Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
der Kutscher eben die Pferde vor, und nach einigen Augenblicken konnte man einsteigen. Säumen saß neben Winter im Fond, während Thomas an der Seite des Landmannes sich auf den Rücksitz plazierte.
    „Zugefahren, Kutscher!“ rief Winter, und die Equipage rollte im Galopp davon.
    Während der Fahrt wurde kein Wort gesprochen. Der Bauer schien zwar einen Bericht beginnen zu wollen, aber der Polizist winkte ihm Schweigen zu. Es lag ihm daran, den Baron jetzt noch in Ungewißheit zu lassen, um ihn später desto sicherer beobachten zu können und ihm keine Zeit zu Plänen zu geben.
    „Da drüben auf der Stoppel ist es, wir müssen also hier einbiegen“, klang es nach einiger Zeit, während welcher jeder seinen Gedanken und Gefühlen Raum gegeben hatte. „Es war kurz vor dem Beginn des Regens, und ich habe gar nicht erst Anzeige im Dorf gemacht, sondern bin gleich stracks nach der Stadt gelaufen, weil ich mir denken konnte, daß Sie neugierig sein würden, wie die Sache abgelaufen ist.“
    Jetzt hielt der Wagen. Seitwärts von ihm lag eine formlose Masse, in welcher man nur bei näherer Betrachtung einen Menschen zu erkennen vermochte. Den Männern grauste es, und selbst den Baron überkam ein bisher noch nie empfundenes Gefühl, welches er sich nicht zu bezeichnen getraute.
    Bald aber hatte er es überwunden und bückte sich nieder, um den Zerschmetterten zu untersuchen.
    „Es ist der Kommissar Hagen. Zwar ist der Körper vollständig unkenntlich; aber hier ist ein Büschel seines weißgelben Haares, und diese Stiefel habe ich heute vormittag noch bei ihm gesehen, als er mich besuchte.“
    „Das war jedenfalls, als Sie den Kauf mit ihm abschlossen, Herr Baron“, sprach Winter wie absichtslos; aber trotzdem brachten seine Worte eine ungeheure Wirkung auf Säumen hervor. Mit aufgerissenen Augen in dem schreckensbleichen Angesicht starrte er den Sprecher an; doch faßte er sich auch jetzt wieder und antwortete, sich zur Erde beugend und den Leichnam betastend:
    „Haben Sie ein Interesse für meine Privatangelegenheiten?“
    „Vielleicht, noch mehr aber interessiere ich mich für den Gegenstand, welchen Sie hier von der Erde nehmen.“
    „Soll ich vielleicht meine Brieftasche liegen lassen, wenn Sie mir beim Bücken entfällt?“
    „Das wird Ihnen allerdings niemand zumuten; aber bitte, verwahren Sie das Portefeuille von jetzt an besser“, antwortete Winter. Er wußte, daß es dem Toten gehörte, aber es war jedenfalls jetzt besser für seine Absichten aufgehoben, als in den Händen der Kommission, welche auf die zu erfolgende Anzeige hier erscheinen mußte, und da die beiden anderen zu sehr mit dem Verunglückten beschäftigt waren, als daß sie das kleine Intermezzo bemerkt hätten, so ließ er es ruhig geschehen, daß Säumen die Tasche zu sich nahm.
    „Allerdings ist es Hagen“, wandte er sich an Thomas, „und es ist nun fast nicht zu bezweifeln, daß dasselbe Schicksal auch die anderen betroffen hat. Trotzdem aber ist der Fall denkbar, daß der Kommissar nur infolge einer Unvorsichtigkeit verunglückt ist, und wir dürfen deshalb immer noch so lange Hoffnung hegen, bis man auch die anderen findet. Nach ihnen zu suchen, wäre ein mühevolles und vielleicht erfolgloses Unternehmen, und so wird es geraten sein, in die Stadt zurückzukehren und weitere Nachrichten ruhig zu erwarten. – Sie aber“, bedeutete er den Bauer, „müssen sofort das Versäumte nachholen und bei Ihrer Ortsbehörde Anzeige von dem Fund machen. Aber eilen Sie, der Platz wird nicht lange unbesucht bleiben, und wir haben keine Zeit, uns als Wächter herzustellen!“
    Sie stiegen ein, um nach der Stadt zurückzukehren. Unterwegs begegneten ihnen Scharen von Neugierigen, welche den Spuren des Wagens gefolgt waren, um die Unglücksstätte zu finden. Ohne die Fragen dieser Leute zu berücksichtigen, fuhren sie an ihnen vorüber und hielten bald vor dem Hotel, wo ihnen diesmal der Wirt selbst beim Aussteigen behilflich war.
    Winter bemerkte, daß er einen eigentümlich forschenden Blick auf den Baron warf, und sah dann, als Säumen hinter der Tür verschwunden war, diesen Blick mit einer Art fragenden Einverständnisses auf sich gerichtet.
    „Sie haben mir etwas zu sagen?“
    „Wenn Sie erlauben und diskret sein wollen.“
    „Das werde ich. Sprechen Sie!“
    „Treten Sie in dieses Zimmerchen; ich möchte gern vorsichtig sein. – So, jetzt haben wir keinen Lauscher zu fürchten und ich darf also Ihr Inkognito
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher