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28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition)
Autoren: David Safier
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hat.
    Es war eine Extremsituation, die den Menschen Entscheidungen abverlangte. Es gibt wahre Geschichten von großer Selbstlosigkeit: Wie Menschen anderen geholfen haben, wie sie ihr eigenes Leben geopfert haben, um andere durchzubringen. Und wie es immer wieder in dem ganzen Wahnsinn auch Momente gab, in denen man Glück und Barmherzigkeit erleben konnte. In einer Nacht, mitten zwischen brennenden Gebäuden, sind die Ghettokämpfer in eine Bäckerei gegangen, haben Brot gebacken und an die Hungernden im Ghetto verteilt. Aber es gab auch Momente von großer Niedertracht. Die Judenpolizei hat den Deutschen zugearbeitet, immer in der Hoffnung, so sich selbst retten zu können. Während der Deportation haben die Deutschen den Judenpolizisten gesagt, jeder von ihnen müsse am Tag fünf Juden in die Züge treiben. Es gab Judenpolizisten, die ihre eigenen Eltern in die Züge trieben, um ihr Leben um ein paar Tage zu verlängern.
     
    Der Roman « 28  Tage lang» ist ein Werk der Fiktion, aber nicht der freien Erfindung, sondern inspiriert von wahren Geschichten.
    In dem Film «Titanic» gibt es zwei fiktionale Figuren, die von Kate Winslet und Leonardo DiCaprio, und sie erleben alles, was damals passiert ist. So geht es auch mit meiner Heldin. Diese Mira gab es nicht, aber alles, was ihr passiert, und alles, was im Roman geschieht, basiert auf realen Ereignissen. Ich habe diesen Ansatz bewusst gewählt: Wenn ich eine Geschichte erzähle mit einer historischen Person als Protagonist, bin ich gebunden an den Ausschnitt, den sie erlebt hat. Ich musste mir eine Möglichkeit schaffen, die Themen, die mich interessieren, herauszuarbeiten. Alles, was Mira im Ghetto erlebt, wie sie am Anfang schmuggelt, bis später zu den Kampfeshandlungen, auch die Szene, wo sie sich mit den anderen Kämpfern entscheiden muss, ob man einen umbringt, damit er einen nicht verrät, alle diese Situationen gab es. Nur die Heldin ist fiktional, weil ich glaube, damit eine höhere Identifikation zu schaffen.
     
    Die historischen Fakten, den Ablauf des Aufstands, kann man recherchieren. Emotionen sind etwas anderes – gibt es Augenzeugenberichte?
    Es gibt viele Memoiren von Überlebenden, umfangreiche Sammlungen von Quellen, nicht zuletzt «Ringelblums Vermächtnis», das geheime Ghettoarchiv, das verscharrt wurde, damit es nicht den Deutschen in die Hände fiel, und später als Buch veröffentlicht wurde. Diese Berichte sind oft sehr sachlich, fast distanziert, wie die meisten Erinnerungen von Überlebenden an den Holocaust. Es war die einzige Art, wie sie darüber schreiben konnten. Dagegen versuche ich, die Emotionalität hervorzuheben; auch deshalb habe ich eine fiktive Figur gebraucht. Einer tatsächlichen Person gegenüber bin ich ganz anders verpflichtet: Ich kann ihr nichts andichten, ihr keine Emotion unterschieben. Als Romanautor habe ich versucht, mich in dieses 16 -jährige Mädchen hineinzuversetzen. Wie es ist, Hunger zu leiden, wie es ist, andere Menschen in den Tod gehen zu sehen, wie es denn ist, Freude zu empfinden, obwohl um einen herum alles brennt. 28  Tage lang dauert der Aufstand, aber es ist auch eine große Liebesgeschichte.
    Die Überlebenden des Ghettos sind inzwischen sehr alt oder schon gestorben. Mein Vater, Jahrgang 1915 , wurde von den Nationalsozialisten verfolgt; mein Großvater ist in Buchenwald umgekommen, meine Großmutter im Ghetto von Lodz. Mütterlicherseits habe ich deutsche Vorfahren, meine Mutter ist ein deutsches Kriegskind, auf ganz andere Weise traumatisiert. Aber wir sind ja schon eine oder zwei Generationen weiter – wie kann ich die Geschichte für eine heutige Generation wieder lebendig werden lassen? Deshalb habe ich für den Roman eine unmittelbare und moderne Sprache gewählt.
     
    Hat der Aufstand Sinn gemacht?
    Diese Frage wird in dem Buch nicht eindeutig beantwortet in dem Sinn, ob es richtig oder falsch ist, zur Waffe zu greifen. Es ist eine Option, die die Menschen gewählt haben. Marek Edelmann – einer der Kämpfer, die überlebt haben – hat sinngemäß später gesagt: Damals haben wir die Leute verachtet, die in die Züge gegangen sind; als älterer Mensch weiß ich jetzt, dass dazu viel mehr Mut gehört, als zur Waffe zu greifen. Die Kämpfer selber wollten ein Fanal setzen wie damals bei Masada, wo Juden gegen die Römer Widerstand geleistet haben. Im Gründungsmythos des Staates Israel hat es eine große Rolle gespielt, dass Juden sich gewehrt haben.
    Die Jugendlichen haben sich
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