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2584 - Der Okrivar und das Schicksal

2584 - Der Okrivar und das Schicksal

Titel: 2584 - Der Okrivar und das Schicksal
Autoren: Frank Borsch
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Sechs Hibernationswelten waren ihnen entweder in die Hände gefallen oder von ihnen vernichtet worden. Auf einer dieser Welten hatte die Gewebeprobe Vastrears gelagert, der Quell, aus dem sich der Vatrox nach einem Tod stets regeneriert hatte.
    Vatrox hatten eine eigenwillige Form der Unsterblichkeit: Starb ein Vatrox, kehrte sein Vamu auf die Hibernationswelt zurück, auf der ein Klon seines Körpers das Vamu aufnahm. Der Gestorbene erwachte, verjüngt und unverletzt. Wiedergeboren.
    Damit war es vorbei. Ohne Hibernationswelten, ohne Klone waren die Vatrox zu gewöhnlichen Sterblichen geworden. Der nächste Tod Vastrears würde sein letzter sein. Und das, erkannte Satwa, musste der eigentliche Grund für seine Gereiztheit sein: die Furcht vor dem Ende.
    Lashan sollte neue Vatrox-Körper in Serie erschaffen.
    Doch mit dem Körper in dem Zuchttank stimmte etwas nicht: Der Klon war eine Frau.
    Vastrear schien es nicht zu kümmern. »Sie lebt?«
    »Ja«, antwortete der Genetiker.
    »Sie hat ein Vamu?«
    »Nein. Wir befinden uns zu früh in der Entwicklung.«
    Vastrear ging um den Tank, musterte den Klon von allen Seiten. Dann sagte er: »Hol sie raus!«
    »Was?« Zum ersten Mal geriet Lashan aus der Fassung.
    »Ich habe mich unmissverständlich ausgedrückt, nicht?«
    »Ja schon, aber ... aber der Klon ist beim derzeitigen Entwicklungsstand außerhalb des Tanks nur eingeschränkt lebensfähig. Er könnte irreparable Schäden erleiden. Sterben.«
    »Und? Es ist ein Klon. Ihr könnt beliebig viele Kopien züchten. Also, hol sie raus!«
    Lashan bebte. Er sah an Vastrear vorbei, warf Satwa einen flehenden Blick zu. Als stünde es in ihrer Macht, ihm zu helfen. Sie hielt seinem Blick stand, schüttelte den Kopf und hoffte, dass der Ator die Bewegung verstand: Tu, was er sagt!
    Lashan ging an den Zuchttank, rief ein Menü auf und wählte eine Option. Leise gurgelnd floss die Nährflüssigkeit ab. Nach einer Minute schwamm der Klon oben auf dem sinkenden Wasserspiegel, nach einer weiteren Minute war die Flüssigkeit fort. Die Scheiben glitten in Aussparungen am Sockel des Tankpodests. Die Schläuche fielen vom Körper ab.
    Der Klon regte sich, die Frau reckte sich wie eine Schlafende, die sich zu erwachen anschickt. Satwa folgte dem Vorgang gebannt. Erlebte sie einen Vorgang, der ihrer Geburt gleichkam?
    Die Hände der neugeborenen Frau regten sich. Die Finger ballten sich zu Fäusten, entspannten sich wieder. Die Haut war schwarz wie die Vastrears, aber mit einem Unterschied, bemerkte Satwa: Ihr fehlten die Muster.
    »Kann sie uns hören?« Vastrears Stimme bebte. Wieso? Rührte das Geschehen den Vatrox etwa an? Es gab keinen Grund dazu. Die Frau war ein Klon. Ein Werkzeug.
    »Ja«, antwortete Lashan.
    »Setz dich auf!«, sagte Vastrear leise zu dem Klon. Es klang fast zärtlich.
    Die neugeborene Frau hörte auf ihn. Tastend fanden ihre Hände den Rand des Podests und sie drückte sich vorsichtig hoch, drehte sich dabei zur Seite. Schließlich saß sie. Ihre Beine baumelten in der Luft. Oder hingen sie? Sie waren so dünn, Satwa konnte sich noch vorstellen, dass sie das Gewicht der Frau tragen könnten.
    »Öffne die Augen!«, flüsterte Vastrear.
    Sie schlug die Augen auf. Sie waren orangefarben wie die Vastrears, aber ihnen fehlte das Leuchten. Sie waren tot.
    Vastrear sog scharf die Luft ein. Es klang beinahe wie ein Seufzen.
    Der Vatrox streckte einen Arm aus, seine Hand fuhr zur Wange der Frau, als wolle er sie zärtlich streicheln.
    Unversehens sprang er zurück. Seine Augen flammten auf.
    »Steh auf!«, befahl er.
    Die Frau tat es. Sie löste sich von dem Podest, kam auf dem Boden auf, die Beine gaben unter ihr nach - und sie wäre gestürzt, wäre es ihr nicht gelungen, sich mit einer Hand am Podest festzuhalten.
    »Vastrear!«, rief Lashan. »Du überforderst sie! Das kann sie nicht!«
    »Geh!«, befahl der Vatrox der Frau. »Geh ans andere Ende des Raums.«
    Sie gehorchte. Machte schwankend einen Schritt, dann einen zweiten ... und zu Satwas Verwunderung gelang es ihr, die gegenüberliegende Wand zu erreichen. Keuchend und zitternd vor Anstrengung lehnte sie sich an.
    »Gut gemacht.« Vastrear flüsterte jetzt wieder. »Das hast du gut gemacht ... Equarma.«
    Equarma. Was hatte das zu bedeuten? Wer ...?
    »Und jetzt, Equarma, tanz für mich!«
    Die Frau reagierte nicht.
    »Vastrear, das ist Wahnsinn! Sie kann das nicht!« Lashan brüllte es.
    »Equarma, tanz!«
    Sie gehorchte. Zumindest versuchte sie es. Die Frau
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