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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen
Autoren: Karl May
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berühren?“
    „Wieso?“
    „Ihr Name ist Winter, und Sie befinden sich in der Gesellschaft des Herrn Barons von Säumen, um den Urheber eines Ihnen bekannten Verbrechens zu entdecken!“
    „Woher kennen Sie mich?“ fragte Winter ruhig, ohne seine Überraschung über diese bedeutungsvollen Worte zu verraten.
    „Ich war Oberkellner in dem Haus, in welchem die Tat verübt wurde und habe den Fremden bedient, welcher am anderen Morgen mit den Effekten des Ermordeten abreiste, ehe wir Kenntnis von dem Verbrechen haben konnten. Sie besuchten damals dieses Haus sehr oft und haben mich auch ins Examen genommen.“
    „Ah, wirklich; ich besinne mich. Sie machten mich auf das seltsam geformte Uhrgehänge des Entflohenen aufmerksam. Aber wie kommen Sie heute zu der Vermutung, daß meine Anwesenheit hier in Beziehung zu jenem Ereignisse stehe?“
    „Wissen Sie, bei wem ich dasselbe Gehänge bemerkt habe?“
    „Nun?“
    „Bei dem Herrn Baron von Säumen.“
    „So, so, so!“ dehnte Winter in absichtlich zweifelndem Ton. Er mußte mit Rücksicht auf die Tante vorsichtig sein. „Sie wollen sich doch nicht etwa durch eine Uhrkettenähnlichkeit zu einem Schluß verleiten lassen, der geradezu ein höchst verunglückter genannt werden müßte! Ich kenne den Herrn Baron sehr genau; er hat als Student in dem Haus meiner Eltern logiert.“
    „Trug er schon damals diese Kette?“
    „Freilich; es ist ein altes Familienstück. Es mag sein, daß es ähnliche gibt.“
    „Dann habe ich mich getäuscht; aber nicht bloß infolge dieser Ähnlichkeit.“ Er betonte das vorletzte Wort ganz besonders und setzte dann langsam hinzu: „Und dann schien es mir auch, als hätten Sie eine ganz besondere Aufmerksamkeit für den Baron, so ungefähr, wie man sie für jemanden hegt, den man schon halb und halb als Gefangenen betrachtet.“
    „Ihr Scharfsinn ist beneidenswert!“ lachte Winter. „Sie müssen mir schon eine kleine Aufmerksamkeit einem Herrn gegenüber erlauben, dessen Stellung und Einfluß mir nützlich sein kann.“
    „Und sodann“, fuhr der Wirt, wie sich entschuldigend, fort, „schien mir Gestalt, Haltung und Stimme des Barons ganz die jenes Unbekannten zu sein, und wenn er einen Bart trüge, so –“
    „So brauchte er sich nicht rasieren zu lassen, mein Lieber! Und die andere Ähnlichkeit? Sie sprachen vorhin mit Betonung.“
    „Ich glaube, der Baron hat große Ähnlichkeit mit dem Ermordeten.“
    „Da sehen Sie“, rief Winter abermals lachend; „was Sie heute alles glauben! Übrigens dürfen Sie sich beruhigen, denn ich will Ihnen im Vertrauen die Mitteilung machen, daß es mir gelungen ist, jenen Mörder zu entdecken. Ein Baron von Säumen aber ist er nicht.“
    Er verließ das Zimmer und schritt die Treppe hinauf. Oben eintretend, sah er die Baronin ohnmächtig auf dem Sofa liegen und die Zofe beschäftigt, sie ins Bewußtsein zurückzurufen. Säumen und Thomas standen dabei.
    „Was ist hier geschehen?“ fragte er.
    „Der Herr Baron ist so freundlich gewesen, 'ne rückhaltlose Mitteilung über unser Abenteuer zumachen“, antwortete letzterer.
    „Das war zum mindesten unvorsichtig, und –“
    „Herr Winter“, fiel ihm Säumen in das Wort; „ich hoffe nicht, daß Sie es unternehmen wollen, mich zu schulmeistern!“
    „Nein, aber Sie geben doch zu, daß die Schicklichkeit uns gebietet, die Damen allein zu lassen. Treten wir ins Nebenzimmer.“
    „Es ist vollständig gleichgültig, welchen Ort Sie zu Ihrem Aufenthalt nehmen wollen. Ich ziehe für mich einen anderen vor!“ entgegnete Säumen, nach der Ausgangstür schreitend.
    „Und doch ersuche ich Sie, Herr Baron, mir wenigstens noch einen Augenblick zu schenken. Soeben machte mir der Wirt eine Mitteilung, welche sich auf Sie bezieht.“
    „Welche?“ fragte Säumen und schritt, von dem gleichgültigen Ton des Sprechers verführt, diesem nach in das Nebengemach. Während er sich dort, um die nötige Unbefangenheit zu zeigen, niederließ, bemerkte er nicht, daß Winter dem Buchbinder bedeutete, an der Tür Posto zu nehmen, während er selbst sich an das einzige Fenster stellte, welches das Zimmer hatte.
    „Nun? Ich warte immer noch auf Ihre Mitteilung!“
    „Der Wirt machte mich vor einigen Augenblicken auf die interessante Tatsache aufmerksam, daß vor längerer Zeit in einem jedenfalls auch Ihnen bekannten Haus ein Baron Eginhardt von Säumen ermordet worden sei. Der Mann ist damals Oberkellner dort gewesen und hat sich den Mörder so genau
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