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Mein Leben als Stuntboy

Mein Leben als Stuntboy

Titel: Mein Leben als Stuntboy
Autoren: Janet Tashjian
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Calvin-und-Hobbes-Buch zu trösten, das unter meinem Pult versteckt ist, aber heute können mich nicht mal meine besten fiktiven Freunde aus meiner Trauer befreien.
    fiktiv
    Ms McCoddle sagt, sie hätte schon länger zu unserem Jahrgang hochwechseln wollen, und Mr Maronis Abwesenheit würde ihr die Gelegenheit bieten, sich ihren Traum zu erfüllen. Ich habe auch so meine Träume   – aber die sehen eher so aus, dass ich aus dem Fenster starre und Fluchtpläne schmiede. Als ich zu Matt rüberschaue, tut er anscheinend dasselbe.
    Abwesenheit
    Die erste halbe Stunde erklärt sie, wie sie sich das mit der Klasse vorstellt, dann schickt sie uns ins Medienzimmer, damit wir uns Bücher für die freie Lesezeit aussuchen. Auf dem Weg zur Tür fängt sie mich ab.
    »Ms Williams hat mir erzählt, dass du tolle Zeichnungen zu deinen Vokabeln gemacht hast. Machst du das immer noch?«
    Ich antworte, dass mich anfangs Ms Williams, die Leseförderungs-Lehrerin, und meine Mutter dazu gezwungen hatten, ich dann aber irgendwie Gefallen daran gefunden habe. Als ich Ms McCoddle ein paar Zeichnungen von dieser Woche zeige, nickt sie anerkennend, nimmt mich aber zum Glück nicht in die Arme.
    Anerkennung
    Joe, der mich seit der ersten Klasse tyrannisiert, wartet auf dem Flur auf mich.
    »Na, versuchst dich wohl gleich mal einzuschleimen mit deinen blöden kleinen Strichmännchen, was?«
    Ich würde ihm am liebsten sagen, dass er sich von meinen Strichmännchen gern ein paar Tipps zum Abnehmen geben lassen könnte, aber mir istnicht danach, in die Vitrine mit den Schulpokalen geschmissen zu werden.
    »Anime   – das nenn ich richtige Zeichnungen!« Er schiebt mir ein Buch, das er gerade aus der Bücherei geholt hat, ganz nah vors Gesicht.
    Ich weiß, dass ich damit mein Leben aufs Spiel setze, aber ich kann nicht anders, ich muss ihn korrigieren. »Anime nennt man nur bewegte Bilder«, erkläre ich. »Wie bei Zeichentrickfilmen oder so. Kommt von ›animieren‹, Leben einhauchen, weißt du. Die Bücher heißen Mangas. Du kannst gern Matt fragen, der ist da echt Experte.«
    Manga
    Joe sieht aus, als hätte man ihm einen Flügel samt offenem Deckel auf den Bürstenhaarkopf fallen lassen. Vergeblich sucht er in seinem spinnwebigen Hirn nach den richtigen Worten. Echt, wenn der Typ mich nicht seit Jahren immer wieder demütigenwürde, täte er mir jetzt fast schon leid.
    demütigend
    »Seit wann bist du denn so schlau?«, fragt er schließlich. »Irgendwie hast du mir als Volltrottel besser gefallen.«
    Am liebsten würde ich ihm sagen, dass ich absolut nicht schlau bin, dass meine Noten total grottig sind und mir jede Hausaufgabe wie eine Besteigung des Mount Everest vorkommt. Aber ich bin immer noch damit beschäftigt, die Worte »hast mir besser gefallen« zu verdauen   … Bisher hab ich immer gedacht, Joe wäre mein Todfeind, und jetzt sagt er mir, er hätte mich   … gemocht? Welche Überraschung kommt wohl als Nächstes? Dass mich eine der Mitarbeiterinnen der Schulkantine einlädt, mit ihr nach der Schule auf Bäume zu klettern?
    Matt kennt massenweise Mangabücher   – als ich in der Bücherei dasentsprechende Regal durchforste, stelle ich fest, dass er sie alle schon gelesen hat. Mein Kopf implodiert beinahe bei dem Gedanken, dass jemand ein Buch aus der Schule tatsächlich mehr als einmal lesen kann. Ich schüttele erstaunt den Kopf und wechsle zum nächsten Regal.
    implodieren
    Ich weiß, die meisten Schüler finden es toll, stundenlang im Medienzimmer rumzustöbern, aber für mich war das hier immer schon einer der uninteressantesten Räume der Schule. Andere kriegen beim Blick auf die ganzen Geschichten und Buchfiguren vielleicht den totalen Kick. Für mich sind die vielen Buchrücken wie eine Horde Gangster, die sich, mit tonnenweise Munition in der Tasche, in Reih und Glied aufgestellt haben und mich bedrohlich anfunkeln. Soso, du denkst also, du könntest uns lesen, Kleiner? Dann versuch’s doch   – wir machen dich platt.
    Munition
    Ich beginne nach einem Buch mit möglichst wenig Seiten und kurzen Kapiteln zu suchen, da taucht Carly plötzlich neben mir auf und zeigt auf das Buch in meiner Hand.
    »Das würde ich nicht nehmen«, sagt sie. »Die Handlung zieht sich wie Kaugummi und die Hauptfigur ist total langweilig.«
    Sie inspiziert das Regal vor uns und holt schließlich ein Buch heraus. »Das hier ist echt witzig. Geht um einen Jungen und seinen besten Freund. Wird dir
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