – das Reich, dein Herzogtum, dein Leben, alles. Deshalb reite zu Heinrich, dem Sachsenherzog, dem Stärksten, bringe ihm die
insignia regis
und sorge dafür, dass er zum König gewählt wird. Was ging da in diesem Eberhard vor? Sein Ehrgeiz kämpfte mit seinem Kleinmut – sein Kleinmut gewann und er gehorchte. Bereute es aber, bereute es bitter, das weiß ich zuverlässig! Das hat er mal, als er bis zum Rande mit Bier gefüllt war, dem Gero gestanden.“
    Otto stieß ein verächtliches Lachen aus. Edgith hatte ein paar Mal geseufzt, denn sie kannte die Geschichte ja längst. Ehe sie aber etwas entgegnen konnte, neigte der König sich wieder ihrem Ohr zu und fuhr fort: „Er fürchtete sich vor meinem Vater, nur deshalb |12| verhielt er sich ruhig, nur deshalb! Mit mir ist es anders, mich fürchtet er nicht. Wie er mir heute Morgen beim Schwur in die Augen sah – da war ein Lauern, da war auch eine versteckte Drohung. Als wollte er sagen: ‚Warte nur ab! Dein Vater hat rechtzeitig dafür gesorgt, auf dem Hoftag in Erfurt, dass du sein Nachfolger wurdest. Da war nichts zu machen, das mussten wir schlucken. Aber nun ist der starke Heinrich tot. Nun wollen wir sehen, wie weit es sein Söhnchen ohne ihn bringt!‘ Er wird es versuchen, und zwar bald! Er ist mehr als fünfundzwanzig Jahre älter als ich, über fünfzig, ein hohes Alter. Lange wird er also nicht warten, er hat keine Zeit. Und nur mein Tod kann ihm seinen Wunsch noch erfüllen.“
    „So schweig doch, Odda! Ich will das nicht hören!“
    Edgith wandte sich ab und lächelte wieder, wie sie es an diesem Tag für ihre Pflicht hielt. Ihr Blick fing den einer dunkelhaarigen Dame, die etwa in ihrem Alter war, Mitte der Zwanziger, aber in ihrer Robe aus golddurchwirktem Brokat, mit Edelsteinen im Haar und am Hals mehr Glanz verbreitete, als die dagegen eher schlicht gekleidete und nur wenig geschmückte Königin. An der Seite der üppigen Schönheit hockte, wie ein dürftiger Schatten, ihr hagerer, rotbärtiger, wesentlich älterer Ehemann.
    König Otto bemerkte den Blicktausch der beiden Frauen.
    „Mein Schwesterchen lächelt uns an, wie freundlich. So sieht man auch mal eine Schlange lächeln, ein seltener Anblick. Ob sie glücklich ist mit dem Fuchsgesicht an ihrer Seite, mit Giselbert, dem Herzog von Lothringen? Fuchs und Schlange, ein gefährliches Paar, und auf Glück kommt es auch weniger an, mehr auf Macht. Das hat Gerberga schon lange begriffen … nein, nicht begriffen, es liegt in ihrer Natur, damit ist sie nach unserer Mutter geraten. Das Fuchsgesicht blickt auch her und trinkt mir zu. Gesundheit, Heil und Gottes Gnade. Elender Heuchler! Im Stillen wünscht
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