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2584 - Der Okrivar und das Schicksal

2584 - Der Okrivar und das Schicksal

Titel: 2584 - Der Okrivar und das Schicksal
Autoren: Frank Borsch
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der kleinen Kabine eingeschlossen, die man ihr zugeteilt hatte. Aber das war unmöglich. Vastrear hatte auf ihrer Teilnahme bestanden, und Satwa musste sich fügen. Sie war eine Dienerin. Ein Werkzeug. An ihrer Nützlichkeit durfte niemals auch nur der leiseste Zweifel aufkommen, sonst war ihr Ende besiegelt.
    Eine bloße Pflichtübung, sagte sich Satwa, und versuchte ihr schlechtes Gefühl zur Seite zu schieben. Was immer Vastrear beauftragt haben mochte, es konnte kaum widerlicher sein als die Demonstration, derer sie vor Kurzem Zeuge geworden war.
    *
    »Willkommen, Vastrear!«
    Ein Wissenschaftler erwartete sie. Kein Okrivar, sondern ein Ator. Satwa hatte von den Ator gehört. Sie seien Humanoide, hatte man ihr gesagt.
    »Du bist Lashan?«, fragte Vastrear. Seine Stimme war hoch, verriet seine Wut. Vastrear hatte der Ator gesagt. Keinen Titel. Kein »Frequenzfolger«.
    »Ja.«
    »Du hast meine Nachricht erhalten?«
    »Ja.«
    »Ist alles bereit?«
    »Ja.«
    Keine Spur von Unterwürfigkeit. Lashan gefiel Satwa.
    »Worauf warten wir dann noch?«
    »Wenn du und deine Begleiter mir folgen möchten ...«
    Lashan führte sie in eine Hygieneschleuse. Dort wurden sie mit kleinen Schirmprojektoren ausgestattet, die verhindern sollten, dass sie Erreger in die Reinräume brachten, wie Lashan erläuterte.
    Dann betraten sie das Labor. Es erinnerte Satwa an eine Klinik. Überall war Personal unterwegs - es stammte aus verschiedenen Völkern -, überall schwebten Lebewesen in großen Zuchttanks. Am Rand ihrer Wahrnehmung hörte sie, wie Lashan Vastrear versicherte, dass es sich um das leistungsfähigste Bio-Labor der Frequenz-Monarchie handelte. Wenn es einen Ort gäbe, an dem man Vastrears Wünsche erfüllen könnte, dann war es dieser.
    Satwa fiel es schwer, sich auf die Worte zu konzentrieren. Sie hatte nie zuvor ein Bio-Labor betreten, hatte sich keine Gedanken über diese Orte gemacht. Nun schnürte es ihr plötzlich die Kehle zu. Sie war selbst ein Klon. Sie war in einem Labor wie diesem erzeugt worden, war in einem Tank wie diesen beschleunigt herangewachsen, um als Erwachsene ins Leben zu treten.
    Das Labor war eine Fabrik.
    Sie, Satwa, war in einer Fabrik hergestellt worden. Wie ein Werkzeug.
    Schließlich - endlich! - erreichten sie einen Raum, der verlassen war. Die Tür schloss sich hinter ihnen, kaum waren sie eingetreten.
    »Hier, Vastrear«, sagte Lashan. »Das ist der Klon, den du bestellt hast.«
    Der Genetiker musste seine Worte nicht mit einer Geste unterstreichen. Es gab nur einen Zuchttank in dem Raum. Er war durchsichtig, erinnerte Satwa an ein großes Aquarium. Nur, dass keine Fische in ihm schwammen, sondern eine humanoide Gestalt. Sie schwebte in der Flüssigkeit, gehalten von Schläuchen, die an ihrem Körper angebracht waren. Der größte Schlauch mündete in eine Art Maske, die das gesamte Gesicht des Klons abdeckte. Es waren keine Einzelheiten zu erkennen. Die Flüssigkeit war trüb, erinnerte an das Wasser eines sumpfigen Teichs.
    Vastrear trat schweigend an den Tank. Seine Bewegungen waren abgehackt. Da war Wut, aber zugleich ... Nervosität? Satwa tat den Gedanken ab. Er war absurd. Andere Lebewesen bedeuteten Vatrox nichts. Schon gar nicht ein Klon. Entsprach das Kunstwesen im Tank nicht seinen Vorstellungen, wurde es vernichtet, und Lashan züchtete ein neues.
    Satwa überlegte kurz, dann folgte sie dem Vatrox.
    Bhustrin blieb zurück an der Tür, um seinem Herrn den Rücken freizuhalten. Das kleine Wesen fühlte sich eindeutig immer noch als die Ordonnanz des Vatrox, obwohl Satwa diese Aufgabe übernommen hatte.
    Satwa wünschte sich, dass sie in die Gedankenwelt Bhustrins einen ähnlichen Einblick hätte wie in seinen Körper. Seine Haut war durchsichtig, man konnte mühelos seinem Herz beim Schlagen zuschauen oder dem Fluss seines Bluts.
    Aber Bhustrin verbarg seine Gefühle. Mit einer Ausnahme: Er machte keinen Hehl aus seinem Hass auf Satwa, die ihm seinen Platz gestohlen hatte. Er würde sie auf der Stelle töten, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergab, ohne den Zorn Vastrears auf sich zu ziehen.
    Langsam ging Vastrear um den Tank herum, besah sich den Klon.
    Es war ein Vatrox.
    Das war keine Überraschung. Satwa hatte es erwartet.
    Vastrear hatte sie nicht in sein Projekt eingeweiht - er gab niemals mehr von seinem Wissen preis als notwendig -, aber es war Satwa nicht schwergefallen, zwei und zwei zusammenzuzählen. Die Terraner hatten in Hathorjan einen durchschlagenden Sieg errungen.
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