Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben als Stuntboy

Mein Leben als Stuntboy

Titel: Mein Leben als Stuntboy
Autoren: Janet Tashjian
Vom Netzwerk:
statt ihn zu knuddeln, hält sie ihn mir hin.
    »Er ist ganz dein«, sagt sie und drückt mir den Affen in den Arm.
    Meine Mutter ist so ziemlich der schlaueste Mensch, den ich kenne. So, wie ich mich gesorgt habe, wir könnten Frank verlieren, weiß sie ganz genau, dass ich auf keinen Fall Mätzchen machen werde, wenn es um seine tägliche Pflege geht. Und das Komische ist, dass es mir jetzt auch nichts mehr ausmacht. Ich will mich wirklich um ihn kümmern, auch wenn das bedeutet, dass ich mir Gummihandschuhe überstreifen und Affenkacke wegputzen muss.
    »Okay, Großer«, sage ich. »Dann komm mal mit.«
    Als ich mit ihm in Moms Praxis marschiere, könnte ich schwören, dass Frank mir listig zuzwinkert. Was mich auf die Frage bringt, wer hier eigentlich wen erzieht.
    listig

Alles beim Alten
    Als hätte sie sich das ganze Wochenende schon drauf gefreut, ruft Ms McCoddle mich am Montagmorgen gleich nach dem Klingeln nach vorn.
    »Mein Buch ist der zweite Band einer Serie«, fange ich an. »Der erste war so eine Art Abenteuergeschichte, im zweiten geht’s jetzt mehr um einen Jungen und seinen besten Freund.«
    Als ich überfliege, was ich geschrieben habe, erinnere ich mich plötzlich wieder an das erste Video, das Matt auf YouTube gepostet hat. Das tut richtig körperlich weh, wie ein Stich in den Bauch.
    »Alles klar mit dir, Derek?«, fragt Ms McCoddle.
    Ich will ihr nicht sagen, dass ich beim Lautlesen immer noch jedes Mal Angst habe, ich könnte mich verhaspeln, oder dass ich für den Rest meines Lebens ein Lese-Versager bleiben könnte oder dass ich als Erwachsener in einer Großraumbüro-Wabe lande, wo ich Tag für Tag Vokabel-Strichmännchen zeichnen muss.
    Großraumbüro-Wabe
    Ich sage: »Mir geht’s gut«, und zwinge mich, den nächsten Absatz zu lesen. Am Ende eines Satzes schaue ich zu Matt hoch und sein aufmunternder Gesichtsausdruck schiebt mich weiter vorwärts.
    »In dem Buch kommt ganz viel Action vor, jede Menge Sprünge und Rennen und so, das hat mir gefallen. Und es gibt ein paar Szenen, die ziemlich rührend oder verstörend sind. Die hab ich so schnell wie möglich durchgelesen,damit ich bald wieder zu den actionreichen Szenen gelangen konnte.«
    Tom hebt die Hand und fragt nach einem der Tiere in dem Buch. Ich antworte so ausführlich, dass Ms McCoddle mich irgendwann abwürgen muss.
    »Bist du fertig?«, fragt sie.
    »Ja, reicht das nicht? Ich meine, ich könnte noch mehr erzählen, ich hab immerhin das ganze Buch gelesen.« Dann setze ich mich wieder an meinen Platz.
    Während andere ihre Lektüre vorstellen, schlage ich mein Skizzenbuch auf   – da liegt ein Foto von Bodi und Frank drin, das ich letztes Wochenende gemacht habe. Sie sitzen nebeneinander auf dem Sofa, und man kann im Spiegel hinter ihnen sehen, wie ich sie zeichne. Drei Monate Papierkram und Anrufe kommen mir immer noch wie moderne Folter vor, aber wenn ichda durch muss, um Frank zu behalten, dann ist das eben so.
    Der restliche Tag vergeht unglaublich langsam, wie im Film, wo manche Szenen, die besonders cool sind, in Zeitlupe gezeigt werden, wenn zum Beispiel ein Auto in einen Abgrund stürzt oder so.
    In Ms Deckers Stunde starre ich dann die ganze Zeit aus dem Fenster und stelle mir die Premiere von Collettes Film vor   – wie Tanya Billings und ich vor dem Mann-Village-Kino aus einer Limousine steigen. Tanya trägt ein golden schimmerndes Kleid und ich einen Smoking   – vielleicht sogar mit Melone und silbernem Spazierstock. Wir essen während des Films einen Haufen Popcorn für lau, und das Publikum keucht bewundernd, als ich meine todesverachtenden Stunts mache. Danach gehen wir auf eine Party, auf der es riesige Eisskulpturen und Eisbecherzum Selberzusammenstellen gibt, und Hunderte von Leuten scharen sich johlend um uns und balgen sich um ein Autogramm.
    Limousine
    sich scharen
    Lautstarkes Räuspern bringt mich in die Wirklichkeit zurück. Carly sitzt seitlich von mir, und als ich sie anschaue, kritzelt sie etwas auf ein Stück Papier und hält es hoch: Hör auf zu grinsen!
    Ich wedele ihren Einwand mit der Hand beiseite und versuche, mich wieder auf Ms Decker zu konzentrieren. Ich weiß, dass mein Tagtraum total lächerlich ist   – ich werde garantiert nicht zur Premiere eingeladen, und kaum jemand wird je erfahren, dass ich bei dem Film mitgemacht habe   –, aber trotzdem, das ganze Abenteuer war echt cool. Wer weiß, was dieses Jahr sonst noch für Überraschungen für mich bereithält? Es gibt endlos
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher