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8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni
Autoren: Brigitte Glaser
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sie.
    Â»Okay. Ruf mich an, wenn du in der Wohnung angekommen bist!«
    Das versprach Jenny. Sie wartete, bis Frauke außer Hörweite war, dann rief sie Toni an und verabredete sich mit ihm in diesem Café in Mülheim, in dem sie mal mit Frauke gesessen und ihren ersten Chai-Latte getrunken hatte. Ein Ort, von dem man die Straße in beide Richtungen gut überschauen konnte. Sie würde sofort merken, wenn Toni nicht, wie abgemacht, alleine kam. Für diesen Fall gab es vom Hinterhof aus einen Zugang zur Parallelstraße, über den sie schnell verschwinden konnte.
    Sie sah ihn schon von Weitem. Toni kam allein. Wie er sich langsam an das ihm fremde Café heranpirschte, wie er sich betont cool und lässig gab. Darin erkannte Jenny viel von dem alten Toni, den, den sie gemocht hatte, vielleicht immer noch mochte. Den, vor dem sie keine Angst hatte. Allein war er eigentlich immer harmlos, gefährlich wurde er nur mit den zwei anderen Idioten.
    Â»Hi, Jenny. Willst du schon wieder verreisen? Ein zweiter Ausflug an die Sieg?«, fragte er, als er die Tasche neben ihrem Stuhl stehen sah.
    Â»Ich geh fort. Ich verlasse die Rote Burg.«
    Er sah sie an, als ob er ihr nicht glaubte, aber das war ihr egal. Sie schob ihm die zwei Fünfzigeuroscheine über den Tisch, die sie bereits aus dem Portemonnaie genommen hatte. Den Zehner, den er Joe-Joe für die Handys gegeben hatte, legte sie noch obendrauf.
    Â»Hier hast du dein Geld zurück. Ich mach für dich keine Falschaussage bei der Bullerei.«
    Toni schüttelte wütend den Kopf und schob das Geld zurück. »Hey, das kannst du nicht bringen! Du hast es versprochen, hast mein Geld genommen, mich hingehalten.«
    Â»Ich hab dein Geld genommen, dir aber nichts versprochen«, widersprach ihm Jenny. »Und wenn schon. Ich habe es mir auf alle Fälle anders überlegt.«
    Â»Jenny! Ohne dich komm ich nicht mehr aus der Nummer raus, ohne dich bin ich aufgeschmissen, du bist meine letzte Rettung, ohne dich bin ich verloren«, spielte Toni jetzt die Mitleidstour durch, auf die Jenny so gerne reinfiel. Diesmal tat sie es nicht.
    Â»Du bist auch ohne mich in die Nummer reingekommen. Also: Ein für alle Mal. Lass mich damit in Ruhe. Und lass meine Familie damit in Ruhe, sonst …«
    Â»Sonst was?«, unterbrach Toni sie, jetzt mit einem gefährlichen Glitzern in den Augen.
    Sie beugte sich weit vor, so weit, dass ihre Nasen fast aneinanderstießen. Aug in Aug mit ihm flüsterte sie: »Ich war dabei, Toni! Ich habe gesehen, wie ihr den Jungen am Friesenplatz zusammengeschlagen habt.«
    Â»Du lügst«, zischte Toni sie an und rückte von ihr ab. »Da war keiner.«
    Â»Doch«, setzte Jenny nach. »Ihr habt mich nur nicht bemerkt. Noch war ich nicht bei der Bullerei und hab gesagt, dass ich dich erkannt habe. Weil ich die Bullerei hasse, weil du ein alter Kumpel bist, weil ich weiß, dass du auch deine guten Seiten hast, egal! Aber ich renne sofort dahin, wenn du mich und meine Familie nicht in Ruhe lässt! Oder wenn du den anderen beiden davon erzählst. Kapierst du das, Toni? Ich bin die, die dich ans Messer liefern kann.«
    Â»Jenny!« Das typische Toni-Lächeln. »So was würdest du nie tun!«
    Â»Doch, das würde ich!«
    Sie presste auf dem Tisch die Fäuste zusammen und funkelte ihn so lange an, bis jede Selbstsicherheit aus seinem Blick verschwand.
    Â»Ich war sturzbetrunken, hab gar nicht mitbekommen, was passiert ist. Du weißt doch, dass ich gar kein Schlägertyp bin«, jammerte er.
    Â»Hör auf, dich rauszureden! Benimm dich nicht wie ein feiges Weichei«, raunzte Jenny ihn an.
    Toni klemmte die Hände um die Tischplatte und fing an, mit dem Stuhl zu wippen. »Du setzt mir also die Pistole auf die Brust?«, fragte er dann ohne Jammern in der Stimme.
    Jenny merkte, wie es in ihm rumorte, wie er tatsächlich versuchte zu verstehen, was sie ihm sagte.
    Â»Endlich hast du es kapiert.«
    Â»Und woher weiß ich, dass ich mich auf dich verlassen kann?«
    Â»Du weißt, dass du dich auf mich verlassen kannst.«
    Toni nickte und nickte, aber irgendwann ging das Nicken in ein wildes Kopfschütteln über.
    Â»Und alles wegen dem Milchbubi, Jenny?«, fragte er ungläubig.
    Den »Milchbubi« hätte sie Toni am liebsten um die Ohren gehauen. Aber sie hatte sich geschworen, Lovis’ Namen nicht zu erwähnen.
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