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335 - Der verlorene Sohn

335 - Der verlorene Sohn

Titel: 335 - Der verlorene Sohn
Autoren: Andreas Suchanek
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»Zwei logische Fehler in Ihrer Ansage, Takeo. Erstens ist ›Ehre‹ ein Konzept, das ein Android nicht nachvollziehen kann; das sollten Sie eigentlich wissen. Und zweitens ist es mir, mit Verlaub, scheißegal, wie Sie draufgehen. Hauptsache, sie treten endlich ab.« Eine kurze Pause. »Und nun raten Sie, was ich in meiner Hand halte. Es ist kastenförmig, enthält einen Funksender und hat einen formschönen roten Knopf auf der Oberseite...«
    »Sie werden niemals gewinnen, Crow«, spie Miki ihm entgegen. Es gelang ihm problemlos, seiner Stimme einen wütenden Klang zu verleihen. »Sie mögen mich ausschalten, aber meine Freunde, die ich im Gegensatz zu Ihnen besitze, werden mich rächen.«
    »Ach – Sie meinen Commander Drax und Konsorten«, parierte Crow. »Auf die würde ich an Ihrer Stelle nicht bauen. Die halten mich für tot und haben keine Ahnung, wie ich jetzt aussehe. Niemand wird mich erkennen, wenn ich mich ihnen nähere, um Ihre letzten Grüße auszurichten – bis es zu spät ist. Keiner von ihnen wird davonkommen.«
    »Ich verabscheue Sie, Crow!«
    »Oh, sind das etwa Gefühle? Ich wusste nicht, dass Sie welche besitzen.« Crow lachte wieder. »Hätte das doch nur Ihr Sohn erleben dürfen.«
    Miki antwortete nicht. Dazu war auch keine Zeit mehr. Aus dem Lautsprecher erklang ein knackendes Geräusch, als General Crow den Signalgeber auslöste...
    ***
    Der Bunker erbebte unter der Wucht der Explosion. Sekundenlang kämpfte Crows Androidenkörper um sein Gleichgewicht. Er gestattete sich ein triumphierendes Grinsen.
    Hatte der gute Miki Takeo also am Ende tatsächlich die Beherrschung verloren. Das Gefühl des Sieges schmeckte auch in diesem neuen Körper himmlisch.
    Der Impulsgeber in seiner Hand wog nicht mehr als eine Feder. Er schloss sie zur Faust und zerdrückte das Gerät. Dann verließ er den Komplex.
    Es wurde ein Wettlauf mit der sich ausweitenden Zerstörung. Immer wieder bebte der Boden. Hinter Crow krachten Abdeckplatten aus der Decke, Kabel knisterten und Überspannblitze zuckten.
    Als er ins Freie trat, war keiner der überlebenden Fudoh-Anhänger mehr zu sehen. Wahrscheinlich hatten sie Hals über Kopf die Flucht ergriffen, sich in den Kellern von Amarillo verkrochen oder waren gleich ganz mit Sack und Pack abgereist.
    Das Gelände über dem Bunker, der leicht versetzt zum Hauptgebäude lag, ließ erahnen, was die unterirdische Detonation angerichtet hatte: Der Boden war in einem Umkreis von zwanzig Metern leicht abgesackt. Der komplette hintere Teil des Gebäudes war eingestürzt. Rauchschwaden drangen aus Rissen im Boden und umwölkten das Medical Science Center . In seinem Hass auf die Technik hatte Keran die Sprengkraft der Bombe entweder unterschätzt oder die Kollateralschäden waren ihm egal gewesen.
    Damit war das Kapitel Miki Takeo für General Crow abgeschlossen. Die Bombe hatte seinen Feind zerfetzt und die Überreste unter Tonnen aus Stahl, Beton und Erde begraben.
    Nun galt es, heil aus der Stadt herauszukommen. Crow griff auf eine interne Datenbank zu, wo er eine Audioaufzeichnung von Kerans Aussage abgespeichert hatte, die ihm einen sicheren Fluchtweg weisen würde.
    Crow ließ die Trümmer hinter sich zurück. In Gedanken war er schon bei seinen nächsten Schritten.
    In der Vergangenheit hatte er Fehler begangen, hatte sich von seinen Gefühlen und dem Durst nach Rache leiten und ver leiten lassen, was schließlich zu seinem Untergang geführt hatte. Als Android kannte er diesen Drang nicht. Diesmal würde er gewissenhafter vorgehen und erst dann handeln, wenn alle Eventualitäten berücksichtigt waren.
    Natürlich würden Matthew Drax und Aruula sterben – irgendwann. Es eilte nicht. Seine dramatischen Worte Takeo gegenüber hatten diesem nur die letzten Sekunden seiner Existenz versüßen sollen.
    Erst einmal würde er einen Ort suchen, an dem er seinen neuen Körper kennenlernen und ausloten konnte. Erst nachdem er alle seine Funktionen zu einhundert Prozent beherrschte, würde er das nächste Ziel ins Auge fassen – und das hieß, schon der örtlichen Nähe wegen, Waashton. Die Stadt am Potomac River lag ihm noch immer am Herzen, auch wenn das durch einen Trilithium-Reaktor ersetzt worden war.
    General Arthur Crow schritt kräftig aus. Nicht nur, dass er überhaupt wieder eine Zukunft besaß – sie sah dazu auch noch äußerst vielversprechend aus.
    ENDE
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