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28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition)
Autoren: David Safier
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gewehrt, aber erst durch den Druck der Ereignisse, angesichts des nahenden Todes. Ich hoffe, es ist im Buch nachvollziehbar beschrieben, wie ein junges Mädchen, das zunächst mit Schmuggel versucht, die Familie durchzubringen und dem Widerstand gegenüber skeptisch ist, nach und nach durch die schrecklichen Ereignisse dazu gebracht wird, selbst zu einer Waffe zu greifen, und das schildere ich nicht als Heldentat. Es geht auch darum, was es bedeutet, zu töten, was das mit einem Menschen macht. Aber es geht nicht um das Töten, sondern um das Leben. Und was man damit anfängt.
    Das Leitmotiv dieses Romans besitzt, ganz losgelöst von der Situation «Drittes Reich» und Warschauer Ghetto, auch heute noch Gültigkeit, es handelt sich um eine universelle Frage: Was für ein Mensch willst du sein, wie würdest du dich verhalten in so einer Situation? Würdest du töten, würdest du Leben retten, würdest du dein eigenes Leben einsetzen für andere?
     
    Es gibt im Roman eine bewegende, unglaubliche Szene. Die Juden sind in einem Kessel zusammengetrieben worden, und es findet eine Selektion statt: Das eine Tor bedeutet den Tod, das andere das Leben. Da werden auch Mütter von ihren Kindern getrennt, und eine Frau sagt: Man kann immer ein neues Kind bekommen.
    Auch diese Szene habe ich in den Erinnerungen eines Überlebenden gefunden. Einige Juden haben Marken bekommen – also immer wieder dieses perfide System: Einige von euch überleben, wenn ihr die Kriterien erfüllt. Es gab Mütter, die Marken hatten, aber trotzdem darum gekämpft haben, bei ihren Kindern zu bleiben, obwohl das bedeutet hat, in den Tod zu gehen. Aber es gab auch eine Frau, die so eine Marke trug und ihr Baby abgab mit der Bemerkung, man kann doch immer noch ein neues Leben in die Welt setzen. Ob sie überlebt hat, weiß man nicht, aber an diesem Tag konnte sie weiterleben, und dafür opferte sie ihr Kind.
    Es gab Menschen, die sich hätten retten können. Janusz Korczak z.B., ein weltberühmter Pädagoge damals, hätte sich befreien können, hat sich aber entschlossen, mit seinen 200  Waisenkindern in den Tod zu gehen.
     
    Im Roman gibt es auch komische Szenen. Der Ghettonarr brüllt vor dem Geschäft: «Hitler macht Liebe mit seinem Schäferhund, da geht es rund.» Allen stockt der Atem, und schnell bekommt der Mann Marmelade, damit er still ist. Vielleicht ist der Mann verrückt, in jedem Fall funktioniert seine Masche.
    Auch das ist keine erfundene Figur, Rubinstein gab es tatsächlich. Er hat sich wirklich vor Läden gestellt und über Hitler geschimpft, bis der Ladenbesitzer rauskam: Halt deine Klappe, hier hast du, was haben möchtest, aber halt bloß deine Klappe. Rubinstein hat immer Jokes gemacht und ist durchs Ghetto gehüpft mit dem Spruch: Alle gleich, alle gleich! Darüber haben selbst die deutschen Soldaten gelacht.
    Vieles von dem Wahnsinn, der Größe, aber auch von dem Schrecken wirkt wie ausgedacht, ist aber real. Ich habe mir dichterische Freiheiten genommen, was die Abläufe betrifft, etwa beim Ghettokampf einen Tag vorgezogen oder zwei zusammengelegt. Solche Dramatisierungen habe ich mir erlaubt und deshalb auch die meisten Ghettokämpfer nicht mit Namen identifiziert. Allerdings gibt es eine kleine Hommage an Marcel Reich-Ranicki und seine Frau Teofila.
     
    Das Ende ist offen. Mira und Amos können fliehen und Rebecca retten. Wie leben die Figuren weiter?
    Die Flucht von Kämpfern aus dem Ghetto gab es genauso. Einige haben als Partisanen weitergekämpft, einige haben überlebt, andere sind gestorben. Meine Heldin und der Junge, den sie liebt, entscheiden sich, nicht mehr mit der Waffe zu kämpfen, sondern sich in den Wäldern zu verstecken und sich um das Waisenkind zu kümmern. Ich hoffe natürlich, dass sich Miras Traum verwirklicht und sie mit dieser kleinen Familie nach Amerika gehen kann. Aber der Roman endet 1943  – ob sie es schaffen, kann ich nicht sagen, aber ich ende auf dieser positiven Note.
     
    Das Gespräch führte Michael Töteberg

Über David Safier
    David Safier, 1966 geboren, zählt zu den erfolgreichsten Autoren der letzten Jahre. Seine Romane «Mieses Karma», «Jesus liebt mich», «Plötzlich Shakespeare», «Happy Family» und «Muh» erreichten Millionenauflagen. Auch im Ausland sind seine Bücher Bestseller. Als Drehbuchautor wurde David Safier für seine TV-Serie «Berlin, Berlin» mit dem Grimme-Preis sowie dem International Emmy (dem amerikanischen Fernseh-Oscar) ausgezeichnet. David Safier
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