Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben als Stuntboy

Mein Leben als Stuntboy

Titel: Mein Leben als Stuntboy
Autoren: Janet Tashjian
Vom Netzwerk:
setze alles auf eine Karte und strecke die Hände nach ihm aus. Sofort springt er aus Wendies fleischiger Umarmung zu mir, lehnt den Kopf an meine Brust und schmiegt sich eng an mich.
    »Frank gehört hierher«, sage ich. »Wenn Sie ihn jetzt hier rausreißen, würde ihn das furchtbar verwirren und einsam machen.«
    Wendie macht den Käfig zu, ohne mich anzuschauen. »Das ist also deine Theorie? Dass du ein Affenflüsterer oder so was bist, ja? Dass du weißt, wie Tiere denken und fühlen?«
    Theorie
    Ich zeige auf Mom. »Liegt vielleichtin den Genen. Meine Mutter hat auch ein gutes Händchen für Tiere.«
    Wendie nickt und sagt zu Mom, dass sie sich melden wird.
    Zum ersten Mal ergreift nun auch meine Mutter das Wort. »Mein Sohn hat seinen Standpunkt ziemlich gut dargelegt, finde ich. Ich hoffe, Sie ziehen seine Argumente ernsthaft in Erwägung.«
    Wendie greift sich ihre Handtasche vom Küchentisch. »Ich rufe Sie morgen an und teile Ihnen meine Entscheidung mit.«
    Nachdem sie weg ist, will Mom unbedingt Frank auf den Arm nehmen. Wahrscheinlich braucht sie nach dem ganzen Stress auch ein bisschen Trost.
    »Du warst wirklich überzeugend«, sagt sie zu mir. »Aber jetzt haben wir keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung.«
    überzeugend
    Die Aufregung und die Angst, Frank zu verlieren, sind jetzt endgültig zu viel für mich. Ich klappe auf dem nächsten Stuhl zusammen. Als Frank den Kopf hebt und mich anschaut, sieht es fast so aus, als wollte er fragen: Alles okay, Kumpel?
    Morgen. Morgen wissen wir es.

Hmpf!
    Als ich am nächsten Morgen in die Küche komme, hängt mein Vater am Telefon und hat ein schiefes Grinsen im Gesicht. Der Mann ist einfach nur durchgeknallt.
    schiefes Grinsen
    Ich greife mir einen Keks und will zur Tür, aber er hält mich auf. »Ja, er ist hier.« Das Grinsen in seinem Gesicht wird noch breiter, als er mir den Hörer hinhält.
    »Ist das Wendie?«, flüstere ich. »Dürfen wir Frank behalten?«
    »Nein, das ist nicht Wendie«, antwortet Dad.
    »Wer dann?«
    Seine Antwort besteht in einem noch groteskeren Grinsen. Ich halte mir das Telefon ans Ohr.
    grotesk
    »Hi, Derek. Ich bin’s, Tanya Billings. Wie geht’s?«
    Ich starre wie ein Blödmann vor mich hin, und Dad zuckt mit den Schultern, als wollte er sagen: Hab ich doch gesagt. Irgendwann reiße ich mich dann doch zusammen und sage: »Mir geht’s prima.«
    »Hast du den Film auf YouTube schon gesehen?«, fragt sie.
    Oh nein, bitte sag jetzt nicht, dass jemand Matts Film von meinen Leseversuchen in die Finger gekriegt und neu gepostet hat! Ich sage: »Nein«, und stürze nach nebenan zu Dads Laptop.
    »Am Anfang war ich ein bisschen sauer«, sagt Tanya. »Aber eigentlich ist das echt klasse! Das Ding ist jetzt schon über zweihunderttausend Mal angeklickt worden!«
    »Ähm   … wie heißt der Film denn?«, wage ich zu fragen.
    »Tanya Billings rettet wilden Affen.«
    »Was?«
    Na super   – ein Video von Tanya, wie sie an einem Riesenregal hochklettert, um ein Kapuzineräffchen zu retten. Der Film endet genau an der Stelle, wo sie oben angekommen ist.
    Nur dass das gar nicht Tanya ist. Sondern ich.
    »Mein Telefon hört gar nicht mehr auf zu klingeln«, sagt Tanya. »Die Leute denken, ich würde meine Stunts jetzt selber machen. Hast du deinen Eltern gesagt, dass sie den Film reinsetzen sollen? Du bist echt ein Genie!«
    Während ich zum zweiten Mal sehe, wie ich zu Frank hochklettere, überlege ich, ob ich ihr sagen soll, dass ich nichts damit zu tun hatte. Matt wirddas wohl gepostet haben. Aber ich halte die Klappe. Gut, dass Frank so weit oben sitzt, dass man ihn nicht richtig erkennen kann. Wendie scheint zwar nicht die typische YouTube-Kundin zu sein, aber man weiß ja nie. Heute erfahre ich, ob wir Frank behalten dürfen, und ich will nicht, dass mir da irgendwer oder irgendwas reinpfuscht.
    »Erst bringst du mich auf die Idee mit den Zeichnungen, damit ich den Text leichter lernen kann, und jetzt lieferst du mir diese ganze kostenlose Publicity   – hey, ich bin echt froh, dich kennengelernt zu haben.«
    Publicity
    Bevor ich fragen kann, in welchem Film sie als Nächstes spielen wird oder ob sie mich vielleicht mal besuchen kommen will, legt sie auf. Ich starre das stumme Telefon an und weiß tief in mir drin, dass ich gerade zum letzten Mal mit Tanya Billings gesprochen habe.
    Ich schreibe Matt eine SMS .
    Bist du irre? Warum hast du den Film reingesetzt?
    Seine Antwort kommt nur wenige Sekunden später.
    Weil du wien
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher