Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Wolfgang Brenner
Vom Netzwerk:
beißender, gefährlicher Geruch nach Rauch.
    Die Frauen betraten ein Zimmer mit zwei großen Fenstern. Es war gemütlich eingerichtet. Ein Tisch am Fenster. Zimmerpflanzen. Alte Stühle aus geschwungenem Holz. Eine Stehlampe. Überall an den Wänden schmale Regale mit Büchern. Die meisten davon vom Lesen zerfleddert.
    Am Tisch saß ein dürrer, alter Mann mit kurz geschorenen, weißgrauen Haaren. Sein Vollbart sah aus wie Schnee. Nur um den Mund herum hatte er eine bräunliche Färbung. Marie sah auch gleich, warum. Der alte Mann rauchte eine Zigarette, seine Fingernägel waren lang und gelbbraun. Ebenso die Fingerkuppen.
    Als er Lore sah, stand er auf, legte die brennende Zigarette so auf die Tischkante, dass die Glut nicht das Holz berührte, und umarmte seine Tochter. Er schien überrascht, sie zu sehen.
    Die Frau stand mitten im Zimmer und rieb sich die knochigen Hände. »Wir dachten, es wäre … Walter hat Holz verbrannt. Im Ofen.«
    Lore standen die Tränen in den Augen, doch sie lachte. »Na und? Dazu sind Öfen doch da.«
    Die Frau schaute ihren Mann an. »Ja, schon, aber es war Holz aus Bakenberg. Er hat die Bäume erst kürzlich gefällt.«
    »Sie fallen auf die Hütte. Deshalb mussten sie schleunigst weg«, maulte der Mann.
    Marie verstand, was sein Problem war. Das Holz der frisch gefällten Bäume war noch feucht. Es musste Monate ruhen, bis man es im Ofen verbrennen konnte.
    »Der Vermieter hat uns eine Abmahnung geschickt«, jammerte die Frau. »Schon beim letzten Mal.«
    »Der Vermieter ist ein Idiot«, fuhr der Mann sie an. Dann drückte er seine Tochter fest an sich.
    Lore machte sich los. »Was war los? Hat es gebrannt?«
    Der Mann winkte ab. »I wo. Die haben doch alle keine Ahnung.«
    »Sie sagen, das Harz des frischen Holzes sammelt sich im Schornstein. Es entzündet sich«, erklärte die Mutter leise.
    Es hatte also einen Schornsteinbrand gegeben.
    »Wir dachten, es ist die Polizei. Sie drohen immer, sie holen die Polizei, wenn wir noch mal Holz aus der Datsche …«
    Der alte Mann fiel ihr polternd ins Wort. »Wir waren gestern an der Ostsee. Da habe ich den Kofferraum mit dem klein geschnittenen Bruchholz vollgeladen. Was glaubst du, was die Eierkohlen heutzutage kosten?«
    »Hat jemand die Feuerwehr alarmiert?«, fragte Lore ernst.
    »Ist doch nichts passiert. Es ist von selbst wieder ausgegangen. Wahrscheinlich hat es gar nicht richtig gebrannt. Deine Mutter macht sich immer gleich in die Hose.«
    »Ich koche jetzt erst mal einen Tee«, sagte die Frau und verschwand mit krummem Rücken in der Küche.
    Marie hätte lieber etwas gegessen. Außer dem Kaffee am Morgen hatte sie den ganzen Tag nichts zu sich genommen.
    Jetzt erst wandte der Alte sich Marie zu. »Ich bin Lores Vater«, sagte er knapp. Er wartete darauf, dass Marie sich vorstellte. Lore tat nichts, um sie einzuführen.
    »Ich bin Marie Lieser. Lore und ich, wir …«
    »Wir sind Arbeitskolleginnen«, fiel Lore ihr ins Wort.
    »Soso«, sagte der Alte. »Ihr kennt euch von der Arbeit. Von welcher Arbeit?«
    Lore setzte sich an den Tisch. Der Alte schob Marie wortlos einen Stuhl hin. Auch sie nahm Platz.
    »Bei der Stadt«, antwortete Lore. »Ich habe was in der Stadtverwaltung gefunden.«
    »Hast du«, sagte der Alte. Marie spürte sofort: Er glaubte seiner Tochter kein Wort.
    Die Frau brachte vier Teetassen. »Der Tee kommt auch gleich«, sagte sie.
    »Deine Tochter arbeitet jetzt bei der Stadtverwaltung«, erklärte der Alte und grinste.
    Die Frau zeigte keine Reaktion. »Hast du da deinen neuen Liebhaber kennengelernt?«
    Lore schluckte. »Tom hat euch Scheiße erzählt.«
    »Tom hat uns gar nichts erzählt«, entgegnete der Alte barsch.
    »Ist es … ihretwegen?«, fragte die Frau und nickte in Maries Richtung. »Hast du es jetzt mit Frauen?«
    Lore stampfte auf. »Nein. Hör auf damit!«
    Die Frau ging hinaus. Der Alte schaute aus dem Fenster und schüttelte den Kopf.
    »Tom wird von der Polizei gesucht«, sagte Marie laut.
    Der Kopf des Alten flog herum. »Tom kümmert sich wenigstens um den Kleinen«, wandte er sich an seine Tochter. »Und was du da der Polizei erzählt hast …«
    »Tom wird gesucht, er hat Kevin entführt«, erklärte Lore.
    »Auf uns hat er nicht den Eindruck eines Entführers gemacht. Kevin mag ihn, er lässt den Jungen nicht im Stich – wie du. Eine Mutter, die so etwas macht, kannste vergessen.«
    Die Frau kam mit einer Steingutkanne. Sie schenkte jedem etwas Tee aus, indem sie ihn durch ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher