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Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)

Titel: Aber Mutter weinet sehr: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Wolfgang Brenner
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getan?«, fragte Marie hart. »Wann hast du Johann getötet?«
    Er schaute auf. Mit verzerrtem Gesicht. Eine Fratze. Tränenüberströmt. Wie ein Kind, dem Schlimmes angetan worden war. »Er hat mir keine andere Wahl gelassen. Er hat mich dazu gezwungen. Er schrie und schrie. Die ganze Nacht. Das macht einen fertig, Marie. Dir wäre es nicht anders gegangen. Ich habe ihm gesagt: ›Du hörst jetzt auf, oder …‹« Er drehte den Kopf weg, fast verschämt. »Ich bin keiner, der Kindern wehtut. Wahrlich nicht. Mir hat man selbst als Kind sehr, sehr wehgetan. Erwachsene sind so mies zu Kindern. Das habe ich gelernt. Seitdem kann ich Kindern nicht wehtun. Mein eigener Vater hat mich …«, er verschluckte sich, »… mit einer Stahlbürste.« Er schrie sie an. »Marie, weißt du, was eine Stahlbürste ist? Weißt du, wie weh das tut?«
    Marie bekam keine Luft mehr. Sie wollte hinaus. Ins Freie. Aber sie konnte nicht. Sie wollte die Antwort auf ihre Frage. »Hast du Johann vorher getötet? Bevor wir uns trafen?«
    Er verbarg sein Gesicht.
    Dann nickte er. Er schaute noch mal auf. »Ich habe mich mit dir getroffen, weil du mir so leidgetan hast. Als ich dich im Fernsehen sah … so verzweifelt, so tief verletzt. Ich dachte, ich muss dir helfen. Ich muss bei dir sein. Ich weiß doch, wie das ist, wenn man sein Liebstes verliert. Wir beide – wir gehören zusammen. Wir haben unser Liebstes verloren. Das verbindet doch. Spürst du das nicht auch, Marie?«
    Marie nickte.
    Sie wusste, dass Tom auch vor Gericht so reden würde.
    Marie dachte an Fürbringers Worte. Über das Gutachten. Und den Freigang.
    Tom kippte langsam zur Seite. Er schluchzte immer heftiger. »Marie, verzeih mir!«
    Marie ging zu der Anrichte. Sie zog die Schublade auf. Dort fand sie sofort, was sie suchte.
    Sie nahm es und ging damit zu Tom.
    Sie half ihm, sich wieder aufzurichten. Er schaute sie an. »Verzeihst du mir?«
    Sie nickte und lächelte. Er schlug die Hände vors Gesicht.
    Es war ganz einfach.
    Sie trat hinter ihn.
    Sie musste mit ihrer Rechten nur zwischen seine Unterarme kommen. Er wehrte sich nicht.
    Tom schien erleichtert, dass sie ihm verzieh. Sie, die Mutter des Jungen, den er umgebracht hatte.
    Marie hielt den Atem an. Dann machte sie einen kräftigen Schnitt. Es war, als würde sie ein Filetsteak schneiden. Sie kam beim ersten Versuch durch.
    Als sie das Messer zwischen seinen Armen hervorzog, war die Tischplatte schon voller Blut. Das Blut war warm und sauber. Es dampfte leicht.
    Marie sah zu, wie es in kürzer werdenden Schüben hervorquoll.
    Tom schwieg. Er war tot, bevor das Blut zu quellen aufhörte.
    Er fiel über den Tisch in sein Blut. Aus dem Schnitt drang Luft aus den Lungen ins Freie. Es klang, als würde aus einem Luftballon die Luft entweichen.
    Marie ging zurück zur Anrichte und wusch sich unter dem Wasserhahn die Hände. Es dauerte sehr lange, das Wasser floss spärlich.
    20
    Marie hörte Schritte auf dem Steg. Sie trat vor die Hütte.
    Lore blieb erschrocken stehen. Sie hatte zwei Tüten mit Lebensmittel dabei, die sie, wie Marie an dem Aufdruck feststellen konnte, im Konsum des Feriendorfes gekauft hatte.
    Lore stellte die Tüten ab. Sie fielen langsam in sich zusammen, Bierdosen rollten heraus. »Tom hat Kevin zu einem Reiterhof gebracht. Er hat dem Jungen nichts getan, Marie!«
    Marie kannte den Zustand, in dem Lore sich befand. Sie glaubte, dass ihr Junge noch am Leben sei. Tom hatte ihr das gesagt. So wie er Marie gesagt hatte, Johann sei noch am Leben.
    »Was ist mit Tom?«, fragte Lore leise.
    »Er ist da drinnen. Er hat dich belogen, Lore. Kevin ist auf keinem Reiterhof.«
    »Doch«, sagte Lore trotzig. »Ich weiß es. Es geht ihm gut.«
    Ein Haarschopf erschien hinter der ersten Hütte. Ein Junge betrat den Steg. Kevin. Als er Marie entdeckte, versteckte er sich hinter seiner Mutter.
    »Ich habe ihn gerade vom Reiterhof abgeholt«, sagte Lore.
    Sie wollte an Marie vorbei. Doch Marie ließ es nicht zu, dass sie die Hütte betrat.
    »Tom ist tot.«
    Lore schaute sie mit großen Augen an. »Was sagst du da?«
    »Er hat mir erzählt, dass er Johann getötet hat, bevor er sich mit mir getroffen hat. Verstehst du: Johann war schon tot. Und er hat mir damals gesagt, er lebt und ich bekomme ihn wieder.«
    »Hast du Tom getötet?«
    Marie antwortete nicht auf Lores Frage. Lore sank auf die Knie. Sie schluchzte.
    Der Junge bückte sich und umarmte seine Mutter ungeschickt.
    Marie zog sie hoch. Sie wollte nicht, dass
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