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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen
Autoren: Karl May
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ein Zimmer geben lassen und schritt ruhelos in demselben auf und ab. Emils Bruder und der Baron befanden sich bei ihr. Ersterer stand schweigend am Fenster und teilte seine Aufmerksamkeit zwischen dem Baron, den er kaum aus den Augen ließ, und den Wolken, zwischen denen jeden Augenblick die Erwarteten erscheinen konnten.
    Säumen saß in nachlässiger Haltung auf dem Stuhl und konnte ein Lächeln des Triumphes immer weniger verbergen, je mehr die Zeit verstrich. Trotz dieser inneren Befriedigung sprach er zuweilen ein beruhigendes Wort zu der alten Dame, in dem er die beobachtenden Blicke Winters gar nicht zu bemerken schien.
    Da öffnete sich die Tür und die Zofe trat auf die Schwelle.
    „Herr Winter, es ist ein Mann draußen, der mit Ihnen sprechen will.“
    Der Angeredete stand auf und trat hinaus auf den Vorsaal, wo der Schmied seiner wartete.
    „Nehmen Sie's nicht übel, daß ich störe; aber Ihr Bruder und ooch Sie haben gesagt, daß wir uns zu Ihnen halten sollen, und doch läßt sich keener sehen. Wo is der Baron?“
    „Drinnen.“
    „Wissen Sie was Neues?“
    „Was?“
    „Er hat verkooft.“
    „Verkauft? Was?“
    „Nu, alles, seine ganzen Besitzungen.“
    „Wann?“
    „Vorhin, ehe die Fahrt losging.“
    „An wen?“
    „An den Kommissar Hagen.“
    „Der hat kein Geld, das muß ein Irrtum sein.“
    „Geld hat der Kerl allerdings nich, aber een Jude aus der Hauptstadt muß ihm das Nötige vorgeschossen haben. Blumenbach oder Blumental, meinetwegen doch Blumenfeld heeßt der Mann und hat mir im Coupé alles erzählt.“
    „Gut. Behalten Sie ihn im Auge. Vielleicht brauchen wir ihn.“
    Als er in das Zimmer zurücktrat, ließ sich der erste Donnerschlag vernehmen, und die Baronin sank, die Augen mit beiden Händen bedeckend, in das Sofa.
    „Mein Gott, jetzt sind sie verloren, jetzt ist jede Hoffnung vergeblich!“
    „Noch nicht, gnädige Frau“, sprach Winter. „Wenn sie sich über den Wolkenschichten befinden, so haben sie nichts zu befürchten. Ich vermute sehr, daß sie durch eine widrige Luftströmung von der eingeschlagenen Richtung abgetrieben worden sind.“
    Er erhielt keine Antwort. Das Wetter entlud sich mit ungewöhnlicher Macht über der Gegend; Blitz folgte auf Blitz, und das Grollen des Donners rollte ohne Aufhören fort. Aber gerade dadurch beschleunigte sich die Ausgleichung der angesammelten Elektrizität, und nach kurzer Zeit brach die Sonne sich wieder lichte Bahn.
    Da bemerkte man eiliges Laufen auf den Straßen, laute Zurufe ließen sich vernehmen, und als Winter das Fenster öffnete, um nach der Ursache dieser Aufregung zu sehen, bemerkte er Thomas raschen Schrittes auf das Gasthaus zukommen. Da er eine Unglücksbotschaft vermutete, ging er ihm entgegen.
    „Sie sind verunglückt, Herr Winter; erschrecken Sie nich!“ rief ihm der Buchbinder schon unten auf der Treppe entgegen.
    „Woher weißt du das?“
    „Dreiviertel Stunden von hier is eener von ihnen niedergestürzt. Der Bauer, off dessen Feld er liegt, is selber da, um es uns zu melden. Er hat von der Luftfahrt gehört und ooch von der Wette und weeß also, daß die Angehörigen hier sind.“
    „Holen Sie ihn; er soll unten warten, bis ich hinabkomme. Und befehlen Sie sogleich dem Hausknecht, anzuspannen.“
    Hierauf kehrte er zur Baronin zurück.
    „Man hat eine Spur der Erwarteten entdeckt, gnädige Tante. Wollen Sie mir erlauben, mich in Ihrem Wagen an den Ort zu begeben, um zu sehen, ob etwas Wahres an der Nachricht ist?“
    „Ich fahre selbst mit“, antwortete sie und erhob sich, sank aber wieder zurück. „Doch nein, es geht nicht; ich bin zu angegriffen. Fahren Sie also ohne mich und kehren Sie schnell zurück. Leben sie noch?“
    „Ich hoffe es. Herr Baron, Sie haben doch die Güte, mich zu begleiten?“
    „Ich kann Madame unmöglich allein lassen, das sehen Sie doch.“
    „Madame hat ihre Bedienung hier und wird weibliche Hilfe wünschenswerter finden als eine andere. Oder ist Ihnen das Schicksal der Expedition gleichgültig?“
    Es lag sehr viel Wahres in dieser letzten Bemerkung. Säumen mußte ja möglich zuerst wissen, was aus den vier Leuten geworden war, um seine Maßregeln danach ergreifen zu können. Er erhob sich also.
    „Ich kann unmöglich gleichgültig sein, wo es sich um das Schicksal meiner Verlobten handelt. Wenn die Frau Baronin erlauben, gehe ich also mit.“
    „Jawohl, gehen Sie und bringen Sie mir schleunigst Nachricht!“
    Die beiden Männer entfernten sich. Unten schirrte
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