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Mein Leben als Stuntboy

Mein Leben als Stuntboy

Titel: Mein Leben als Stuntboy
Autoren: Janet Tashjian
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Hilfe!
    Der erste Schultag nach den Sommerferien ist immer der allerschlimmste Tag des Jahres. Als würde dich ein durchgeknallter Chirurg auf den OP-Tisch schmeißen und dir ein Organ namens Sommer aus der Brust rausschneiden. Ohne zu schnallen, wie sehr man in dem Alter dieses Organ braucht, fast mehr als die Leber oder die Milz.
    Chirurg
    In der Schule fühle ich mich, als wäre ich ernsthaft verletzt, dabei bin ich noch nicht mal im Klassenzimmer angekommen. Wenn ich zur Schulschwester gehe, hängt sie mich vielleicht aus Mitleid an einen Not-Tropf oder so. Aberbevor ich darüber nachdenken kann, welchen letzten Wunsch ich äußern soll, kneift mir mein Freund Matt in den Arm und reißt mich damit aus meinem Tagalbtraum.
    ernsthaft verletzt
    »So schlimm wie die letzten Schuljahre wird dieses Jahr bestimmt nicht«, sagt er. Dann fällt ihm auf, dass an seinem Hemdsärmel immer noch das Preisschild dranhängt, und er reißt es ab.
    Als wir erfahren haben, dass wir dieses Jahr Mr Maroni als Lehrer haben würden, war das fast schon ein Grund, sich auf die Schule zu freuen. Fast.
    »Cool, endlich mal ein Lehrer und keine Lehrerin. Ich hatte noch nie einen.« Ich stelle mir eine Schule voller Lehrer, Sofas, Kartoffelchips und Flachbildschirm-Fernseher vor.
    Matt rüttelt mich aus meiner Entrückung, indem er dieses Schadeschade-Geräusch macht, mit dem inGame Shows Verlierer-Kandidaten rauskomplimentiert werden.
    Entrückung
    Kandidat
    »Die haben gerade durchgesagt, dass Mr Maronis Vater vor zwei Tagen gestorben ist, und jetzt zieht Mr Maroni nach Cincinnati, um sich um seine Mutter zu kümmern.«
    »WAS?« Der erste Schultag ist so schon schlimm genug, auch ohne dass man vor den Schließfächern gleich eine Breitseite verpasst bekommt.
    »Willst du wissen, wen wir stattdessen kriegen?«, fragt Matt.
    Ich kann mir nicht mal ansatzweise denken, wer dieses Jahr der Herrscher meines Universums werden soll.
    »Ms McCoddle.«
    Nicht dass ich Ms McCoddle nicht leiden könnte   – sie ist nett, jung und superblond   –, aber Matt und ich kennen sie schon seit der Vorschule, und obwohl wir jetzt erwachsen sind, sieht sie uns immer noch als kleine Kinder an.Ich meine, als wir noch fünf waren und sie uns nach kleinen Pausenstürzen in die Arme nahm, da war das ja voll okay, aber jetzt ist die Erinnerung daran schon ziemlich peinlich, wenn man sie auf dem Flur sieht und so.
    Ich versuche, die neue Situation zu analysieren. »Möglichkeit Nummer eins: Ms McCoddle behandelt uns schonend, weil sie es hauptsächlich mit kleinen Kindern zu tun hat, und wir müssen das ganze Jahr kaum unser Gehirn einschalten.«
    analysieren
    Matt hat schon Möglichkeit Nummer zwei auf Lager. »Oder sie versucht, die Vorschulzeit zu überkompensieren, indem sie uns besonders hart rannimmt.«
    »War ja klar, dass das mal wieder nicht hinhaut mit einem Mann als Lehrer   …«
    Und dann werden unsere schlimmsten Befürchtungen wahr, als MsMcCoddle vorbeikommt. »Derek! Matt! Habt ihr schon die guten Neuigkeiten gehört?«
    Wir gucken auf unsere Turnschuhe runter und nicken.
    »Ich bin gerade dabei, die Tier-Sticker auf die Kleiderhaken zu kleben, wollt ihr mir helfen?«
    Matt und ich starren sie an, als hätte sie vorgeschlagen, mit dem Skateboard den Direktor umzunieten.
    Ms McCoddle lacht schnaubend. »War nur ein Witz! Wir werden in der ersten Stunde gleich mal mit dem Bürgerkrieg anfangen. Macht euch auf wilde Diskussionen gefasst.«
    wild
    Mit leisem Grauen schauen wir ihr hinterher, als sie über den Flur davonmarschiert.
    »Anscheinend hat sie sich für Möglichkeit Nummer zwei entschieden«, sagt Matt.
    Ich höre ihm kaum mehr zu, weil ichschon auf der Suche nach dem Hausmeister bin   – hoffentlich macht er mit und knallt mir einen Holzhammer auf den Kopf, um mich von meinem Elend zu erlösen.

Weh mir!
    Carly und Maria kriegen sich gar nicht mehr ein vor Freude. Sie hatten auch Ms McCoddle in der Vorschule und schweben jetzt im Pulk um ihren Schreibtisch herum wie Möwen, die einen Anglersteg umkreisen, um nach Fischresten Ausschau zu halten.
    schweben
    Was in Mr Maronis Klassenzimmer an der Wand hängt, macht uns nur noch elender   – die ganzen Fotos von Astronauten, Brücken, Gorillas und kämpfenden Soldaten erinnern mich auf schmerzhafte Weise daran, wie Matt und ich von den Schulgöttern veräppelt werden, die uns anscheinendimmer weiter leiden sehen wollen. Ich versuche, mich mit einem verstohlenen Blick in das
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