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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Wolfgang Brenner
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kleines Sieb laufen ließ. Marie sah sofort, dass der Tee viel zu stark war. Sie würde Magenschmerzen davon bekommen.
    Die Frau schniefte. Sie hatte in der Küche geweint. »Einfach sein Kind zurückzulassen. Eine Schande!«
    Lore sprang auf. Sie war hochrot. »Ich habe Kevin nicht bei Tom zurückgelassen. Er ist mit dem Jungen weg. Er hat ihn entführt. Ich habe Angst, dass er ihm etwas antut.«
    Es wurde sehr still in dem Zimmer. Man hörte die braunen Blasen auf dem Tee platzen.
    Der Alte räusperte sich. »Wir haben uns in Tom getäuscht. Er kümmert sich um Kevin. Er ist wie ein Vater für ihn. Während du …«
    »Tom ist krank. Er liegt nachts mit heruntergelassener Hose in Kevins Bett.« Lore kamen die Tränen. »Ich weiß nicht einmal, ob der Junge noch lebt.«
    »Es geht ihm gut«, sagte die Frau und ging hinaus in die Küche. Marie hörte sie schluchzen.
    Lore nahm wieder Platz. »Wo ist Tom?«, fragte sie ruhiger.
    Der Alte schaute wieder hinaus.
    Marie überlegte, ob sie sich einmischen solle. Aber sie hatte das Gefühl, dass es besser war, Lore machen zu lassen. Die Alten würden irgendwann weich werden.
    Die Frau erschien. Sie war verheult, aber sie versuchte zu lächeln. »Möchtet ihr etwas essen?«
    Lore nickte. Die Frau sah Marie an. Marie sagte: »Ich habe einen Riesenhunger.«
    Es gab Würste aus der Dose und Kartoffelsalat unklarer Herkunft. Marie aß mit Heißhunger. Von Tom wurde nicht mehr gesprochen.
    Nach dem Essen musste der Alte rauchen. Er schwadronierte dabei über Politik. Der Tabak stank fürchterlich. Alle waren müde.
    Lores Mutter brachte Bettzeug für Marie. Sie sollte auf der Couch schlafen. Lore zog sich mit ihren Eltern zurück.
    Marie schlief sofort ein, sobald das Licht gelöscht war.
    Als sie aufwachte, war heller Tag.
    Marie ging in die Küche. Die beiden Alten saßen an einem kleinen Tisch und tranken Tee.
    »Das Bad ist rechts«, sagte die Frau. »Ich habe Ihnen ein Handtuch hingelegt.«
    Marie wusch sich und putzte sich mit dem Zeigefinger die Zähne.
    »Wollen Sie auch einen Tee?«, fragte die Frau, als Marie in die Küche zurückkam.
    Marie schüttelte den Kopf. Ihr war schlecht. »Wo ist Lore?«
    Die beiden Alten schauten sich an. Sie tranken weiter ihren Tee.
    »Wo ist sie?«
    Keine Antwort.
    Marie ging in das Wohnzimmer zurück. Sie trat ans Fenster. Ihr Wagen war weg.
    Sie hatte den Autoschlüssel am Abend unter die Couch geschoben. Unbemerkt – wie sie geglaubt hatte. Der Schlüssel war nicht mehr da.
    18
    Der Alte hatte seinen Toyota eine »Reisschüssel« genannt.
    Marie war etwas irritiert, als sie sich hinters Steuer des Kleinwagens setzte.
    Sie kam sich vor wie beim Autoskooter. Das Schlimmste aber war der Geruch: Alles stank nach kaltem Zigarettenrauch. Sogar das Lenkrad. Marie hatte Probleme, es anzufassen.
    Immerhin war die »Reisschüssel« vollgetankt.
    Die beiden Alten standen am Straßenrand. Sie winkten nicht. Lores Mutter versank fast in ihrem viel zu großen Mantel.
    Marie hatte offen mit ihnen gesprochen.
    Dass Lore dabei war, sich der Komplizenschaft schuldig zu machen. Dass es um ein ermordetes Kind ging, ihren Sohn Johann. Dass Kevin in Lebensgefahr schwebte. Und dass Lore sich schon einmal von Tom hatte dazu überreden lassen, ihm bei seiner Flucht vor der Polizei zu helfen.
    Marie hatte auch nicht unerwähnt gelassen, dass sie sich ebenso schuldig machten, wenn sie weiter Tom deckten. Und dass sie möglicherweise dem Mann halfen, der ihren geliebten Enkelsohn missbrauchte und vielleicht schon umgebracht hatte.
    Der alte Mann hatte in immer kürzeren Abständen an seiner Zigarette gezogen. Während Marie auf ihn und seine Frau einsprach, hatte er sich drei Zigaretten hintereinander angezündet – immer an der noch glimmenden die nächste. Er war dabei noch bleicher geworden. Sein Mund war zu einem schwarzen Spundloch in dem schlohweißen Bart mit den Nikotinrändern geworden.
    Die Frau hatte gehustet. Sie war dabei immer mehr in sich zusammengesunken.
    Marie hatte sie leidgetan. Aber sie konnte jetzt keine Rücksicht mehr nehmen. Sie fand auch, dass sie am Vorabend zu lange geschwiegen und den Dingen ihren Lauf gelassen hatte.
    Nun war es höchste Zeit, dass sie die Initiative ergriff.
    In der Nacht hatten die Alten ihrer verzweifelten Tochter anvertraut, dass sie Tom und ihren Enkel in dem Ferienhaus auf Rügen untergebracht hatten. Sie hatten Lores Sorgen wegen Kevin zerstreuen wollen. Aber ihre Tochter hatte sich einfach Maries
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